Apg 21,38
A.Christlieb
Der von dem Kommandanten der römischen Besatzung erwähnte
Aufruhr.
Apostelgeschichte 21, 38.
In einer Zeit, wo in manchen Ländern Aufruhrversuche gemacht
und auch Jünger Jesu bisweilen in dieselben hineingezogen
und verwickelt werden, ist es lehrreich, einen Aufruhr aus
vergangener Zeit anzuschauen. Der Kommandant der Besatzung
erwähnt einen solchen, der in jener Zeit stattgefunden hatte.
Wir wollen aus den wenigen Angaben die Geschichte desselben
festzustellen suchen und seinen Führer, seine Anhänger und
seinen Ausgang betrachten.
1. Der Führer des Aufruhrs.
Bei dem Führer fällt uns zuerst auf, daß er ein Ausländer
war. (,,Bist du nicht der Ägypter?") Es war ja ein Aufstand
des israelitischen Volkes, von dem hier die Rede ist. Wenn
irgendein Volk nationalstolz war, so war es dieses. Umso
mehr wundert es uns, daß man in diesem Volk einem Mann
folgte, der gar nicht zu ihrer Nation gehörte. Wenn eine
Erhebung im Volksleben stattfindet, die von einem Ausländer
geleitet wird, so laßt uns doppelt vorsichtig sein!
Wir erfahren ferner, daß dieser Anführer sich der Strafe
durch rechtzeitige Flucht entzog; denn die Behörde suchte ja,
wie die Frage des Hauptmanns beweist, eifrig nach ihm, man
hat also seiner bisher nicht habhaft werden können. Die
Nachrichten, die wir von außerbiblischen Schriftstellern
haben, bestätigen, daß viele in jenem Aufruhr ums Leben
kamen, der ägyptische Anführer aber rechtzeitig sein eigenes
Leben zu sichern verstand. Auch heute verstehen es manche
Führer von politischen Aufruhrbestrebungen meisterhaft,
andere für sich bluten zu lassen, ihr eigenes Leben aber
in Sicherheit zu bringen. Bei solchen ist besondere
Zurückhaltung angebracht. (Johannes 10, 12. 15 b).
2. Die Anhänger des Aufruhrs.
Laßt uns zunächst auf die Zahl der Anhänger achten!
Viertausend Männer traten in die Gefolgschaft jenes
Aufwieglers. Diese Zahl beweist uns, daß auch falsche
Volkserhebungen großen Umfang annehmen können. Tausende
lassen sich oft mitreißen, sobald ihnen eine Verbesserung
ihrer äußeren Lage in Aussicht gestellt wird. Wir wollen uns
doch nie durch große Zahlen allzusehr beeindrucken lassen.
Mag eine Bewegung auch Tausende von Anhängern zählen (heute
würde man schon von Millionen sprechen), so ist dies allein
noch kein Beweis für ihre Richtigkeit.
Ferner laßt uns auf die Bezeichnung dieser Anhänger achten.
Sie werden ,,Meuchelmörder" (wörtlich ,,Dolchträger")
genannt. Aus dieser Bezeichnung merken wir schon, mit
welchen Kampfesmitteln sie ihr Ziel zu erreichen suchten.
Das Waffentragen war damals verboten. Dieses Gesetz umgingen
sie. Für einen Jünger Jesu geziemt es sich aber, bestehende
Gesetzesordnungen zu achten und nicht umzustoßen, es sei
denn, daß dieselben einem klaren Wort Gottes zuwiderlaufen
(wie Kap. 5, 28. 29 oder Daniel 3, 5 - 18). Prüfen wir
doch, ehe wir uns einer Volksbewegung anschließen, ob ihre
Kampfesart im Licht des Wortes Gottes gebilligt werden kann
(Römer 13, 5; Sprüche 24, 21. 22).
3. Der Ausgang des Aufruhrs.
Der von jenem Ägypter geleitete Versuch, die Macht der
römischen Obrigkeit zu brechen, mißlang vollständig. Unsere
Textgeschichte, in der ein römischer Befehlshaber als Inhaber
der polizeilichen Gewalt handelt, beweist, daß die Römer die
Macht nach wie vor fest in Händen behalten hatten. Auch die
Nachrichten außerbiblischer Schriftsteller bestätigen dies.
Der römische Machthaber ließ eine große Zahl von Anhängern
jenes Ägypters hinrichten; die übrigen entflohen.
Welch eine Enttäuschung muß doch der Ausgang dieser Erhebung
denen bereitet haben, die jenem Ägypter mit Begeisterung
gefolgt waren! Wenn wir das, was nach weltlichen Berichten
von jenem Aufwiegler verheißen worden war, mit dem wirklichen
Ausgang des Unternehmens vergleichen (er versprach ,,Heil und
Ausruhen von allen Leiden für die, welche ihm in die Wüste
folgen würden", nach Josephus), so kann uns dies zur Vorsicht
mahnen gegenüber solchen Umsturzversuchen. Umso mehr wollen
wir uns dem Führer anvertrauen, dessen Pläne nie mißlingen
können, dessen Herrschaft für und für bleibt. Bei ihm werden
wir niemals enttäuscht werden.