Apg 27,1
A.Christlieb
Drei Erquickungen Pauli auf der Reise nach Rom.
Apostelgeschichte 27, 1 - 26.
Neben dem vielen Schweren, was Paulus auf der Seereise nach
Rom auszuhalten hatte (Gesellschaft von Verbrechern, rohen
Soldaten, selbstsüchtigen Matrosen, Mißachtung seines guten
Rates, furchtbare Sturmes- und Lebensnot) hat Gott seinem
treuen Knecht auch drei liebliche Erquickungen zuteil werden
lassen.
I.
Zuerst gibt er ihm G e m e i n s c h a f t . ,,Es war mit
uns Aristarchus aus Mazedonien". Aus dem Wörtlein ,,mit uns"
schließen die meisten Ausleger, daß der Verfasser der
Apostelgeschichte, Lukas, den Apostel begleitete. Ferner war
ein schon früher mehrfach erwähnter Christ, Aristarchus, bei
ihm. Wie wertvoll ist gerade in weltlicher oder gar
gottloser Umgebung die Gemeinschaft mit einem
Glaubensgenossen! Da kann man mitten unter dem Fluchen und
bei dem seichten Weltgeschwätz miteinander von dem Reich
unseres Gottes, von der künftigen Christenhoffnung, von den
früheren Erfahrungen der Treue Gottes reden, sich in der
Geduld bestärken und vor Lauheit bewahren.
Führt Gott uns einmal einen besonders schweren Weg, so laßt
uns getrost bitten, er möge uns brüderliche Gemeinschaft
bescheren.
II.
Eine zweite Erquickung auf dieser Reise war die freundliche
Stellung des Hauptmanns: ,,Und Julius hielt sich freundlich
gegen Paulus, erlaubte ihm, zu seinen guten Freunden zu gehen
und sich zu pflegen" (Vers 3).
Die Anerkennung vor der Welt wird von den Knechten Gottes
nicht gesucht. Aber es tut Gotteskindern doch wohl, wenn
sie sehen, wie ein gerecht denkendes Glied der Obrigkeit sie
seine geheime Achtung und Anerkennung fühlen läßt. Es mag
sein, daß die letzten Äußerungen von Festus und Agrippa:
,,Dieser Mensch hat nichts getan, was des Todes oder der
Bande wert sei; er hätte losgegeben werden können, wenn er
sich nicht auf den Kaiser berufen hätte" - dem Unterhauptmann
bekannt waren, so daß er verstand, einen Unterschied zwischen
den gewöhnlichen Gefangenen und dem unschuldigen Paulus zu
machen. Jedenfalls war es für den Paulus bei allem Schweren,
was er zu tragen hatte, eine große Erleichterung, daß Gott
ihm die Gunst des kommandierenden Offiziers zuwandte.
Die wahren Christen, welche auch das Gebet für den König und
alle Obrigkeit nicht vergessen, dürfen in ihrem Leben je und
dann erfahren, daß der Gott, der einst dem Joseph die Huld
Potiphars und des Amtmanns zuneigte (1. Mose 39, 21), und
der dem Daniel gab, daß der oberste Kämmerer ihm günstig und
gnädig war, heute noch lebt, und die Herzen der Hauptleute
lenken kann wie Wasserbäche, besonders, wenn dadurch - wie
hier - Gewinn für das Reich Gottes erzielt werden kann.
III.
Die dritte und wichtigste Erquickung kam nicht von Menschen,
weder von Aristarchus, noch von Julius, sondern vom Herrn
selbst. Mitten in der schrecklichsten Sturmesnot, wo alles
am Leben verzagt war, stand in dunkler Nacht der Engel Gottes
bei Paulus und sprach: ,,Fürchte dich nicht, Paulus, du mußt
vor den Kaiser gestellt werden; und siehe, Gott hat dir
geschenkt alle, die sich mit dir auf dem Schiff befinden"
(27, 24).
Was sind menschliche Erquickungen gegen die Nähe eines
Engels! In der tiefsten Not kommt die köstlichste Labung.
Der Gott, der dem Elias unter dem Wacholder eine Speise gab,
sandte dem Paulus ein Engelswort, das ihm jede Angst nahm und
ihn nicht nur seine eigene Erhaltung, sondern auch die
Rettung aller Reisegefährten ankündigte. Wie freundlich ist
der Herr! Wie labt er die Seinen zur rechten Zeit mit
Himmelserquickungen. Wie sind doch die Pilger nach der
ewigen Heimat trotz aller schweren Wege tausendmal
glücklicher und besser gestellt als die Welt in ihrer
Herrlichkeit. Gott lasse uns mit dem Psalmisten sprechen:
,,Ich hatte viel Bekümmernisse in meinem Herzen; a b e r
d e i n e T r ö s t u n g e n e r g ö t z t e n m e i n e
S e e l e " (Psalm 94, 19), und mit Paulus: ,,Gleichwie
wir des Leidens Christi viel haben, also werden wir auch
reichlich getröstet durch Christum" (2. Korinther 1, 5).