2Kor 2,12
A.Christlieb
Innere Unruhe
2. Korinther 2, 12 f.
»Da ich aber gen Troas kam, zu predigen das Evangelium
Christi, und mir eine Tür aufgetan war in dem Herrn, hatte
ich keine Ruhe in meinem Geist, da ich Titus, meinen Bruder,
nicht fand; sondern ich machte meinen Abschied mit ihnen und
fuhr aus nach Mazedonien.«
Das ist eine kurze Szene aus dem Leben des Paulus, die in der
Apostelgeschichte nicht erzählt ist. Wir erfahren hier, daß
Paulus trotz der ihm gegebenen offenen Tür nicht weiter in
Troas arbeitete, sondern nach Mazedonien reiste. Mitten in
allem Erfolg überkommt ihn eine eigentümliche Unruhe: »Wo ist
Titus, mein Bruder? Er sollte doch zu mir stoßen. Ich kann
darüber nicht ruhig werden.«
Sollte man in dieser Lage dem Paulus nicht klug raten:
»Lieber Paulus, leg doch die ganze Sorge für den Bruder Titus
auf den Herrn. Übergib ihm die ganze Frage, die dich
umtreibt, warum dein Mitarbeiter jetzt nicht nach Troas
kommt. Arbeite du still weiter. Du hast ja eine im Herrn
geöffnete Tür. Du wirst doch nicht so töricht sein, jetzt
mitten in der Arbeit abzubrechen und dem Titus entgegen zu
reisen.«
Ja, du kluger Ratgeber, du hast freilich schon recht. Aber
wie, wenn im Gebet die Unruhe wegen Titus nur noch größer
wird?!
Der Fall ist sehr verwickelt. Die geöffnete Tür spricht
entschieden für weiteres Bleiben, die innere Unruhe für
Abreise. Paulus entscheidet sich für das letztere. Warum?
1. Das Gespür für Geistesleitung
Paulus hatte ein feines Gespür für die Leitung des Heiligen
Geistes. Er zog nicht »das Los«: »Soll ich in Troas bleiben
oder zu Titus reisen?« Was das Los gesagt hätte, wissen wir
nicht. Paulus gab der inneren Unruhe nach und reiste ab. Er
konnte -und das ist entscheidend - diese Unruhe unterscheiden
von anderer gewöhnlicher Unruhe durch körperliche Schwachheit
oder natürliche Hast. Ja, es gibt Unruhe, die von Gott
selber gewirkt ist. Wodurch unterscheidet man dieselbe vom
ungeheiligten Naturtrieb?
Es gehört zum Wesen dieser Unruhe, daß wir merken: Wenn wir
ihr nicht folgen, fallen wir aus dem Frieden, aus der
bewahrenden Macht Gottes heraus. Es ist für ein Kind Gottes
ungeheuer wichtig und bis in die Ewigkeit hinein von großer
Bedeutung, treu und gehorsam zu sein gegen solche oft zart
beginnende Unruhe im Geist, die der Herr wirkt.
2. Und die Naturunruhe?
Wir brauchen durch Übung geschärfte Sinne, die von Gott
gewirkte Unruhe unterscheiden zu lernen von der natürlichen
Hast und Unruhe. Wenn wir solcher natürlichen oder vom Feind
gewirkten Unruhe nicht folgen, bleibt es im tiefsten
innersten Seelengrund ganz ruhig und still, und auch die
Naturunruhe legt sich allmählich.
Eins wollen wir beachten: Die gesunde »Geistesleitung« findet
sich bei Menschen, die Liebe zum Wort Gottes haben und in
Übereinstimmung mit dem Wort Gottes leben. Ferner wird sie
oft dadurch beglaubigt, daß ihre Entscheidungen mit der
Erkenntnis der Brüder übereinstimmen.