1Kor 11,28
C.Eichhorn
Bereitung zu diesem Mahl
Der Mensch prüfe sich selbst, und also esse er von diesem
Brot und trinke von diesem Kelch! 1. Kor. 11, 28
Absichtlich sagt der Apostel: Der Mensch prüfe sich!
Denn auch der Wiedergeborene ist immer noch Mensch und
darum fehlsam, ja sogar fähig der schwersten Vergehen.
Selbstprüfung erfordert stille Zeit. Im Vielerlei des
Alltagslebens kommen wir nicht dazu. Wir müssen uns Zeit
nehmen zur Einkehr im eigenen Herzen. Eine stille halbe
Stunde sollten wir jeden Tag zu diesem Zweck haben. - Sodann
müssen wir unparteiisch, aufrichtig und wahrhaftig gegen uns
selbst sein. Von Natur sind wir allzu nachsichtig gegen die
eigene Person. Wir nehmen Partei für uns und messen mit
zweierlei Maß. Die Fehler anderer fallen schwer in die
Waagschale, über die eigenen gehen wir leicht hinweg. Nur
ein erleuchteter Sinn erkennt die eigenen Gebrechen, nennt
sie unnachsichtig beim Namen und verurteilt sie ohne
Schonung. Allezeit ist die Bitte um Augensalbe sehr nötig
(Offb. 3, 18). - Endlich brauchen wir zur Selbstprüfung
auch einen festen Maßstab. Diesen bietet uns das Wort
Gottes. Hier wird uns der Wille Gottes kundgetan. Besonders
dienlich zur Selbsterkenntnis ist das Beschauen des Bildes
Jesu. - Bei der Selbstprüfung laßt uns vor allem fragen: Wie
steht mein Herz zu Jesu? "Hast du mich lieb?" Das ist seine
Hauptfrage. Ist mein Herz kalt oder warm oder, was das
Ärgste ist, lau im Verhältnis zu ihm? Kann ich nicht einmal
Sündengenüsse fahren lassen, mich nicht einmal von Schmutz
und Unrat trennen aus Liebe zu ihm? Ach, dann reicht die
Liebe noch nicht weit! - Kann ich aus Liebe zu ihm Opfer
bringen, mich selbst verleugnen, seine Gebote, auch die mir
schwersten, erfüllen? Kann ich aus Liebe zu ihm Schmach und
Haß erleiden? Bin ich bereit, auch für ihn zu sterben? - Im
Abendmahl gibt er mir den Leib, den er für mich dem Tode
preisgab, das Blut, das er für mich vergossen hat. Ermesse
ich diese Liebe? Hungert und dürstet mich nach den Kräften
seiner Liebe? - Das Abendmahl ist eine Stärkung für die
Wüstenwanderung dieses Lebens. Ist mir die Welt zur Wüste
geworden? Ist das himmlische Kanaan meine Heimat, mein Ziel?
- Das heilige Mahl ist ein Gemeinschaftsmahl. Es schließt
seine Teilnehmer zu einem Leib, zu einer unzertrennlichen
Einheit zusammen. Es bringt nicht nur Stärkung des
einzelnen, sondern stellt eine gliedliche Einheit der
Gemeinde her. In unseren toten Massengemeinden kann dies
nicht zur Geltung kommen. Aber alle lebendigen Christen
müssen sich die Frage vorlegen: Bin ich bereit, mit jedem in
Eintracht und Frieden zu leben, oder hege ich noch Groll und
Bitterkeit? - Nach solcher Selbstprüfung laßt uns zum Tisch
des Herrn gehen, nicht nur ein- oder zweimal im Jahr, sondern
sooft wir Gelegenheit dazu haben!
S.Keller
1. Kor. 11, 28: «Der Mensch aber prüfe sich selbst ...»
Und das nicht nur vor dem Abendmahl! Es wäre viel häufiger
nötig, daß wir den Maßstab des Wortes Gottes an unser inneres
und äußeres Wachstum legten, den Herzschlag unseres
geistlichen Lebens untersuchten und feststellten, ob
die Blutwärme unserer Liebe normal sei. Man wächst im
Geistlichen viel schneller schief und krumm als im
Leiblichen, und merkt den Fehler viel schwerer. Leibliche
Leiden pflegen durch ihr Signal, den Schmerz, sich spürbar
anzuzeigen, daß man sofort aufmerksam wird und sich nach
Hilfe umsieht, während geistliche Auswüchse jahrelang sich
entwickeln können, und wenn keiner uns darauf aufmerksam
macht, merken wir noch gar nichts. Und wie selten sind die
treuen Freunde, die einem in besorgter Liebe solche Fehler
sagen! Oft müssen Feinde mit ihrem bitteren Spott uns erst
aufmerksam darauf machen, und wie weh tut dann beides: die
Erkenntnis, daß sie recht hatten, und die Anstrengung, das
Gewächs los zu werden. Daher prüfen wir uns an Gottes Wort!
Wenn eine Ermahnung in den Worten Jesu oder in den Briefen
der Apostel uns übertrieben vorkommt oder fast weh tut, dann
ist sicher bei uns etwas krank.
Du aber bist unser Arzt, Herr Jesu, der nicht nur prüft und
Fehler anzeigt - du kannst sie auch heilen. Erbarm dich
unser und laß uns nicht in Selbstverblendung dahingehen.
Offenbare uns unsern Schaden und hilf uns. Amen.