1. Korintherbrief

1Kor 13,12 W.MacDonald »Denn wir sehen jetzt durch einen Spiegel, undeutlich...« 1. Korinther 13,12

Selten in unserer Erfahrung als Christen wird uns dies so deutlich, wie wenn wir am Tisch des Herrn zusammenkommen, um an Ihn und Seinen Tod für uns zu denken. »Wir sehen durch einen Spiegel, undeutlich.«

Es ist wie mit einem dichten, undurchdringlichen Schleier. Auf der einen Seite stehen wir mit all unseren Begrenzungen und Beschränkungen. Auf der anderen Seite ist das ganze gewaltige Drama unserer Errettung - Bethlehem, Gethsemane, Gabbatha, Golgatha, das leere Grab, der verherrlichte Christus zur Rechten Gottes. Irgendwie spüren wir, daß da etwas unendlich Großes und Gewaltiges ist, und wir versuchen etwas davon zu erfassen, aber wir fühlen uns dabei eher wie Erdklumpen als wie lebendige Wesen.

Wir versuchen, die Leiden des Herrn für unsere Sünden zu begreifen. Unser Geist strengt sich an, die Schrecken Seiner Gottverlassenheit in uns aufzunehmen. Wir wissen, daß Er die Qualen erduldet hat, die wir alle Ewigkeit hindurch hätten erleiden müssen. Und doch frustriert es uns auf eine Weise, daß es noch so viel zu erfahren, zu ergründen gibt. Wir stehen am Ufer eines unerforschten Ozeans!

Wir denken an die Liebe, die das Beste des Himmels für das Schlechteste der Erde gesandt hat. Wir sind ergriffen, wenn wir daran denken, daß Gott Seinen eingeborenen Sohn in diesen Dschungel der Sünde hineingesandt hat, um zu suchen und zu erretten, was verloren war. Aber wir haben es mit einer Liebe zu tun, die alle Erkenntnis übersteigt. Wir erkennen nur stückweise.

Wir singen von der Gnade des Herrn Jesus, der, obwohl Er reich war, um unseretwillen arm wurde, auf daß w i r durch S e i n e Armut reich gemacht würden. Es ist ein Wunder, das die Engel den Atem anhalten läßt. Unsere Augen strengen sich an, die unendlichen Dimensionen solcher Gnade zu erblicken. Aber es ist vergeblich. Wir sind durch unsere menschliche Kurzsichtigkeit beschränkt.

Wir wissen, daß wir überwältigt sein sollten von der Betrachtung Seines Opfers auf Golgatha, doch wir sind seltsamerweise oft so wenig bewegt davon. Wenn wir wirklich eintreten würden in das, was jenseits des Schleiers liegt, dann würden wir in Tränen zerfließen. Und doch müssen wir bekennen:

O, was für ein Wunder bin ich für mich selbst, Du liebendes, blutendes, sterbendes Lamm, Daß ich über das Geheimnis nachsinnen kann, Ohne bewegt zu werden, Dich mehr zu lieben.

Wie bei den zwei Emmausjüngern sind unsere Augen gehalten. Wir warten mit brennender Sehnsucht auf den Augenblick, wo der Schleier weggetan wird und wir mit weit klarerem Blick die ungeheure, jedes Vorstellungsvermögen sprengende Bedeutung des gebrochenen Brotes und ausgegossenen Weines sehen.





W.MacDonald »... dann aber werde ich erkennen, gleichwie auch ich erkannt worden bin.« 1. Korinther 13,12

Es ist ganz normal und verständlich, daß wir Christen uns fragen, ob wir unsere Lieben im Himmel wohl wiedererkennen werden. Während es keine Schriftstelle gibt, die sich mit diesem Thema besonders beschäftigt, gibt es doch verschiedene Hinweise, die uns zu einer positiven Schlußfolgerung in dieser Frage führen.

Zuerst einmal erkannten die Jünger den Herrn Jesus in Seinem verherrlichten Auferstehungsleib wieder. Seine physische Erscheinung war unverändert. Jeder Irrtum war ausgeschlossen, es war »Jesus selbst«. Das gibt uns die Garantie, daß auch wir im Himmel unsere eigenen persönlichen Züge tragen werden, wenn auch in verherrlichter Form. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß wir alle gleich aussehen werden. Wenn wir in 1. Johannes 3,2 lesen, daß wir Ihm gleich sein werden, dann bedeutet das: Ihm gleich in moralischer Hinsicht, d.h. für immer frei von der Sünde und ihren Folgen. Aber bestimmt sind wir Ihm nicht äußerlich gleich in dem Sinn, daß wir mit Ihm verwechselt werden könnten. Niemals!

Zweitens gibt es keinen Grund zu glauben, daß wir im Himmel weniger wissen als hier auf der Erde. Wir erkennen einander hier unten; warum sollten wir es für seltsam halten, daß wir auch dort oben einander erkennen? Wenn wir dort »so erkennen werden, wie wir jetzt erkannt sind«, dann ist das ein eindeutiges Argument.

Paulus erwartete, die Thessalonicher im Himmel wiederzuerkennen. Er sagte, daß sie dann seine Hoffnung und Freude und Krone des Ruhmes sein würden (1. Thessalonicher 2,19).

Es gibt Hinweise in der Bibel, daß Menschen die Fähigkeit bekamen und bekommen werden, Personen zu erkennen, die sie nie zuvor gesehen hatten. Petrus, Jakobus und Johannes erkannten Mose und Elia auf dem Berg der Verklärung (Matthäus 17,4).

Der reiche Mann im Hades erkannte Abraham (Lukas 16,24). Jesus sagte den Juden, daß sie Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sehen würden (Lukas 13,28).

Aber ein Wort der Warnung wollen wir dennoch hinzufügen! Während es deutlich scheint, daß wir unsere Lieben im Himmel wiedererkennen werden, werden wir sie nicht in den gleichen Beziehungen kennen wie hier auf der Erde. So gibt es zum Beispiel die Beziehung Ehemann - Ehefrau nicht mehr. Das geht deutlich aus den Worten des Herrn in Matthäus 22,30 hervor: »Denn in der Auferstehung heiraten sie nicht, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie Engel Gottes im Himmel.«