1Kor 13,6
C.Eichhorn
Jesu Bild in der Liebe (III)
Die Liebe rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht
der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber der Wahrheit.
1. Kor. 13, 5.6
Die Liebe rechnet das Böse nicht zu. Sie hat nicht allerlei
auf Lager gegenüber dem anderen. Sie führt nicht Buch über
die Beleidigungen, die ihr angetan werden. Im Gegenteil!
Sie löscht Schuldposten aus. Sie vergibt und vergißt. Sie
trägt nicht nach. Von Natur merken wir uns leider das Böse,
das uns widerfährt, besser als das Gute. Warum vergessen
wir die Kränkungen so schwer? Weil wir immer wieder darauf
zurückkommen, wenn nicht in Worten, so doch in Gedanken. Wir
führen nur allzugenau Buch über die Beleidigungen, die uns
angetan werden, und bereinigen das Konto des andern nicht.
Wir sehen den andern immer nur in dem üblen Licht, in das ihn
frühere Vorkommnisse gestellt haben. Die Liebe rechnet das
Böse nicht an. Auch Gott, die ewige Liebe, gedenkt unserer
Übertretungen nicht mehr. Er wirft sie in die Tiefe des
Meeres. Er vergibt und vergißt. Wie köstlich bezeugt dies
der Herr in seinem Wort: "Ich, ich tilge deine Übertretungen
um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht" (Jes. 43,
25) oder: "Ich vertilge deine Missetaten wie eine Wolke und
deine Sünden wie Nebel" (Jes. 44, 22)! Wollen wir nicht
Gottes Nachfolger sein, indem wir in der gleichen Liebe
wandeln? Der Heiland hat dem Petrus nichts nachgetragen.
Die Liebe freut sich nicht der Ungerechtigkeit. Solange wir
diese Liebe nicht kennen und besitzen, freuen wir uns des
Bösen und Schändlichen, das verübt wird. Man erzählt es gern
weiter und horcht begierig darauf. Man hört gern zu bei
Gerichtsverhandlungen und verschlingt die
Verbrechergeschichten und Kriminalnovellen. Man spürt dem
Häßlichen nach und macht sich mit den Eiterbeulen anderer
gern zu schaffen, wie die Hunde mit den Schwären des Lazarus.
Man bespiegelt sich in der Schlechtigkeit der Menschen oder
hat gar ein wirkliches Gefallen daran (Röm. 1, 32).
Die Liebe tut das nicht. Sie betrübt sich über alle
Heillosigkeit, wendet ihr Ohr gern davon ab und hört lieber
Gutes, Schönes, Reines. Sie freut sich der Wahrheit. Wenn
Gott, der die Wahrheit in Person ist, zu seinem Recht kommt,
dann freut sie sich. Wenn das Evangelium oder das Wort der
Wahrheit einen Sieg davonträgt, wenn ein Menschenherz zur
Erkenntnis der Wahrheit kommt, dann jubiliert sie.
Weltmenschen sehen dazu sauer und schweigen dergleichen tot
oder lästern gar. Der Apostel Johannes hatte keine größere
Freude als die, daß er Christen in der Wahrheit wandeln sah.
Die Liebe ist so recht eine Gehilfin der Wahrheit. Sie macht
ihr Bahn und freut sich, wo diese ihren Einzug hält, auch
dann, wenn sie selbst nicht direkt beteiligt war.
J.MacArthur
"Sie [die Liebe] rechnet Böses nicht zu" (1. Kor. 13,6).
Wenn du jemand liebst, führst du nicht Buch über dessen
Vergehen.
Von den ersten Herrnhuter Missionaren bei den Eskimos wird
erzählt, sie hätten in deren Sprache kein Wort für
"Vergebung" finden können. So mussten sie eine Reihe
kurzer Wörter zu einem langen Wort zusammensetzen:
Issumagidschadschangnainermik. Dies Wort scheint
ungeheuerlich, hat aber eine wunderschöne Bedeutung:
"Nicht fähig sein, je wieder daran zu denken."
Vielleicht ist dir schon aufgefallen, dass Menschen, die
nicht vergeben können, gewöhnlich ein gutes Gedächtnis haben.
