Apostelgeschichte

Apg 19,31 A.Christlieb Das Wohlwollen der ,,Obersten in Asien" gegen Paulus. Apostelgeschichte 19, 31.

Gottes Kinder sind meist nicht gewohnt, unter den Hohen dieser Welt gute Freunde zu haben. Sie erleben es viel häufiger, daß sie von derartigen Personen geringschätzig behandelt und verächtlich angesehen werden. Um so auffallender ist die außerordentlich freundliche Stellung, welche hier einige der höchsten Persönlichkeiten der Stadt zu Paulus einnehmen.

In dem Wohlwollen dieser sogenannten ,,Asiarchen" dürfen wir ein treffliches Zeugnis für die Person und Arbeit des Paulus erkennen. Diese hochgestellten Männer müssen aus allem, was sie über Paulus zu hören und von ihm zu sehen bekamen, einen günstigen Eindruck gewonnen haben. Nur so konnten sie derart für ihn eingenommen werden und solches Interesse für die Erhaltung seines Lebens bekunden. Wenn ein Christ mit Takt und Weisheit, mit selbstloser Liebe und Treue seine Arbeit treibt, so wird er Vertrauen auch bei der Obrigkeit erlangen können. Lautere und echte Christen wurden meist von den Obersten des Landes geschätzt (Markus 6, 20).

Jene Würdenträger hatten aber noch einen besonderen Grund, für Paulus einzutreten. Eine aufmerksame Beobachtung und gerechte Beurteilung des Paulus mußte sie erkennen lassen: Paulus stärkt das Ansehen und unterstützt die Arbeit der Obrigkeit. Er lehrt die Leute, derselben untertan zu sein um des Herrn willen (Römer 13, 1 - 7). Sein Einfluß ist gut. Er bekämpft das Schlechte und befördert das Gute, besonders die Nächstenliebe. Der Wohlstand des ganzen Gemeinwesens hebt sich durch die Verbreitung des wahren Christentums.

Machthaber, welche die gläubigen Christen nicht schätzen, sondern gar bekämpfen, schneiden sich in ihr eigenes Fleisch und werden früher oder später die Folgen solchen Verhaltens zu schmecken bekommen. Dagegen wird jede Regierung, welche Gottes Kinder deckt und fördert, selbst den Segen und Gewinn davon haben. Wohl allen Obersten im Lande, die sich zu wahren Gottesknechten freundlich stellen! (Psalm 101.)

Allgemeine Verwirrung.

Dem Unternehmen des Demetrius ging es ähnlich wie dem Turmbau zu Babel (1. Mose 11, 1 - 9). Es endet in Verwirrung. Ist nicht das wilde Durcheinander von Stimmen in unserem Text ein Abbild von dem Durcheinander unserer Welt? Schreien nicht da auch ,,etliche so, etliche etwas anderes"? Geht es nicht in den verschiedensten Gebieten der Politik, des Wirtschaftslebens, ja, auch bei mancher äußeren Baugerüstarbeit im Reich Gottes oft ähnlich zu? Wo Seelen sich nicht von Christi Geist regieren lassen und unter Gott stehen, kommt derartiges oft vor. In dieser Verwirrung wußten nun die meisten gar nicht, worum es sich eigentlich hier handele. Diese Unklarheit der Menge kann uns eine doppelte Lehre geben.

1. Sie mahnt uns zur Vorsicht bei der Beteiligung an öffentlichen Versammlungen, deren Ziel wir nicht genau kennen. - Hier haben viele Leute ohne ihr Wissen eine gute Sache bekämpft und eine schlechte gefördert. Hätte man sie gefragt, ob sie denn wirklich die gesegnete Arbeit des Paulus unterdrücken und dem geldgierigen Demetrius behilflich sein wollten, so würden viele dies sicherlich verneint haben. Aber durch ihr Kommen und Mitlaufen stärkten sie die Protestversammlungen gegen Paulus und mehrten die gegen seine Arbeit gerichtete Unruhe (2. Samuel 15, 11).

2. Sodann laßt uns vorsichtig sein im Urteil über die irregeleiteten Volksmassen! Nicht alle Mitbeteiligten an diesem Aufruhr waren im innersten Herzen Feinde des Evangeliums. Der größte Teil bestand aus unklaren Mitläufern. Diese dürfen wir nicht den bewußten Feinden Christi gleichstellen. Wir würden ihnen unrecht tun. Laßt uns also Vorsicht im Beteiligen und im Urteil über den Beteiligten üben! (Matthäus 7, 1 - 3; Lukas 23, 34).