Römerbrief

Röm 12,2 C.H.Spurgeon ,,Und stellet euch nicht dieser Welt gleich." Röm. 12, 2.

Wenn es möglich ist, daß ein Christ selig werden kann, obgleich er sich dieser Welt gleichstellt, so ist es jedenfalls so, daß er wie ein Brand aus dem Feuer gerettet wird. Eine solche nackte Errettung ist fast eher zu fürchten, als zu wünschen. Lieber Freund, möchtest du wohl wünschen, aus dieser Welt zu scheiden in der dunkeln Nacht eines verzweiflungsvollen Sterbebettes, um zum Himmel einzugehen als ein schiffbrüchiger Seefahrer, der sich über die Felsen der heimatlichen Küste hinaufrettet? Dann bleibe weltlich; halte dich zu den Mammonsdienern, und weigere dich, mit Christo außer dem Lager zu gehen und seine Schmach zu tragen. Aber du möchtest gern hienieden schon den Himmel haben, und den Himmel droben nicht missen; du möchtest mit allen Heiligen begreifen, welches da ist die Höhe und die Tiefe, die Länge und die Breite der Liebe Christi, die alle Erkenntnis übersteigt; du möchtest einen überschwenglichen Eingang erhalten zu deines Herrn Freude, - dann gehe aus von dieser Welt und sondere dich von ihr aus, und habe nichts gemein mit dem, was unheilig ist. Möchtest du gern völlige Versicherung deines Glaubens erlangen? Du gewinnst sie nicht, solange du der Sündenfreunde Freund bist. Möchtest du mit inbrünstiger Liebe brennen? Deine Liebe wird von der Schwemme leichtsinniger Gesellschaft ertränkt. Du kannst vielleicht ein Säugling der Gnade sein, aber du kannst nicht zum vollkommenen Mannesalter Christi gelangen, wenn du dich den Sitten und Grundsätzen der Menschen dieser Welt anschmiegst. Es steht einem Erben des Himmels übel an, mit den Erben der Verdammnis auf vertrautem Fuße zu leben. Es geht nicht, daß ein königlicher Kammerherr mit den Feinden seines Fürsten innig befreundet sei. Selbst kleine Gefügigkeiten sind gefährlich. Kleine Dornen machen große Schmerzen, kleine Motten zerstören kostbare Gewänder, und kleine Leichtfertigkeiten und kleine Schelmereien rauben unsrem inwendigen Leben tausend Freuden. O Christ, der du dich von den Sünden zu wenig fern hältst, du weißt nicht, was du durch dein Benehmen verlierst. Es zerschneidet die Sehnen deiner Kraft, und du kannst nur kriechen, wo du solltest nachjagen. Wenn du also ein Christ bist, so beschwöre ich dich um deinetwillen, sei ein ganzer und entschiedener Christ.





C.Eichhorn Weltförmiges Christentum Stellt euch nicht dieser Welt gleich! Röm. 12, 2

Dies bezieht sich auf das äußere Benehmen und Auftreten, auf die ganze Lebenshaltung, kurz, auf den äußeren Wandel in seinem ganzen Umfang. Im irdischen Beruf, im Geschäftsleben, im geselligen Verkehr.