Manche können ihren Groll ein Leben lang festhalten. Die
Liebe aber führt nicht Buch über empfangenes Unrecht. Sie
vergibt und kann sich dann nicht mehr daran erinnern.
Daran denkt Paulus, wenn er sagt, die Liebe rechne Böses
nicht zu (1. Kor. 13,5). Das mit "zurechnen" übersetzte
griechische Wort wurde für die Eintragungen ins Hauptbuch
eines Buchhalters benutzt. Solche Notizen halfen dem
Buchhalter, sich an alle finanziellen Transaktionen zu
erinnern. Im Gegensatz dazu führt die Liebe niemals Buch
oder zieht andere weiterhin zur Verantwortung, weil sie ihr
Unrecht getan haben.
Das größte Beispiel dieser Liebe ist Gott selbst. In Römer
4,8 heißt es: "Glückselig der Mann, dem der Herr die Sünde
nicht zurechnet." Und 2. Korinther 5,19 fügt hinzu, "dass
Gott in Christus war und die Welt mit sich selbst versöhnte,
ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnete ..."
Jede Sünde, die wir als Gläubige begehen, ist eine
Beleidigung Gottes; aber Er rechnet sie uns nie an. Wir
sind in Christus, der die Strafe am Kreuz trug. Wenn wir
sündigen, ist uns augenblicklich vergeben, wenn auch die
Gemeinschaft mit Gott erst nach dem Bekenntnis der Schuld
wiederhergestellt ist.
Wenn du andere Gläubige liebst, wirst du ihnen vergeben, wie
Gott vergeben hat. Anstatt ihnen ihre Schuld zu behalten,
wirst du daran denken, was sie in Christus sind. Du wirst
dich an die Ermahnung des Paulus erinnern: "Seid aber
zueinander gütig, mitleidig und vergebt einander, so wie
auch Gott euch in Christus vergeben hat!"
J.MacArthur
"Sie [die Liebe] freut sich nicht über die Ungerechtigkeit"
(1. Kor. 13,6).
Die Liebe rechtfertigt niemals Sünden.
Den meisten Christen widersteht der Gedanke, sich über
Ungerechtigkeit zu freuen, weil das hieße, Gefallen an
vorsetzlichen und mutwilligen Sünden zu haben. Wir haben die
schrecklichen Folgen der Sünde in der Menschheit kennen
gelernt und wie Gott durch sie geschmäht wird; wie
sollten wir uns über Derartiges freuen? Aber sich der
Ungerechtigkeit freuen ist auch jeder Versuch, Sünden bei
sich oder anderen zu rechtfertigen; das mag uns selbst lange
verborgen bleiben.
Es gibt viele Weisen, sich der Ungerechtigkeit zu freuen.
Die eine ist, Recht mit Unrecht zu verwechseln. Das
verurteilt der Prophet Jesaja, wenn er sagt: "Wehe denen,
die das Böse gut nennen und das Gute böse; die Finsternis
zu Licht machen und Licht zu Finsternis!" (Jes. 5,20). In
unserer Gesellschaft werden zum Beispiel Jungfräulichkeit und
eheliche Treue als altmodische Prüderie gebrandmarkt, während
man Promiskuität und Ehebruch als zeitgemäß und befreiend
anpreist. Der gesellschaftliche Druck kann unachtsame und
schwache Christen veranlassen, solchen abartigen und
gottlosen Moralvorstellungen zu verfallen.
Eine andere Art, sich der Ungerechtigkeit zu freuen, besteht
darin, nicht auf das achtzugeben, was man hört und sieht.
Humanistische Philosophie und die unverhohlene Unmoral
unserer Gesellschaft können unser moralisches Empfinden
schnell einschläfern. Darum musst du sorgfältig prüfen, was
du liest, anschaust und hörst. Wird Gott dadurch entehrt und
Gewalt, Verbrechen, Unmoral, Verleumdung und Ähnliches
verherrlicht? Wenn du ein solches Buch oder Bild
unterhaltsam findest, freust du dich der Sünde.
