Römerbrief

Röm 13,11 C.H.Spurgeon Es ist Zeit, aufzustehen vom Schlaf, sintemal unser Heil jetzt näher ist, denn da wir gläubig wurden. Römer 13, 11.

Mag man fragen: Wann ist der Christ am meisten zum Schlafen geneigt? Antwort: Er ist dem Schlaf am meisten ausgesetzt, wenn seine zeitlichen Verhältnisse alle gut stehen. Dann sagt mancher: "Du hast jetzt viele Güter auf viele Jahre aufgehäuft; ruhe jetzt, liebe Seele, iß und trink und sei guten Muts." Sagt mir, ob ihr nicht damals, als ihr in Nöten wart, und stündlich euch auf die Vorsorge Gottes verlassen mußtet, als euch die Not zum Gnadenthron trieb - sagt mir, ob ihr nicht damals wachsamer gewesen seid als jetzt. Der Müller, dessen Rad ein immer fließender Strom treibt, geht schlafen, während der, welcher vom Wind abhängig ist, der bald stark, bald schwach weht, nicht schlafen darf, damit nicht etwa der starke Wind die Segel zerreiße, oder nicht genug Wind da ist, die Räder zu drehen. Wenige Menschen schlafen im Sturm; viele dagegen schlafen bei ruhiger Nacht.

Eine andere gefährliche Zeit ist, wenn im Geistlichen alles gut steht. Man liest nie in Bunyan's Pilgerreise, daß Christian geschlafen habe, dort wo Löwen zu fürchten waren; er schlief nie, wenn er durch den Todesbach ging, oder wenn er in der Burg des Riesen Verzweiflung war, oder wenn er mit Apollion stritt. Aber als er halbwegs den Hügel Schwierigkeit überstiegen hatte, und als er an eine schöne kleine Gartenlaube kam, da ging er hinein, setzte sich und las seine Rolle; er zog seine Schuhe aus und rieb seine müden Füße.

Es sagte daher ein alter Verfasser: "Ich liebe den brüllenden Löwen lieber als den schlafenden." Eine Versuchung ist nicht halb so schlimm, als wenn man gar nicht versucht wird. Eine betrübte Seele schläft nicht; nur eine selbst vertrauende und sichere Seele ist in Gefahr einzuschlafen. Sei daher auf deiner Hut, wenn du voll Freude bist. Die Jünger wollten schlafen, nachdem sie Christi Verklärung auf dem Berg gesehen hatten. Selige Zustände, o freudiger Christ, sind oft sehr gefährlich; denn gerade sie versetzen dich leicht in einen tiefen Schlaf.