Röm 16,10
A.Christlieb
Apelles, der Bewährte in Christo
Römer 16, 10
»Grüßt Apelles, den Bewährten in Christo.« Was ist dieser
Gruß des Paulus an Apelles für eine geistliche Auszeichnung!
Apelles muß ein demütiger Mann gewesen sein, der eine solche
Anerkennung vertragen konnte, ohne stolz zu werden. Paulus
hätte ihm sonst diesen Gruß sicherlich nicht geschickt.
1. Was ist ein Bewährter?
Was schließt eine solche Benennung ein? Wie muß ein Jünger
Jesu geprägt und geführt sein, daß er ein Bewährter wird?
Nun, zunächst ist Apelles »in Christo«. Er ist durch den
Heiligen Geist im wahren Glauben in Jesus Christus hinein
gepflanzt, ihm einverleibt worden. Nur unter dieser
Voraussetzung konnte er ein Bewährter werden. Aber das
ist er auch wirklich geworden. Er ist innerlich nicht
stehengeblieben in den Anfangsgründen des Lebens mit dem
Herrn.
Wir haben uns den Apelles vorzustellen als einen Mann, der
in all den verschiedenen Proben des Lebens sich als ein
treuer Jünger bewährt hat. Er war das Gegenteil von einem
wetterwendischen Hörer des göttlichen Wortes: »Wenn sich
Trübsal und Verfolgung erhebt um des Wortes willen, so ärgert
er sich alsbald« (Matth. 13, 21). Apelles war ein Mann, auf
den man sich voll und ganz verlassen konnte, er war nicht
sprunghaft, zu unbesonnenen Schritten geneigt. Er war so mit
Christus zusammengewachsen, daß er innerlich eine ruhige,
sichere Gangart bekommen hatte. Er war keiner, der heute
kühn und laut jubelte und am nächsten Tag verzagt am Boden
lag. Sein Wesen und Tun war gleichmäßig geworden. Bei
ihm war nicht zu befürchten, daß er sich jedem neuen
begeisternden Redner anschloß. Er hatte biblischen
Prüfgeist.
2. Wie war Apelles ein Bewährter geworden?
Apelles hätte sich den Namen, den Paulus ihm gab, sicher
nicht selber beigelegt. Er wird gering von sich gedacht
haben. Er wird nicht gemeint haben, daß er nicht mehr fallen
und seinem Herrn keine Schande mehr machen könne. Er wird
über sein eignes Herz besorgt gewesen und geblieben sein.
Er wird viel gebetet haben wie Gerhard Tersteegen: »Ich
kann mich selbst bewahren nicht, ich bin ein Küchlein klein.
Bewahre mich nach deiner Pflicht und laß mich nicht allein!«
Aber andere haben an ihm gesehen, wie er innerlich weiterkam,
wie sein Wesen fest und beständig wurde. Das war das Werk
der Gnade und Treue Jesu, auf das auch ein Paulus in seinem
Leben dankbar und voll Anbetung schaute: »Von Gottes Gnade
bin ich, was ich bin« (1. Kor. 15, 10).
Gewiß werden auf dem Weg des Apelles auch nicht die Leidens-
und Trübsalserfahrungen gefehlt haben. Denn nach Schrift
und Erfahrung müssen wir sagen: Ohne sie wird keiner ein
Bewährter in Christo. In der Regel findet man solche
Bewährten unter denen, die durch tiefe Wasser gegangen sind.
Sie sind bewährt in äußeren Verfolgungen, aber auch durch
manche innere Anfechtungen, in denen sie treu durchhielten.
Zusammenwachsen mit der Bibel, täglicher, treuer Umgang
mit dem Wort Gottes macht bewährte Jünger. Da liegt eine
wesentliche Kraftquelle. Darum lesen wir bei Johannes: »Ich
habe euch Jünglingen geschrieben; denn ihr seid stark, und
das Wort Gottes bleibt bei euch, und ihr habt den Bösewicht
überwunden« (1. Joh. 2, 14).
Auch viel Stille zum Gebetsumgang gehört zum Bewährtwerden.
Unsere Zeit ist so hastig, so oberflächlich, so voll vom
Geschäfts- und Konkurrenzgeist. Es gibt so wenige, die sich
Zeit nehmen zum stillen Umgang mit Gott. Wo sollen dann die
Apelleschristen, die Gegründeten, die Bewährten in Christo
herkommen?
3. Bewährte sind nötig
Wenn man mich fragte, was das Nötigste für unsere Zeit wäre,
dann müßte ich sagen: »Mehr Apelleschristen!«
Solche Bewährten in Christo sind nötig um der Welt
willen. Hudson Taylor sagt mit Recht, die Welt sähe im
Blick auf die Christen so viele falsche Münzen, daß sie
glaube und behaupte, es gäbe überhaupt keine echten. Die
Apelleschristen zeigen der Welt, was »echte Münze« ist,
nämlich: wirkliches von Gottes Geist geprägtes Wesen,
Christi Bild in den Seinen.
Apelleschristen sind auch nötig um der vielen ungefestigten,
unerfahrenen Christen willen, die sich so leicht von jedem
Irr-geist mitreißen lassen. Sie sind nötig um der
riesengroßen Verwirrung willen, die überall im Lager des
Volkes Gottes umsich greift. Wie ging es in der ersten
Christenheit zu? Da »kamen etliche herab von Judäa und
lehrten die Brüder: Wo ihr euch nicht beschneiden lasset
nach der Weise Moses, so könnt ihr nicht selig werden«
(Apg. 15, 1). Mit dieser schroffen Sonderlehre wurden die
Gewissen verwirrt (Apg. 15, 24). Da waren es die Bewährten
in Christo wie Petrus (Apg. 15, 7), Jakobus (V. 13) und
Paulus, die den verwirrten Gemütern wieder halfen, die rechte
Linie zu finden und den Blick allein auf die Gnade Gottes in
Christus - weg von allen Sonderlehren - zu richten.
In unserer Zeit reißen überall ähnliche Verwirrungen durch
Sonderlehren und Sonderfündlein ein. Es fehlen die
Apelleschristen, die Bewährten, die selber einen festen
klaren Halt im Worte Gottes haben und andern dazu helfen
können. Wie groß wird dann der Schade! Wir wollen im
Kämmerlein still werden, uns mit Leben und Geist von oben
füllen lassen und in die Schrift eindringen. So helfen wir,
daß in unserer oberflächlichen und geistlich urteilslosen
Zeit die Zahl der Apelleschristen zunimmt.