Röm 4,8
C.O.Rosenius
Selig ist der Mann, welchem Gott die Sünde nicht zurechnet.
Röm. 4, 8.
Höre! ,,Der Mann, welchem Gott die Sünde nicht zurechnet."
Gibt es einen solchen auf Erden? Und wo ist er? Hast Du ihn
gesehen? Laßt uns bekennen, daß wir dem Wort Gottes nicht
recht glauben. Einen so glücklichen Mann würde ich gern
sehen wollen, der in einem solchen Bund mit Gott steht,
daß Er ihm seine Sünde nie zurechnet. Wer ist der, der so
glücklich ist? Es ist - so der Apostel - derselbe, ,,welchem
Gott die Gerechtigkeit ohne Zutun der Werke zurechnet"
und ,,dessen Ungerechtigkeiten vergeben und bedeckt sind".
Wie aber ist ein so glücklicher Mensch gesinnt? fragst du.
Welches sind die ihn auszeichnenden Züge, an denen ich ihn
erkennen kann? Sollte vielleicht auch ich ein so glücklicher
Mensch sein oder werden können?
Der Apostel sagt in Vers 5, daß es ein Mensch ist, der sich
für gottlos ansieht und darum nicht mit den Werken umgehen
kann, sondern ,,an den glaubt, der den Gottlosen gerecht
macht". Dieselbe Beschreibung gibt auch David von diesem
Mann, dem Gott keine Sünde zurechnet. David beschreibt ihn
so, daß jene Falschheit im Geist, in der man vor dem Herrn
seine Sünde verschweigt, nun gewichen ist, und daß er jetzt
ein Mensch ist, der ,,dem Herrn seine Übertretungen bekennt."
Daraus folgt erstens: Es ist kein stolzer, ungebrochener
Mensch, der sich eigener Werke getrösten und vom Gnadenthron
fernbleiben oder der ein so falsches Spiel vor Gott treiben
kann, daß er Ihm seine Opfer schöner Werke - Andachtsübungen
heiliger Wirksamkeit, Gebete usw. - darbringt, von seinen
Sünden aber schweigt, da er entweder keine zu kennen meint,
oder aber vorsätzlich dieser Begegnung aus dem Wege geht, um
in den Sünden bleiben zu können - wie es bei David in jener
Zeit der Fall gewesen zu sein scheint, als er ,,die Sünden
vor dem Herrn verschwieg", was er dann später ,,eine
Falschheit im Geiste" nannte. Daß diese Falschheit getilgt
sei, ist das erste, was im ,,Bekennen vor dem Herrn" liegt.
Zweitens liegt darin eine Zuversicht zur Gnade Gottes; denn,
wer keinen Glauben an die Gnade Gottes hat, der flieht vor
Gott und verschweigt die Sünde, der erscheint nicht vor Ihm
mit seinem Bekenntnis. Dies erklärte Christus, als Er armen
Sündern und Sünderinnen, die in ihrer Angst zu Ihm kamen,
doch sagte: ,,Dein Glaube hat dir geholfen." Es findet sich
also immer Glauben in dem Herzen, das nicht vom Gnadenthron
fernbleiben kann, vielmehr in ihm seine Zuflucht sucht.
Ist nun dies deine Geschichte, läßt sich diese Beschreibung
auf dich anwenden, der du dieses liest, dann bist gerade du
dieser selige Mensch, dem Gott keine Sünden zurechnet. Wie
gering, sündig und unwürdig du auch wärest, so bist du doch
in einer beständigen Gnade und Freundschaft bei Gott, ein
Gnadenkind, das Er nie nach dem Gesetz richten und dem Er nie
die Sünden zurechnen wird. Er sieht sie wohl, aber Er sagt:
,,Ich rechne es dir nicht zu, da du an Meinen geliebten Sohn
glaubst, den Ich zu einem Gnadenthron vorgestellt habe." Es
bleibt bei der göttlichen Wahrheit, daß die Gläubigen ein
Volk sind, dem Gott keine Sünden zurechnet. Wenn du darum
noch so viele Sünden bei dir fühlst, vergiß nie, wie dieser
Text lautet. Hier wird nicht gesagt: ,,Selig ist der Mann,
bei welchem Gott keine Sünde findet", sondern: ,,Selig ist
der Mann, dem Gott die Sünde nicht zurechnet." Hier wird
gesagt: ,,Selig sind die, denen ihre Ungerechtigkeiten
vergeben sind."
Aber hier gilt es nun, sich mit einem festen Glauben an das
Wort zu halten und sich nicht von dem irreleiten zu lassen,
was gesehen oder gefühlt wird. Alle niederdrückenden
Erfahrungen von der Sünde und die schlimmsten Stürme
inwendiger Nöte oder äußerlicher Heimsuchungen können die
Gotteswahrheit nicht zunichte machen, daß Gott die Sünde
vergibt und sie nicht zurechnet. Er behält Seine Gläubigen
in ewiger Gnade. Blicke auf die Erfahrungen des Mannes,
dessen Wort der Apostel hier anführt; blicke auf die
Geschichte Davids! Welch hohe Gnade trotz aller jämmerlichen
Erfahrungen! Blicke auf seinen hohen Beruf als Christi
Vorbild und Stammvater, der vom Hirtenknaben zum Könige und
Propheten Israels erhoben wurde! Betrachte die Zeugnisse
Gottes über ihn (1. Sam. 13, 14) und die Ergüsse seines
Herzens in den Psalmen! Welch eine hohe Gnade und welch
ein brennendes Herz für den Herrn. Und dennoch, - welche
gräßlichen Sichtungen durch den Satan, welche schmählichen
Sündenausbrüche, Sündenfälle und Übertretungen und welche
Reue und Ängste vor Gott; sodann welche Heimsuchungen und
bitteren Demütigungen und abermals welche Reue, welche Tränen
vor dem Herrn, - ,,um meiner Sünde willen", wie David sagt.
Und dennoch keine ganze Verwerfung von Gott! ,,Er hadert",
sagt David, ,,aber nicht immer; Er zürnt, aber nicht
ewiglich; denn so hoch der Himmel über der Erde ist, läßt
Er Seine Gnade walten über die, so Ihn fürchten."
Die Vergebung meiner Sünd',
O du Himmelsgabe wert,
Die Vergebung meiner Sünd',
Die du Frieden bringst der Erd',
Du bist meines Herzens Gut,
Gibst mir Freude, machst mir Mut!
Preis sei Dir, O Jesu gut,
Ich fand sie in Deinem Blut.