Einige Gläubige freuen sich tatsächlich über die Sünden
anderer. Darum wollte zum Beispiel Jona nicht in Ninive
predigen. Er fürchtete, die Leute dort könnten Buße tun und
Gott würde ihnen vergeben. Er wollte lieber, dass sie weiter
sündigten, als dass sie mit Gott versöhnt würden. Diese
Haltung liegt uns heute weit weniger fern, als manche meinen.
Ich habe bekennende Christen kennen gelernt, die so sehr
darauf aus waren, ihren Ehepartner loszuwerden, dass sie
hofften, dieser werde doch endlich einmal Ehebruch begehen,
um damit eine Scheidung zu rechtfertigen. Welch eine
verdrehte Denkungsart!
Wahre Liebe kann sich nicht über Ungerechtigkeit freuen,
sondern jubelt, wenn der Gerechtigkeit zum Sieg verholfen
wird. Wenn du Gott liebst, gefallen dir die Dinge, die auch
Gott gefallen, und was Er hasst, hasst auch du. - Möge das
immer so bei dir sein!
J.MacArthur
"Sie [die Liebe] freut sich mit der Wahrheit" (1. Kor.
13,6).
Die Liebe verwirklicht sich nie auf Kosten des Wortes Gottes.
Paulus hat gerade aufgezählt, was die Liebe alles nicht tut:
sie neidet nicht, tut nicht groß, bläht sich nicht auf,
benimmt sich nicht unanständig, sucht nicht das Ihre, läßt
sich nicht erbittern, rechnet Böses nicht zu, freut sich
nicht über Ungerechtigkeit. Nun nennt er das erste von fünf
Dingen, die sie tut: "Sie freut sich mit der Wahrheit" (Vers
6).
Wir sehen deutlich den Kontrast: Die Liebe kann sich nicht
an Ungerechtigkeiten freuen, dagegen sehr über den Sieg der
Wahrheit. "Die Wahrheit" bezieht sich auf das Wort Gottes,
als dem Standard der Gerechtigkeit. Paulus hätte sagen
können: "Die Liebe freut sich nicht der Ungerechtigkeit,
sondern der Gerechtigkeit." Aber er geht über die einfachen
gerechten Werke hinaus, indem er von deren Maßstab und
Ausgangspunkt spricht.
Die Liebe duldet keine falsche Lehre und kein sündiges
Betragen, sondern freut sich, wenn Gottes Wort gelehrt und
befolgt wird. Der Psalmist sagt: "Wie liebe ich dein Gesetz!
Es ist mein Nachdenken den ganzen Tag. Deine Gebote machen
mich weiser als meine Feinde ... Verständiger bin ich als
meine Lehrer ... Einsichtiger als Greise bin ich ... Von
jedem bösen Pfad habe ich meine Füße ferngehalten, damit
ich dein Wort bewahre. Von deinen Bestimmungen gewichen bin
ich nicht, denn du, du hast mich unterwiesen. Wie süß sind
meinem Gaumen deine Worte, mehr als Honig meinem Mund! Aus
deinen Vorschriften empfange ich Einsicht. Darum hasse ich
jeden Lügenpfad!" (Ps. 119,97-104). So spricht ein Mensch,
der sich der Wahrheit freut.
Oft sind Christen bereit, aus Liebe zu den anderen die reine
Lehre zu verwässern. Sie meinen, lehrmäßige Genauigkeit sei
irgendwie trennend und lieblos. Aber die Schrift sagt: "Dies
ist die Liebe, dass wir nach seinen Geboten wandeln ... Denn
viele Verführer sind in die Welt hinausgegangen, die nicht
Jesus Christus, im Fleisch gekommen, bekennen; dies ist der
Verführer und Antichrist. Seht auf euch selbst, damit ihr
nicht verliert, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn
empfangen" (2. Joh. 6-8).
Biblische Liebe wirkt immer innerhalb der biblischen
Maßstäbe und der geistlichen Einsicht (Phil. 1,9-10). Am
liebevollsten verhältst du dich, wenn du gemäß der biblischen
Wahrheit lebst. Lehrmäßige Kompromisse verringern nur die
Qualität der Liebe und spielen dem Bösen in die Hände.