1Kor 15,49
C.O.Rosenius
Wie wir das Bild des Irdischen getragen haben, so werden
wir auch das Bild des Himmlischen tragen. 1. Kor. 15, 49.
Hier ist eine Verkündigung, bei der wir Gott ernstlich um die
Gnade zum Glauben und um geöffnete Sinne anflehen müssen.
Höre! ,,Wie wir das Bild des Irdischen getragen haben, so
werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen." Glaubst
du das? Daß wir das Bild des Irdischen (Adam) tragen, das
fühlen wir in allen unseren Gliedern und Sinnen mehr, als uns
lieb ist. Glaubst du aber auch ebenso gewiß, daß wir einst
das Bild des Himmlischen tragen werden, die wir mit Ihm
vereinigt sind? Adam und Christus sind gleichsam die zwei
großen Modelle, nach denen unsere beiden Zeitperioden geformt
werden sollen, die eine Zeitperiode, nämlich die des
Erdenlebens, nach Adam, nach dem Bild des Irdischen;
die andere Zeitperiode, die der Ewigkeit, nach Christus,
nach dem Bild des Himmlischen. Ebenso gewiß, wie wir hier
das Bild des Irdischen mit allem Elend, das dazu gehört,
getragen haben, werden wir auch das Bild Jesu mit all der
Herrlichkeit, die dazu gehört, tragen. Glaubst du, daß für
alle, die in Christus sind, dieses zu seiner Zeit ebenso
gewiß wie eine bestimmte Ordnung der Natur, wie der Tag auf
die Nacht oder der liebliche Sommer auf den kalten Winter
folgt? O, ist das wahr? Gelobt und gepriesen sei der Name
des Herrn!
Das Bild des Irdischen erkennen wir aus unserem ganzen Wesen.
,,Adam zeugte Kinder, die seinem Bild ähnlich waren." Hier
redet der Apostel von den Leibern. Dem Leibe nach tragen wir
das Bild Adams in all den Eigenschaften, die der Apostel
(Vers 24-45) aufgezählt hatte, so z. B. daß er ,,in
Unehre", ,,in Schwachheit" und ,,verweslich", kurz, ein
,,natürlicher Leib" ist, der mit irdischen Nahrungsmitteln
aus dem Pflanzen- und Tierreiche unterhalten werden und
schließlich selbst zu Erde werden muß. Außerdem gehört
zum Bild des Irdischen auch eine Kette alles Jammers,
aller Sünde, Not und Sorge, eine Kette von Sünden und
Widerwärtigkeiten aller Art. Unser ganzes Wesen ist
gleichsam aus Sünden zusammengesetzt, so z. B. aus
Verachtung Gottes, Abgötterei, Sicherheit, Härte, Eigenliebe,
Hochmut, Heuchelei, Lügenhaftigkeit, aus Zorn, Haß, Neid,
bösem Argwohn, unreinen Lüsten, Geiz, Eigennutz und dergl.
mehr. Jesus sagt dazu: ,,Aus dem Herzen der Menschen
gehen heraus böse Gedanken, Ehebruch, Hurerei, Mord,
Dieberei, Geiz, Schalkheit, List, Unzucht, Schalksauge,
Gotteslästerung, Hoffart, Unvernunft." Dies ist das Bild
Adams, soweit es die Sünde betrifft. Daraus aber folgen
sodann aller Fluch und Jammer auf Erden, nämlich ein
unruhiges Herz, ein böses Gewissen, Sorge, Ärgernisse,
Kummer, Unsicherheit, Furcht, Argwohn, Krankheit, Schmerzen,
Armut, die feurigen Pfeile des Satans und endlich der Tod und
die Vergänglichkeit. Man mag wollen oder nicht, man muß doch
- gleichsam mit diesen Überresten Adams umkleidet - wie durch
einen dichten Dornenwald gehen, wo man beständig verwundet
wird und blutet.
Ach, ermüdet nicht, ihr Gotteskinder! Werdet nicht
ungeduldig! Dies ist nur eine schwere Wegstrecke; es kommt
hernach eine andere Zeit, so wahr Gott den Menschen nicht nur
zum Leiden erschaffen hat. ,,Wie wir das Bild des Irdischen
getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen
tragen", und ,,das Bild des Himmlischen" ist in allen Stücken
dem Irdischen entgegengesetzt. Zur Ähnlichkeit des Bildes
Jesu gehört zunächst ,,ein geistlicher Leib", der dem
verklärten Leibe Christi ähnlich ist. Anstatt der Unehre
erhalten wir eine ewige, himmlische Ehre und Herrlichkeit;
anstatt der Schwachheit, Gebrechlichkeit und Krankheit eine
ewige Gesundheit, Stärke und Behaglichkeit. Anstatt der
Sorge, Furcht, Qual und Unsicherheit finden wir eine ewige
Freude, Seligkeit und Sicherheit, ,,ein liebliches Wesen zur
Rechten Gottes ewiglich", und eine unendliche Quelle hoher,
himmlischer Ergötzungen. Und vor allem anderen gibt es dort
anstatt unserer unendlichen, peinigenden Sündigkeit eine
ewige, unerschütterliche Heiligkeit, Liebe und Reinheit, so
daß wir Gott dort so vollkommen und brennend und mit einer
solchen Seligkeit werden lieben können, wie wir es in unserem
gegenwärtigen Zustand nie zu fassen vermögen. Wer jemals
in der ersten Zeit mit dem Heiland etwas von den Kräften
der zukünftigen Welt, etwas Überschwengliches von der
Lieblichkeit des Herrn geschmeckt hat, der muß bekennen: Wenn
diese Erfahrung ewig gedauert hätte, wäre es schon ein Himmel
und eine Seligkeit gewesen. In dieser vollkommenen Liebe zu
Gott, die die Summe des Bildes Christi ist, liegt die höchste
Seligkeit. Und bedenke ferner: Wir sollen in jeder Hinsicht
von allem Bösen frei sein, uns ganz heilig und rein wie ein
Engel Gottes fühlen, in allem vollkommen sein, was wir hier
wollten und wonach wir uns hier sehnten, es aber nicht
erreichten. Wir sollten uns nie mehr vor etwas Bösem oder
Gefährlichem fürchten, sondern in der Gemeinschaft des
verklärten Heilandes und in den wunderbaren Geheimnissen
Gottes eine ewige Sicherheit und Ruhe haben. Zu einem
solchen Leben ist das wundersame Wesen, der Mensch,
eigentlich erschaffen. Nichts anderes lag in dem Liebesplan
Gottes, als Er ein Geschlecht erschuf, das Seinem Bild
gleich sein sollte, - dem Bild dessen, der der Gott aller
Seligkeit ist, und der alle Seligkeit ebenso leicht schaffen
konnte, wie Er die Wassermassen des unermeßlichen Meeres
schuf.
Was hier kränkelt, seufzt und fleht,
Wird dort frisch und herrlich geh'n;
Irdisch werd ich ausgesät,
Himmlisch werd' ich auferstehen;
Dann wird Schwachheit und Verdruß
Liegen unter meinem Fuß.