Apg 28,31
A.Christlieb
Treu bis zuletzt.
Apostelgeschichte 28, 31.
Unsere Verse enthalten die letzte Schilderung der Tätigkeit
Pauli. Dreierlei tritt uns darin entgegen:
I.
D e r a l t e P a u l u s s t e h t i m m e r n o c h
f r e u d i g i m D i e n s t . ,,Er lehrte mit aller
Freudigkeit".
Man sagt oft vom Alter, daß es die Leute verdrießlich und
mürrisch macht. Recht oft ist dies auch der Fall. Paulus
hätte, menschlich gesprochen, manche Ursache gehabt, die
Freudigkeit zu verlieren. Die lange, ungerechte
Gefangenschaft, die Abwendung seiner Volksgenossen vom
Evangelium auch hier in Rom (Vers 25 - 29), der Versuch, ihm
auch während dieser Gefangenschaft ,,Trübsal zuzuwenden"
(Philipper 1, 16).
Ja, Paulus hätte verbittert werden können im Blick auf das,
was sich um ihn her ereignete. Aber auch der Blick über sein
weites Arbeitsfeld hätte ihn verstimmen können. Schaute er
nach Korinth, so gab es dort viel Uneinigkeit. Blickte er
nach Galatien, so sah er viele sich wieder den Irrlehrern
zuwenden. Richtete er den Blick nach Philippi, so waren dort
manche Namenchristen, die ,,Feinde des Kreuzes Christi"
waren, und den Bauch zu ihrem Gott machten. Blickte er auf
die kaiserliche Regierung, so war keine Aussicht vorhanden,
daß von dort dem Christenhäuflein Schutz gewährt würde.
Dennoch sehen wir, daß Paulus am Ende seiner Laufbahn nicht
trübselig ins Dunkle starrte, sondern in derselben
Freudigkeit dastand wie einst als junger Zeuge in Damaskus.
O, wie köstlich ist ein alter Mann mit jugendlicher
Freudigkeit im Herzen!
Wie ist diese Haltung von Paulus zu erklären? ,,Christus
in ihm" war seine ewige Freudenquelle. Möchten alle
Gotteskinder sie in sich haben!
II.
Weiter sehen wir: D e r a l t e P a u l u s t u t i m m e r
n o c h f r u c h t b a r e n D i e n s t . Er predigt noch
das Reich Gottes und zeugt von dem Herrn Jesus. Er ist immer
noch ein ,,Seelengewinner", denn ,,etliche fielen dem zu, was
er sagte" (Vers 24). Er darf noch Briefe schreiben und einem
Onesimus zurechthelfen.
Wie traurig ist es, wenn Menschen, die einst viele Frucht
brachten, durch irgendeine Ursache aus dem Geleise kamen und
unfruchtbar wurden. Wie köstlich aber, wenn einer dem Baum
am Wasser gleicht, der ohne Aufhören Frucht bringt (Jeremia
17, 8).
Manche werden im Alter unfruchtbar dadurch, daß sie ausruhen
auf dem, was sie früher geleistet haben. Davon erzählen sie
nun allenthalben. Paulus hätte zu solchem Ausruhen eher
Recht gehabt. Wie hätte er sich in dem Riesenwerk seiner
Missionsreise bespiegeln können! Stattdessen - schafft er
weiter! So lange Gott ihm Stimme und Kraft ließ, bezeugte er
den Heiland, der ihn errettet hatte.
Ihr Freunde, die ihr einst nach eurer Errettung andern den
Heiland bringen konntet, wie steht es heute mit eurer
Fruchtbarkeit? Wer hat euch den Mund verstopft? - Der
Teufel? Ist etwa die Zeit vorbei, wo man für den Heiland und
sein Reich wirken soll? Nein, die Welt braucht den
lebendigen Heiland nötiger denn je, der ihr durch seine
Zeugen gebracht werden soll. O, laßt uns flehen, daß wir
nicht unfruchtbar werden, sondern so lange der Herr uns hier
läßt, für ihn wirken dürfen.
III.
Zuletzt laßt uns beachten: D e r a l t e P a u l u s i s t
n o c h f r o m m. Das klingt, als sei das selbstverständlich.
Aber Hiobs Geschichte zeigt, daß das Fromm b l e i b e n
keine selbstverständliche Sache ist!
Ständig war Paulus angekettet und begleitet von einem
römischen Söldner. Wie mancher Rohling mag unter diesen
gewesen sein! Wieviel Sünde und Schande umgab ihn in der
lasterhaften Welthauptstadt! Wie leicht konnten ihm Asaphs
Anfechtungen (siehe Psalm 73) kommen, wenn er die Paläste der
römischen Großen ansah, und dann die Ketten am eigenen Arm
klirren hörte. Konnten ihm nicht trübe Gedanken kommen wie
einst Johannes dem Täufer im Gefängnis, wenn Monat auf Monat
verstrich, ohne daß ihm die Freiheit zuteil wurde? Schien es
nicht, als ob Gott ihm das Ganzopfer seines Lebens schlecht
lohne?
Dennoch hängt Paulus unverrückt dem Herrn an. Dennoch blieb
er ein Beter im Geist ohne Unterlaß.
O, laßt uns Gnade suchen bei dem, der Paulus hindurchgetragen
und bewahrt hat, daß er auch uns möchte freudig, fruchtbar
und fromm bewahren bis an unser Ende. Amen.