Apg 18,20
A.Christlieb
Paulus wird in Ephesus um längeres Bleiben gebeten.
Apostelgeschichte 18, 18 - 21.
Während Paulus an vielen Orten in den Synagogen mit den
abscheulichsten Verwünschungen überhäuft wurde, bat man
ihn in der Synagoge zu Ephesus, er möge doch noch länger
dableiben. Wie wohltuend muß dem Apostel diese Bitte gerade
in der Synagoge gewesen sein!
1. Die Veranlassung dieser Bitte.
Paulus hatte trotz aller bösen Erfahrungen, die er immer
wieder in den Synagogen gemacht hatte, auch trotz der üblen
Behandlung an seinem letzten Wirkungsort Korinth (Vers 4
- 6) dennoch sich in Ephesus gleich wieder in dieses
gottesdienstliche Haus seines Volkes begeben und dort
geredet. Alle früheren und die zuletzt neu hinzugekommenen
Kränkungen hatten ihn nicht aus der Liebe herausbringen
können. Seine Geduld war wohl auf harte Proben gestellt
worden. Aber er hatte in diesen Proben durchgehalten.
Mancher wäre an seiner Stelle nicht mehr in die Synagoge
gegangen. Aber Paulus ließ sich nicht erbittern, sondern
hoffte und liebte weiter. Solche Liebe gewinnt die schönsten
Siege im Reich Gottes. Durch sie kam es zu dieser Bitte in
Ephesus. Vielleicht bringen wir uns um manche köstliche
Erfahrung und manchen lieblichen Sieg durch unsere Ungeduld
und unseren Mangel an Liebe, weil wir uns nach erfahrenen
Kränkungen so schnell zurückziehen. Wollen wir liebliche
Erfahrungen machen, so laßt uns von der ausdauernden Liebe
des Paulus etwas lernen. Die stammt aus Jesu Liebe.
2. Die Bedeutung dieser Bitte.
Es ist für die Freunde des Reiches Gottes wichtig, daß sie
die Kennzeichen einer herannahenden göttlichen Erweckungs-
und Gnadenzeit nach der Schrift erkennen und solche Zeit
benutzen lernen. Ephesus stand vor einer (in Kap. 19
beschriebenen) großen Erweckung. Wo zeigt sich die erste
Spur dieser anbrechenden Zeit? Wir sehen sie in der hier
ausgesprochenen Bitte (,,sie baten ihn, daß er längere Zeit
bei ihnen bliebe"), die uns ein wenig in die Herzen jener
Zuhörer hineinblicken läßt. In dem starken Verlangen nach
der lauteren Speise des göttlichen Wortes merken wir zuerst
das gute Ackerland für den Samen des Evangeliums.
Paulus wird in der Bitte jener Epheser einen göttlichen
Hinweis zur Missionsarbeit in dieser Stadt erkannt haben.
Wenn er auch sein klar erkanntes Ziel der Heimreise nicht
aufgeben konnte und durfte, so war ihm doch für die Zukunft
ein Arbeitsfeld gezeigt worden, dem er möglichst bald
zustrebte.
3. Die Beantwortung dieser Bitte.
In der Beantwortung dieser Bitte verband Paulus Festigkeit,
Freundlichkeit und Vorsicht. Fest und bestimmt lehnte er
für jetzt ab (,,er willigte nicht ein"). Freundlich und
bereitwillig versprach er dem Wunsch für die Zukunft
entgegenzukommen (,,ich will wieder zu euch kommen").
Vorsichtig fügt er die wichtige Bedingung hinzu, die wir bei
keinem Zukunftsplan vergessen dürfen: ,,So der Herr will".
Wie oft mangelt uns die eine oder andere dieser Eigenschaften
bei den Entscheidungen, die wir zu treffen haben.