Im häuslichen Leben, in der Kindererziehung, in der Kleidung, überall soll ein Gotteskind sich von der Welt unterscheiden. Es hat sich mit der Zeit ein weltförmiges Christentum breitgemacht. Das wahre Christentum bedeutet den Tod des alten Menschen. Es bringt ihm den Untergang. Beim weltförmigen Christentum wird mit ihm ein Vertrag geschlossen. Er muß ein christliches Gewand anziehen, christliche Formen und Gebräuche annehmen, alsdann kann er am Leben bleiben. Die Spitzen und Stacheln, die das alte Wesen tödlich verwunden, fallen weg. Die Selbst- und Weltverleugnung, die so bitter ist, wird als etwas Gesetzliches und Engherziges, als Weltflucht oder als ein Stück Mönchstum bezeichnet, als ungesundes, pietistisches Wesen gebrandmarkt. Die Freiheit, die man dem alten Menschen läßt, wird als echt evangelisch gepriesen. Weil man sich mit der Welt sehr gut verträgt und im täglichen Verkehr sich von ihr in keiner Weise unterscheidet, so bleiben einem Haß und Schmach um Christi willen erspart. Wir leben ja nicht unter Heiden, so heißt es, sondern unter lauter getauften Christen. Die Zeiten der Verfolgung gehören der Vergangenheit an. In Wirklichkeit zeigt sich der Haß gegen die wahren Christen inmitten der verweltlichten Christenheit ebenso stark wie einst von seiten der Heiden. Diese Art von Christentum ist weder kalt noch warm. Es ist ein Hin- und Herschwanken zwischen Gott und der Welt. Man ist da und dort nichts Rechtes. Geteiltes, halbherziges Wesen entbehrt aller Kraft. Vor diesem matten, schlaffen Christentum hat auch die Welt keinen Respekt. Die Ganzen werden gemieden und gehaßt, aber doch heimlich von der Welt respektiert. Die Doppelherzigen wollen vereinigen, was unmöglich sich miteinander verträgt. Wer der Welt Freund sein will, ist der Feind Gottes, ob er will oder nicht. Nur entschiedenes Christentum hat etwas Kraftvolles, ist mit einem festen, sicheren Auftreten verbunden. "Denn des Herrn Augen sehen alle Lande, daß er stärke die, welche von ganzem Herzen an ihm sind" (2. Chron. 16, 9). Sie stärkt er, daß sie dem Satan und all seinen heimlichen Dienern - das sind die weltlich gesinnten Christen - ein Schrecken sind. Er stärkt sie, daß sie feste und gewisse Tritte tun. "Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten?" Tretet einmal ganz auf des Herrn Seite, dann wird aus dem Hinken ein fester, zielbewußter Gang. Wir gehören einer anderen Welt an, in der Wahrheit, Reinheit und Liebe herrschen, und nicht dieser Welt voll Scheinwesen und Lüge, Gewissenlosigkeit und Unsauberkeit. Vergleiche Jesu Benehmen (Luk. 14, 1-24)!





S.Keller Röm. 12, 2: «Stellet euch nicht dieser Welt gleich ...»

Diese Welt! Wie hatte Paulus sie kennengelernt, als die Macht der Mode, als den Glanz des Diesseits, als die Lust des Augenblicks, aber vor allem in dem heißen Haß gegen Christum und seine Apostel und die Predigt vom Kreuz! Wie konnte es da überhaupt eine Möglichkeit für wirkliche Christen geben, diese Weltart anzunehmen? Die Gefahr bestand darin, daß die Welt gleichsam eine Schablone für den Einzelfall erfunden hatte und versprach, die Christen in Ruhe zu lassen, wenn sie sich mit dieser Schablone zeichnen ließen. Gebot nicht die Klugheit, dieses äußere Schema anzunehmen? Nein, die äußere Zustimmung zu der Weltschablone ist schon Abfall. Viele Christen behalten leider, um mit der Welt Frieden zu halten, der Welt Form bei und tun so, als wäre wirklich Religion "Privatsache". Feigheit schafft Gefügigkeit gegen die Weltschablone, und daraus entsteht ein falsches Christentum, das sich nach der Mode richten muß, bis es seine Gotteskraft ganz verliert und vom Herrn verworfen und von der Welt verachtet wird. Darum, mein Herz, sei auf der Hut, daß du deine Selbständigkeit dieser Welt gegenüber und deine Gebundenheit an Jesum nicht preisgibst! Lieber Haß und Feindschaft, als Schablone dieser Welt!

Herr Jesu, ich spüre die Gefahr; ich erkenne meine schmiegsame, schwache Art. Bewahre du mich, daß ich im Zusammenhang mit dir bleibe, daß mich weder die gottlose noch die christliche Weltart gefangen nehme. Du bist mein Muster und mein Meister und meine Hilfe. Amen.





C.O.Rosenius Stellet euch nicht dieser Welt gleich! Röm. 12, 2.

Der Ausdruck ,,diese Welt" bedeutet dem Grundtext nach eigentlich ,,dieser Zeit Lauf", nämlich die ganze Zeit dieses Erdenlebens als Gegensatz zur zukünftigen Welt. Da aber die Zeit oder der Zeitgeist von dem Geist und dem Wesen der Menschen abhängt und darin besteht, so wird hier gerade diese Welt gemeint, nämlich die große herrschende Menschenmasse und ihr eitles, böses Wesen, die Masse, die nach der gefallenen Natur und nach dem Geist dahinlebt, der sein Werk in den Kindern des Unglaubens und in der Finsternis dieser Welt hat", dem Geist, der darum ,,der Fürst dieser Welt" genannt wird. Diese Welt ist darum immer arg gegen Gott streitend, verführerisch und gefährlich, weshalb der Apostel (Gal. 1) sie auch ,,diese gegenwärtige arge Welt" nennt. Dieser Welt können wir also weder folgen noch uns derselben gleichstellen, wenn wir uns Gott opfern und Seinen Willen tun wollen. Wer ein wahrer Christ sein und dieses Leben hindurch Seinem Herrn nachfolgen will, der muß von dem gewöhnlichen Wesen der Welt ganz Abschied nehmen, muß in seiner Denkweise, seiner Rede- und Lebensweise hier auf Erden einen ganz neuen Weg betreten. Das meint der Apostel, wenn er ermahnt: ,,Stellet euch nicht dieser Welt gleich."

