2Kor 12,7
C.Eichhorn
Wie Gott dem Großwerden vorbeugt
Auf daß ich mich nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl
ins Fleisch. 2. Kor. 12, 7
Für jeden liegt die Gefahr der Selbstüberhebung nahe. Aber
wenn jemand Außerordentliches erlebt hat, besondere Gaben
und Erfolge aufzuweisen hat, ist es für ihn sehr schwer,
im Demutstal zu bleiben. Dann muß Gott besondere Mittel
anwenden, um dem Größenbewußtsein entgegenzuarbeiten und den
Menschen unten zu halten. Gott stehen viele solche Mittel
zu Gebot. Den Nebukadnezar, der sich gebärdete wie ein
Übermensch und sich im Glanz seiner Residenz vergötterte, hat
er zu einem untermenschlichen Dasein herabsinken lassen. Er
verhängte Wahnsinn über ihn, so daß der stolze König sich für
ein unvernünftiges Tier hielt und lebte wie ein Tier. "Wer
stolz ist, den kann er demütigen", rief er hinterher aus.
Als das Herz des Königs Usia sich erhob, nachdem er zu Macht
und Ehren gekommen war, wollte er das Vorrecht der Priester
an sich reißen und im Heiligtum räuchern. Da schlug ihn der
Herr mit Aussatz, und zwar an der Stirn, dem edelsten Teil
des menschlichen Leibes. Etwas Demütigenderes konnte
ihm nicht widerfahren. Sein Antlitz ward entstellt, die
Krankheit schloß ihn aus von der Gesellschaft und von der
Handhabung der königlichen Geschäfte. Dem Apostel Paulus
widerfuhr ein Leiden, das besonders demütigend war. Ein
Satansengel versetzte ihm gleichsam Faustschläge. Es waren
plötzliche und sehr schmerzhafte Anfälle, die für die
Umgebung etwas Abstoßendes hatten. Darum schreibt er den
Galatern: "Meine Anfechtungen, die ich leide nach dem
Fleisch, habt ihr nicht verachtet noch verabscheut." Paulus
dachte: Wenn ich dieses Leiden los wäre, könnte ich mehr
wirken für den Herrn. Aber der Herr wußte es besser. Paulus
mußte diesen Hemmschuh haben, er diente ihm zur Förderung.
Er verstand dann auch seinen Herrn. Es wurde ihm klar, daß
er diesen Gewichtstein notwendig brauchte, um klein zu
bleiben. Er lernte diesen Pfahl im Fleisch ansehen als eine
Gabe. Er wünschte ihn nicht mehr weg. Man kann im Reich
Gottes große Taten verrichten, aber wenn man dabei selbst
groß wird, so wird man zum Räuber an Gottes Ehre. Man kommt
in die Klasse der Übeltäter, zu denen der Herr einst sagen
wird: "Weichet von mir!" Durch innerlich kleine Leute führt
der Herr sein Werk aus. "Aus dem Munde der jungen Kinder und
Unmündigen richtet er sich eine Macht zu und stopft den Mund
seiner Feinde." In der Schwachheit kommt seine Kraft und in
der Demut seine Hoheit zu voller und schöner Entfaltung.