Röm 14,17
C.O.Rosenius
Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern
Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem Heiligen Geist
Röm. 14,17.
Wenn wir wissen wollen, was uns zu Christen macht, was uns
vor Gott gerecht und zu Mitgliedern Seines Reiches macht,
dann hören wir, dies sei weder Essen noch Trinken noch
irgend etwas, was wir tun könnten, sondern nur das, was
der große Gott für uns tat, nur die im Glauben angenommene
,,Gerechtigkeit Gottes". ,,Wer den Sohn Gottes hat, der hat
das Leben." Das ist die Gerechtigkeit, in der das Reich
Gottes eigentlich besteht. Deshalb hat auch Luther diesen
Text so kraftvoll erklärt: ,,Das Reich Gottes, dadurch
Christus über alle Gläubigen regiert und sie als ein getreuer
König beschirmt, straft, besoldet, leitet, weiset usw., sie
auch herwiederum auf Ihn vertrauen, Seine väterliche Zucht
und Strafe willig annehmen und Ihm allenthalben gehorsam
folgen, ist nicht weltlich oder zeitlich, sondern geistlich,
steht auch nicht im Essen und Trinken noch in einem
äußerlichen Dinge, sondern nur in Gerechtigkeit, Befriedigung
und Tröstung der Menschen Herzen und Gewissen. Derhalben ist
es nichts anderes denn Vergebung und Wegnehmung der Sünden,
durch welche das Gewissen befleckt, betrübt und verunreinigt
wird. Denn gleich wie ein weltlich, zeitlich Reich darin
besteht, daß die Leute mit Ruhe leben und friedlich sich
miteinander nähren mögen usw., also gibt Gottes Reich solche
Dinge geistlich und zerbricht der Sünden Reich und ist nichts
anderes denn eine beständige Vergebung und Tilgung der
Sünden. In dem erzeigt Gott Seine Herrlichkeit und Gnade in
diesem Leben, daß Er den Menschen die Sünde hinwegnimmt und
vergibt. Solches ist ein Reich der Gnade hier auf Erden.
Wenn aber die Sünde mit ihrem Hofgesinde, dem Teufel, Tod,
der Hölle usw., den Menschen gar nicht mehr wird anfechten,
alsdann wird's sein ein Reich der Glorie und der vollkommenen
Seligkeit."
Wenn wir aber so von der Sünde befreit und mit der
Gerechtigkeit Christi bekleidet wurden, dann folgt daraus
noch eine andere Gerechtigkeit, die wir ,,die Gerechtigkeit
des Lebenswandels" nennen, die darin besteht, daß wir durch
den Glauben und den Geist neue Herzen empfingen, so daß wir
jetzt in Liebe und mit willigem Gehorsam unseren ganzen
Lebenswandel nach dem Wort Gottes richten, wie unvollkommen
dies uns auch gelingen mag. Aber wir versuchen unseren
Nächsten zu lieben und ihm so zu dienen, wie Jesus uns liebte
und diente. Wir wollen jetzt unserem Nächsten nicht nur
alles, was recht ist, sondern auch alles Gute tun, wir werden
also die Diener aller Menschen, auch der schwachen und
unverständigen, nur um allen zu Diensten und zum Nutzen zu
sein. Wenn wir dann so von der Liebe regiert werden und nur
auf den Nutzen unseres Nächsten sehen, geschieht das, was
Luther sagt: ,,Eines Christen Werke haben keinen Namen",
d. h. er tut keine bestimmten Werke, so daß man sie nennen
könnte, sondern er tut allerlei, was den Menschen nützlich
ist. Er ist hinfort nicht an gewisse Regeln gebunden,
sondern nur an die, zu lieben und das zu tun, was die Liebe
in jedem einzelnen Fall gebietet."
Das zweite, was der Apostel nennt, heißt Friede. Dieser
Friede besteht eigentlich in dem guten Verhältnis zu Gott, so
daß wir jetzt nicht mehr unter Seinem Zorn, sondern in Seiner
vollen Freundschaft und Gnade stehen, ja, daß wir Seine
Kinder und Freunde sind. Aber diesem versöhnten Zustand
folgt durch denselben Glauben ein seliges Bewußtsein davon,
daß wir auch einen Herzens- und Gewissensfrieden haben, der
ein ,,kindlicher Geist" genannt wird, durch welchen wir
,,Abba, lieber Vater!" rufen. Die durch den Sündenfall
verlorenen Kinder sind wieder in Gottes Freundschaft, können
wieder vertraulich mit Ihm sprechen wie Kinder mit ihrem
Vater. Solches kann in Wahrheit das ,,Reich Gottes", ja,
das ,,Himmelreich" auf Erden genannt werden.
Das dritte Stück ist Freude in dem Heiligen Geist. Ein
Christ hat nicht nur Friede, sondern auch Freude im Heiligen
Geist, ja, zuweilen eine ,,überschwengliche Freude in aller
unserer Trübsal." Diese Freude ist gewiß eine selige Folge
des lebendigen Glaubens an das Evangelium, das uns ja eine
,,große Freude" verkündigt, wie der Engel bei der Geburt Jesu
sprach. Zu gleicher Zeit ist diese Freude aber auch, wie der
Glaube selbst, eine unmittelbare Gottesgabe und ein solches
Gotteswerk, das nur derjenige versteht, der es selbst
erfahren hat. Von dieser Freude über die Gnade des
Evangeliums haben wir viele Beispiele in der Schrift, wie
z. B. die Dreitausend am Tage der Pfingsten, den Kämmerer aus
dem Mohrenland, den Kerkermeister zu Philippi und andere.
Die Seele, die aus dem Zorneszustand zur Versöhnung mit Gott
kam, und die jetzt im Lichte des Geistes sieht, in welch ein
Himmelreich der Gnade und der Seligkeit sie dann eintrat, muß
sich ja innig freuen und fröhlich sein, wenn sie bei klarer
Besinnung ist. Diese Freude wird oft auch in reichstem Maße
bei der ersten Glaubensgewißheit und in den lieblichen
Hochzeitstagen gegeben, während der Bräutigam nahe oder
wahrnehmbar ist, wenn Sein Verbergen und andere Prüfungen
noch nicht zu schwer wurden. Aber die Freude wird sehr
verschieden ausgeteilt, je nachdem der Herr die einzelnen
Menschen besonders erzieht, und gewöhnlich so, daß derjenige,
der weniger Trübsal hat, auch weniger von der übernatürlichen
Freude hat, während dagegen nach einer größeren Trübsal eine
größere Freude gegeben wird - wie die Geschichten und
Erfahrungen der Heiligen uns lehren.
Nun ist der Strick zerrissen,
das ängstliche Gewissen
Ist alles Kummers gänzlich frei.
Die Wunden sind verbunden
Durch Christi Blut und Wunden,
Die Gnade schafft nun alles neu.