Sollen wir aber dieser Ermahnung folgen, dann ist es notwendig, ,,sich selbst zu einem Opfer zu begeben", weil es dann oft überaus bitter wird, sich so einsam und wunderlich zu stellen, daß man die ganze Welt, auch Vater, Mutter, Gatten, Geschwister und viele wohlmeinende, angesehene Menschen zu Gegnern hat. Laß dich dann weder niederschlagen noch irreleiten! Der Herr Christus und alle Seine Nachfolger sind diesen Weg vor dir gegangen, ja, viele Tausende sind deshalb Märtyrer geworden, weil sie sich dieser Welt nicht gleichstellen konnten.

Darum mußt du so denken: ,,Obwohl ich meine Nachbarn und alten Freunde, ja, meine Nächsten einen ganz anderen Weg gehen sehe, wobei sie die Achtung und Freundschaft der Welt haben, so will ich doch lieber Christus und Seinen Freunden folgen. Ich habe eine weit herrlichere Gesellschaft als die, die ich fahren lasse. Ich habe Gott und die guten Engel, ja, alle Heiligen mit mir. Gott helfe mir nur, bis ans Ende treu zu bleiben!"

Ebenso wird es sein, wenn du siehst, daß viele, die sich dessen rühmen, Christen zu sein, zu gleicher Zeit in gutem Verhältnis zu den Feinden Christi stehen und mit ihnen vielleicht an vielen eitlen Dingen teilnehmen können. Dann mußt du, der du Christus wirklich nachfolgen willst, darüber nachdenken, ob auch Er und Seine Jünger etwas Derartiges taten, und dann lieber dem Beispiel dieser Heiligen folgen. Wenn du siehst, daß viele, die Christen sein wollen, immer von Christus und der Seelengefahr der Unbekehrten schweigen können, dann mußt du bedenken, ob dies noch mit der Liebe und mit dem Beispiel Christi vereinbar ist, und du solltest darin deine Richtschnur haben. So wirst du sowohl in größeren als auch in kleineren Dingen lernen, ,,dich nicht dieser Welt gleichzustellen".

Beachte aber genau, daß dies nur solche Dinge betrifft, die irgendeine Sünde enthalten und gegen das klare Wort Gottes oder gegen das Gesetz der Liebe streiten. In allen anderen Dingen sollen wir dagegen wie andere Menschen sein, ein ungekünsteltes Benehmen behalten und uns nicht durch ein angenommenes oder nachgeäfftes Wesen oder durch nutzlose Eigenheiten auffällig machen. Der Hochmutsgeist versucht zuweilen auch Fromme dazu, sich wie die Heuchler zu verstellen, ein besonderes Aussehen, eine sie bezeichnende Wunderlichkeit in Art und Weise ihres Auftretens anzunehmen. Daß kann auch ,,sich nicht dieser Welt gleichstellen" genannt werden, es ist aber keineswegs das, was der Apostel hier meint. Es ist im Gegenteil eine schädliche Torheit, die nur dem ,,Lästerer Raum gibt".

Auch Christus war Seiner ganzen Art nach ,,wie ein anderer Mensch und an Gebärden als ein Mensch erfunden", die Sünde ausgenommen. Hast du einen gesunden, christlichen Sinn, dann sollst du auch hierin Sein Nachfolger sein. Du mußt immer bedenken, was zum Nutzen des Nächsten dient; denn das ist die Richtschnur unseres Lebenswandels. Durch deinen Glauben und dein Bekennen, deinen Eifer für die Ehre des Herrn und für das Heil der Seelen, ja, durch Wachsamkeit über dich selbst wirst du der Welt immer wunderlich erscheinen. Laß es dich nicht bekümmern! Als Fremdlinge und Pilger auf Erden, nach unserem himmlischen Vaterland strebend, werden wir jederzeit der Welt, die ihre Heimat und ihr Alles auf Erden hat, als Toren erscheinen. Aber gerade in diesen wesentlichen Stücken, die die Sache Gottes, unser ewiges Heil und das der anderen betreffen, sollen wir uns nicht dieser Welt gleichstellen. Das ist es, was der Apostel uns hier ans Herz legt.

Mit Ird'schem zufrieden, die Welt allezeit In Sünd' und im Tande hat all ihre Freud', Drum folge ich, siegende Heere, euch nach Und nehme als Ehre der Kreuzfahne Schmach.