2Kor 6,10
S.Keller
2. Kor. 6, 10: «... als die Traurigen, aber allezeit
fröhlich.»
Wenn alles gut und glatt geht, sprechen auch viele Anfänger
im Christentum solche große Worte dem Apostel ziemlich
gedankenlos nach. Sobald etwas in ihrem leiblichen Befinden
oder sonst im irdischen Ergehen drückt, werden sie kleinlaut,
und wenn noch eine wirkliche Anfechtung oder eine längere
Leidenszeit über sie kommt, dann klagen sie nach derselben
Melodie wie die Weltmenschen. Es gehört schon mehr Erfahrung
und mehr Glauben dazu, jeder der beiden Seiten dieses Wortes
ihren inneren vollen Ton abzugewinnen. Traurige, die einen
ständigen Grund haben; denn der Schmerz über eigene und
fremde Sünde ist keine Augenblicksstimmung, sondern der
dunkle Hintergrund, der uns nicht mehr verläßt, solange wir
auf Erden bleiben. Man braucht nur diese Saite anzurühren,
so klirrt sie leise mit in alles sonstige Erleben hinein.
Daneben allezeit der Freudengrund der Erlösung - die starke
Hoffnung auf das völlige zukünftige Heil - der Ton schlummert
auch in der einen Saite unseres inneren Lebens und braucht
nur gestreift zu werden, so klingt er hell hinein und schafft
einen Wechsel der Stimmung. Regen bei Sonnenschein. Und der
Sonnenschein wird zuletzt siegen.
Du, Herr Jesus, bist unserer Seele Sonnenschein! Es ist dir
ein Kleines, unser trauerndes Herz froh zu machen. Wie du
willst, so soll's sein; wir sind dein, zum Dienst bereit
in Tränen oder Jauchzen. Dein Name sei gepriesen! Amen.
S.Keller
2. Kor. 6, 10: «... als die Armen, aber die doch viele
reich machen; als die nichts innehaben, und doch alles
haben.»
"Gold und Silber habe ich nicht, was ich aber habe, gebe ich
dir" - mit solchen Worten leitete Petrus die Heilung des
Lahmen ein. "Was ich aber habe" - ja, darauf kommt's an,
daß man das hat; nämlich die Kraft Christi. Ob's zum Heilen
körperlicher Leiden sein soll (was auch vorkommt), oder zur
Überwindung von Sünde, Stählung des Willens, Stiftung des
Friedens in den Häusern oder Rettung verlorener Söhne und
Töchter - die Kraft Christi, die Gabe seines Lebens ist es,
wodurch sich unser Reichtum von jedem andern unterscheidet.
Anzusehen ist den unscheinbaren Jüngern Jesu davon nichts Die
Welt spottet über ihre Armseligkeit; sie aber gehen als die
Glücklich-Besitzenden lächelnd mitten durch die Masse der
Spötter; wissen sie es doch: "Wir sind reicher als ihr alle!
Was kein Wissen und kein Gold von dieser Welt ersetzen kann,
ist unser Eigentum." Bei plötzlichen Unglücksfällen und
an Sterbebetten kommt's an den Tag, was dieser Reichtum
bedeutet. Dann können diese Armen doch noch viele reich
machen. Ein Reicher von dieser Welt kann keinen andern
Menschen wirklich reich machen, ohne dadurch selbst ärmer
zu werden. Bei uns verdoppelt sich die Habe durch jede
ausgestreute Gabe. Wer Jesus hat, der hat alles.
Darum sollst du, Herr Jesus, uns immer besser in deine Hände
bekommen. Denn dann haben wir mehr von dir und dadurch
können wir immer mehr von dir weggeben. Nimm uns und gib
dich uns! Amen.