Gal 3,27
C.O.Rosenius
Wie viele euer getauft sind, die haben Christus angezogen.
Gal 3, 27.
Der Apostel sagt hier, daß wir in Christus getauft sind.
Obwohl die Taufe nach der Verordnung Christi im (oder auf
den) Namen der göttlichen Dreieinigkeit, des Vaters, des
Sohnes und des Heiligen Geistes geschieht, wird sie doch vor
allem eine Taufe in Christus genannt. Die Ursache wissen
wir. In Ihm allein ist die Seligkeit. Er allein ist der
Weg. Er ist die Tür. Niemand kommt zum Vater, denn durch
Ihn. Er ist uns vom Vater zum Herzog unserer Seligkeit, zu
unserem Hohenpriester, Propheten und König gemacht. An Ihn
verweist der Vater alle, indem Er spricht: ,,Küßt den Sohn",
- ,,hört Ihn"! In Ihn sollen wir getauft, mit Ihm sollen
wir vereinigt werden; denn in Ihm ist das Leben. Und mit
dem Worte ,,in", ,,getauft in Christus", wird die innige
Vereinigung mit Ihm und die Teilhaftigkeit an allen Seinen in
der Taufe enthaltenen Gütern angedeutet. Dieses wird mit dem
Worte ,,hineingepflanzt, mit Ihm gepflanzt" (Röm. 6, 5) noch
deutlicher bezeichnet. Denn ein getaufter, gläubiger Mensch
ist nicht mehr ein Geschöpf für sich, sondern ein Teil von
Christus, ,,ein Glied an Seinem Leibe". Was dieses Glied
betrifft, das betrifft auch das Haupt, und was das Haupt
besitzt, das besitzt auch das Glied.
Aber reden wir hier nicht allzu herrliche Worte? Ist es
Wahrheit, daß die Taufe eine so innige Vereinigung mit
Christus, ja, geradezu ein ,,Hineingepflanztsein in Ihn"
enthält? Ist es sicher, daß der Apostel eine solche Meinung
über die Taufe hatte? Er sagt: ,,Denn wie viele euer getauft
sind auf Christus (gr. Text) die haben Christus angezogen."
Dieses Wort redet von derselben innigen Vereinigung mit
Christus wie das Wort ,,hineingepflanzt", ,,hineingepfropft",
d. h., daß wir eins werden mit Seiner Person, Seinem
Verdienst und Wohlgefallen vor dem Vater.
Daß dies uns allzu groß und befremdend vorkommt, rührt nur
von dem Unglauben in unseren Herzen und von der mächtigen
Einwirkung des Teufels her, der uns nicht gestattet, einen
höheren Trost zu haben, der seinem Reiche Schaden tun könnte.
Wir müßten doch bedenken, wie alles, was der liebreiche Gott
für uns getan hat, überaus groß und über alle unsere Gedanken
und Sinne erhaben ist. Er hat uns zu Seinen Kindern und
zu Erben Seines Reiches erschaffen. Er hat Seinen Sohn
dahingegeben, um zunächst unser Bruder und auch unser
Heiland, unser Versöhner und Fürsprecher zu sein. Er hat
uns Seinen Heiligen Geist gegeben und gibt Ihn uns täglich.
Durch Ihn wirkt ein wunderbar göttliches Werk in unseren
Herzen, ein Werk, das wir nicht leugnen können. Würde es Ihm
dann unähnlich sehen und für Seine Liebe zuviel sein, uns
auch ein solches Mittel der Einverleibung wie die Taufe zu
geben, eine äußerliche, sichtbare Handlung, durch die der
einzelne Mensch aller Gnade Gottes teilhaftig gemacht und in
Seinen Gnadenbund aufgenommen wird?
Wenn wir sehen, wie die Apostel die Taufe erklärt haben, daß
wir darin ,,in Christus gekleidet werden", dadurch ,,mit Ihm
gepflanzt" und darin ,,rein", ja ,,selig" gemacht werden,
dann muß man sich wundern, daß diese Gnadeneinrichtung Gottes
so verachtet wird, wie es gewöhnlich geschieht. Diese
Verachtung rührt von derselben Ursache her, die auch
bewirkte, daß die Juden Jesus verachteten, nämlich von der
geringen und unansehnlichen Gestalt. Jesus wurde in einer
Krippe geboren, war ärmer als die Vögel und die Füchse, war
,,voller Krankheit und Schmerzen" und starb schließlich am
Kreuz auf Golgatha. ,,Darum haben wir Ihn nichts geachtet",
sagt der Prophet im Namen der Juden. Genauso geht es auch
mit der Taufe. Wir sehen, wie Luther sagt, das Wasser an
,,mit denselben Augen wie der Ochse, welcher weiß, daß es zum
Trinken taugt". Wir vergessen ganz, daß der Herr an dieses
Wasser Seine heilige Verheißung geknüpft hat. Es geht uns
wie dem syrischen Hauptmann Naemann. Als der Prophet Elisa
ihm sagte: ,,Wasche dich im Jordan, so wirst du rein", da
blickte Naemann auf die Beschaffenheit des Wassers und
bemerkte, daß das Wasser des Jordans nicht besser sein könnte
als das Wasser in Damaskus. Dabei vergaß er, daß die
Verheißung nur an das Wasser des Jordans geknüpft war.
Wie vortrefflich und wichtig ist die Bemerkung Luthers im
Katechismus über die Taufe: ,,Wasser tut's freilich nicht,
sondern das Wort Gottes, so mit und bei dem Wasser ist, und
der Glaube, so solchem Wort Gottes im Wasser traut. Denn
ohne Gottes Wort ist das Wasser schlicht Wasser und keine
Taufe; aber mit dem Wort Gottes ist es eine Taufe, d. i.
ein gnadenreich Wasser des Lebens und ein Bad der neuen
Geburt im Heiligen Geist." Die Weisheit Gottes hat unsere
Seligkeit deshalb an die unansehnlichsten Mittel geknüpft,
damit wir auf eine Probe gestellt würden, inwiefern wir Seine
Worte achten oder im Gegenteil mehr auf das sehen wollten,
was groß und ansehnlich erscheint. Die Weise Gottes, uns mit
sehr geringen Sachen zu prüfen, ist gleichsam ein Sieb, durch
das alles Große von Seinem guten Weizen abgesondert wird,
eine enge Pforte, durch die nur die in Sein Reich kommen, die
ganz klein und einfältig gläubig sind, weshalb Er auch von
den kleinen Kindern sagte: ,,Solcher ist das Reich Gottes."
Er hat das ,,Verachtete" und ,,Unedle" und ,,das da nichts
ist, erwählt, auf daß Er die Weisen zuschanden mache".
,,Laßt uns," sagt Luther, ,,uns recht hüten vor dem
allerschädlichsten Untier, nämlich der Vernunft in
geistlichen Dingen." Richte in der Taufe die Augen nicht nur
auf das Wasser und vergiß nicht, daß der gnadenreiche Herr
daran Seine Verheißung des ewigen Lebens und der ewigen
Seligkeit geknüpft hat.