Apostelgeschichte

Apg 19,18 A.Christlieb Öffentliche Sündenbekenntnisse. Apostelgeschichte 19, 18.

Unter den einzelnen Bildern, die uns der Geist Gottes aus der großen Erweckungsbewegung in Ephesus aufbewahrt hat, befindet sich auch dieses ergreifende Bild öffentlicher Sündenbekenntnisse. Viele unter den Gläubigen ,,bekannten und verkündigten, was sie getrieben hatten". Wir treten im Geist in diese Zeugnisversammlung hinein. Wir beobachten und lauschen, was es zu sehen und zu hören gibt.

1. D i e R e d e n d e n sind ,,viele aus den Gläubigen".

Es hat je und dann unnnüchterne Menschen gegeben, welche aus dem öffentlichen Bekenntnis vergangener Sünden ein Gesetz machen wollten, das sie heilsverlangenden Seelen auferlegten. Wer solches tut, darf sich niemals auf diese Stelle berufen. Hier reden nicht etwa Menschen, welche durch das Bekenntnis ihr Gewissen entlasten und zum Glauben oder irgendeinem Segen gelangen wollen. Hier reden Menschen, welche ihr Gewissen entlastet haben und gläubig geworden sind. Sie bekennen also nicht aus Gewissensnot, sondern aus freudigem Zeugendrang und Bekennermut. An dieser köstlichen Gnaden- und Geisteswirkung unseres Gottes wollen wir uns laben und erquicken, aber nicht dasselbe in ein drückendes Gebot verwandeln, wodurch unsere Freudigkeit gelähmt werden würde (Galater 5, 18; Epheser 2, 3; 1. Timotheus 1, 13).

2. Nun laßt uns hören, w a s dort g e r e d e t w i r d . Wie gern redet der natürliche Mensch von dem, was a n d e r e getrieben haben. Darüber kann man oft stundenlange Gespräche, auch öffentliche Reden hören. Die Welt wird eben von einem Verkläger beherrscht, der seine Lust daran hat, auf die Sünden anderer hinzuweisen. Nun aber treten wir in eine Versammlung, wo nicht Satan, sondern der Geist Gottes die Redenden erfüllt.

Wie ganz anders lauten hier die Worte! Nicht beißende gehässige Reden gegen die Fehler der anderen vernimmt man hier. Die Redner sprechen von ihren eigenen Sünden. Sie beschuldigen sich selbst. Sie bekennen ihre dunkle Vergangenheit. Welche Berge von Schuld, welche dunklen Fluten von Sünde liegen in den Worten ,,was sie getrieben hatten" umschlossen, besonders wenn wir an die in Ephesus herrschende Zauberei (Vers 19), oder an den von Paulus selbst erwähnten früheren Wandel der Epheser ,,in den Lüsten des Fleisches" (Epheser 2, 2 und 3) denken (wozu die wüsten Dianafeste in dieser Stadt sehr viel Anlaß und Versuchung boten). Es mag erschütternd gewirkt haben, was man hier zu hören bekam.

Dieses offene Bekenntnis beweist die Demut der Redenden und die Echtheit des Glaubensfeuers, das hier in Ephesus brannte (Epheser 5, 8).

3. Weshalb aber traten sie mit diesen Bekenntnissen so öffentlich hervor? Weshalb erzählten sie dieselben nicht lieber im kleinsten Kreis naher Freunde und gläubiger Christen? (Sie ,,bekannten u n d v e r k ü n d i g t e n".)

Wäre dieses öffentliche Heraustreten mit solchen Bekenntnissen ein eigenes sich Hervordrängen in fleischlicher Kühnheit gewesen. oder wäre es durch menschliches Treiben und Drängen veranlaßt worden, dann müßte man es sicherlich als falsch verurteilen. Nun aber gewinnt man aus unserem Text den klaren Eindruck: Hier hat Gott sich Zeugen erweckt. so wie sie für jene Zeit und jenen Ort nötig waren. Diese Bekenntnisse werden für manche Seelen in Ephesus viel nützlicher und erwecklicher gewesen sein, als viele Belehrungen und Predigten.

Wie fesselnd muß die Wirkung für einen in Sünden gebundenen Zuhörer gewesen sein, wenn er hier Leute sah und hörte, die in seinen Ketten auch einst gelebt und nun Befreiung in Jesus erfahren hatten und die Freude der Gotteskindschaft auf dem Antlitz trugen. Das konnte ihm einen Stachel mit Widerhaken ins Herz hineinwerfen und zur Nachfolge ermutigen wie kaum etwas anderes.

Danken wir Gott auch für solche Werbemittel, wenn sie aus Demut fließen und von oben gewirkt sind (Apostelgeschichte 26, 9 - 11; Nehemia 9, 1 - 3).