Röm 8,29
C.Eichhorn
Das Geheimnis der göttlichen Erwählung
Welche Gott zuvor ersehen hat, die hat er auch verordnet,
daß sie gleich sein sollten dem Ebenbild seines Sohnes.
Röm. 8, 29
Das ganze Werk der Erneuerung des Menschenherzens ist Gottes
Werk, so unbedingt sein Werk, daß alle Gotteskinder ihre
Seligkeit seiner Erwählung verdanken. Er hat sie zuvor
ersehen oder erkannt und zum Heil bestimmt. -
Hier stehen wir vor einem Geheimnis. Es ist keine Frage, daß
die Bibel eine Vorherbestimmung der Gläubigen zur Seligkeit
klar ausspricht. Er hat sie schon zuvor bestimmt, ehe der
Welt Grund gelegt war. Unser Verstand ist geneigt, daraus
die Folgerung zu ziehen: Folglich sind alle, die
verlorengehen, zur Verdammnis vorherbestimmt. Doch dem ist
nicht so. Klar und bestimmt lehrt die Bibel: "Gott will, daß
allen Menschen geholfen werde." Denn Christus ist für alle
Menschen gestorben und hat die ganze Welt mit Gott versöhnt.
Jeder, der zu Jesus kommt, wird angenommen. Gott kann keinen
abweisen, der sich auf ihn beruft. - Die ewige Gnadenwahl
Gottes ist also ganz und gar an Jesus Christus geknüpft.
Daher sagt Paulus: "Gott hat uns in Christo erwählt." Es
findet keine Willkür statt. Wer sich an den Heiland hält,
den kann Gott nicht abweisen. Er muß ihn begnadigen. "In
seiner Wunden Nägelmal erblick' ich meine Gnadenwahl." -
Die Tatsache der göttlichen Erwählung soll uns aufs tiefste
demütigen. All unser Verdienst ist völlig ausgeschlossen.
Zugleich soll uns aber auch diese Wahrheit trösten und
emporheben. Ist es doch etwas unaussprechlich Großes, daß
Gott auch an mich gedacht hat, längst ehe ich ins Dasein
getreten bin (Jer. 1, 5; Gal. 1, 15). - Der Gedanke an die
göttliche Gnadenwahl hat etwas tief Beruhigendes. Mein Heil
liegt ganz und gar in Gottes Hand. Seine Erwählung gibt mir
die Bürgschaft, daß er mich auch durch alles hindurch und
ans Ziel bringen will. - Um keinen Preis aber darf uns die
göttliche Erwählung sicher machen. Unsere Aufgabe ist, daß
wir unsere Erwählung "fest machen" durch Gehorsam und
Fleiß in der Heiligung. Die göttliche Erwählung ist kein
Ruhepolster, sondern spornt uns an zu ganzem Fleiß. -
Gott hat sich bei seiner Erwählung ein großes Ziel gesetzt.
Wir sollen gleich sein dem Bild seines Sohnes. Es ist ein
ungeheures Werk, den durch die Sünde entstellten Menschen zu
diesem herrlichen Bild wiederherzustellen. Eine Welt ins
Dasein zu rufen, ist für Gott eine Kleinigkeit. Dazu genügt
ein Machtwort. Hingegen bei der Erneuerung des Menschen muß
er seine ganze Liebe, Langmut und Geduld aufbieten. Seine
Weisheit muß allerlei Mittel und Wege ersinnen, um den
Widerstand des trotzigen Herzens zu brechen, um den Menschen
von seinem wahren Wohl zu überzeugen und seinen Willen
umzulenken, daß er endlich Gott das Jawort gibt. Und wieviel
Geduld ist auch dann noch nötig, bis Gott seine Kinder immer
mehr in das reine Bild Jesu verklärt! Wieviel Trägheit,
Ungehorsam, Widerspenstigkeit und Vergeßlichkeit stellt sich
ihm entgegen! Aber er ruht nicht. "Dort wird's tönen bei
dem Krönen: Gott ist's, der es schafft!"