Röm 3,22
C.O.Rosenius
Ich sage aber von solcher Gerechtigkeit vor Gott, die da
kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen und
auf alle, die da glauben. Röm. 3, 22.
In diesen Worten wird uns eine wichtige Frage beantwortet.
Wenn gnadesuchende Menschen viel von der seligmachenden
Gerechtigkeit Gottes hören, haben sie gewöhnlich noch eine
wichtige Frage auf dem Herzen, nämlich diese: ,,Wie, wann und
wodurch werde auch ich dieser Gerechtigkeit vor Gott
teilhaftig? Die ganze Welt ist erlöst, aber darum werden
nicht alle Menschen selig. Wie soll ich wissen, daß ich der
Gerechtigkeit Gottes teilhaftig bin?" - Hier hast du die
Antwort. Es ist dieselbe, die in der ganzen Schrift
enthalten ist. Hier steht: ,,Die Gerechtigkeit vor Gott
kommt durch den Glauben an Jesus Christus." Das ist ein
gewisser Glaube an Jesus Christus, der darum auch im
Grundtext der Glaube Jesu Christi genannt wird. Und die
Gerechtigkeit Gottes, sagt der Apostel, ,,kommt zu allen und
auf alle, die da glauben". Das ist die Antwort Gottes. Es
mag dir scheinen, und dein Gefühl mag sein, wie es
wolle, Gott sagt trotzdem überall in der Schrift:
,,Wer da glaubt", - ,,durch den Glauben", - ,,aus
dem Glauben", - ,,glaube an den Herrn Jesus" usw.
Aber dann ist noch eine andere wichtige Frage, nämlich diese:
,,Was ist der Glaube? Was wird mit dem Glauben an Jesus
Christus gemeint?" - Auf diese Frage erhältst du nirgends
eine so sichere Antwort, keine so sichere Beschreibung dieses
seligmachenden Glaubens, als wenn du jene Stellen in der
Bibel beachtest, an denen Jesus den Glauben eines Menschen
als seligmachend anerkennt. An allen jenen Stellen, von
denen Er sagt: ,,Dein Glaube hat dir geholfen" oder
ähnliches, kannst du erkennen, was der seligmachende Glaube
ist, wenn du beachtest, wie jene Menschen beschaffen waren,
die dieses Zeugnis erhielten. Du wirst bei ihnen allen stets
ein und dasselbe finden: Es war ein Sünder, der mit allem,
was er nach dem Gesetz versucht hatte, nicht gerecht werden
und Frieden finden konnte, sondern im Gegenteil immer
unglücklicher und ratloser geworden war, jetzt aber das
Evangelium von Christus gehört und deshalb zu Ihm gekommen
und unverdiente Gnade gesucht hatte. Das Gesetz und der
Propheten Zeugnisse von Christus waren dem Volke bekannt;
später kam auch Johannes der Täufer und wies auf das Lamm
Gottes hin; schließlich traten Christus und Seine Apostel mit
der Predigt des Evangeliums auf. Dies aber wurde von allen
denjenigen, die ihren Trost in ihrer eignen Gerechtigkeit
hatten, für ein Nichts geachtet. Nur entblößte und ratlose
Sünder wurden durch den lieblichen Geruch zu Christus
hingezogen; und jetzt ging es so, wie Johannes sagt: ,,Wie
viele Ihn aufnahmen, denen gab Er Macht, Gottes Kinder zu
werden, die an Seinen Namen glauben." Durch solchen Glauben
wurden sie nun neue Menschen und damit dem Herzen, der
Gesinnung und allen Kräften nach ganz umgewandelt, ,,von Gott
geboren", so daß sie ihr ganzes Leben lang Christus anhingen
und Seine Nachfolger waren.
Solches siehst du in der ganzen Schrift. Daraus weißt du,
was der seligmachende Glaube ist, nämlich nicht ein bloßes
Wissen von Gott, von Christus und dem Evangelium, auch nicht,
daß du dasselbe nur für wahr hältst und davon redest, sondern
daß du in deiner eigenen Sündennot - und niedergeschlagen
über alle deine Besserungsversuche, deine tägliche Reue,
dein Gebet, deine Gottesfurcht usw. - von dem Evangelium von
Christus und der Gerechtigkeit Gottes in Ihm so eingenommen
worden bist, daß du dich ohne dieselbe nicht zu bergen weißt.
Jetzt hast du ein solches Herz, das nach dieser Gnade hungert
und dürstet, so daß, wenn du sie wirklich glauben und dir
aneignen kannst, du dann einen herzlichen Trost, eine
herzliche Freude und Lust an Gottes Gesetz erhältst, einen
vertraulichen Kindschaftsgeist, der ruft: ,,Abba, lieber
Vater!"
Sieh, mit einem solchen Herzen bist du ein ganz anderer
Mensch als alle Ungläubigen. Das ist der seligmachende
Glaube. Und obschon du jetzt Lust an Gottes Gesetz hast und
alle Sünde dir eine Plage ist, so daß du gern in allen Dingen
heilig sein wolltest, kann es dir doch noch so ergehen, daß
du zuweilen ,,vor Unruhe deines Herzens heulst" und nahe am
Verzweifeln bist und dich zuweilen ganz kalt und tot fühlst.
Bei all diesen Wechseln bist du aber doch immer in Christus
gerecht, in der Gerechtigkeit Gottes, nur durch den Glauben
an Christus.
Unsere Gerechtigkeit in Ihm wird darum hier eine
Gerechtigkeit durch den Glauben an Jesus Christus und nach
Kap. 4, 13 die ,,Gerechtigkeit des Glaubens" genannt. Sie
wird nie die Gerechtigkeit einer anderen Gnadengabe genannt,
wie z. B. die Gerechtigkeit der Buße, der Demut oder der
Liebe. Damit ist zu erkennen gegeben, daß sie nicht in
einigen Geistesfrüchten besteht, sondern daß sie die eigene
Gerechtigkeit des Sohnes ist, die wir nur durch den Glauben
annehmen. Sie besteht nicht in dem Glauben selbst; weil wir
sie aber durch den Glauben annehmen, wird sie ,,die
Gerechtigkeit des Glaubens" genannt.
Daß Jesus gekommen
Und starb für mich,
Daß Er hat genommen
Den Fluch auf sich,
Das ist und bleibt die Gerechtigkeit,
Damit ich besteh in Ewigkeit.
Zur Gnade eilen,
Der Gnade trau'n,
In Gnade weilen,
Auf Gnade bau'n,
Das ist allein meine Seligkeit
In aller Not, aller Traurigkeit.