Apostelgeschichte

Apg 18,13 A.Christlieb Der Gang der Gerichtsverhandlung. Apostelgeschichte 18, 13 - 16.

1. Die Anklage.

Wir verfolgen nun den Gang der gegen Paulus eingeleiteten gerichtlichen Verhandlung. Die Anklage lautet auf gesetzwidrigen Gottesdienst. Die Juden besaßen nämlich in Korinth, wie auch an vielen anderen Orten, staatliche Erlaubnis für ihre besondere Religionsübung. Nun sagen sie zu dem neuen Landvogt gleichsam: ,,Paulus unterscheidet sich von uns. Ihm darf deshalb die staatliche Duldung, die wir genießen, nicht zuerkannt werden. Er hat keinerlei Recht auf obrigkeitlichen Schutz mit seiner Einführung einer fremden Lehre." Der Landvogt sollte aus diesen Worten den Schluß ziehen, daß er die weitere Lehrtätigkeit des Paulus in dieser Stadt verbieten müsse (Psalm 11, 2). Sie wollten also mit obrigkeitlicher Gewalt die Arbeit des Paulus unterdrücken.

Dabei mußten sie, ohne es zu wollen, dem Apostel ein herrliches Lob spenden. In ihren Worten: ,,Dieser überredet die Leute, Gott zu dienen", lag eine unfreiwillige Anerkennung für Paulus. Sein ganzes Sehnen und Trachten ging dahin, alle Menschen, die bisher im Dienst der Welt und der Sünde standen, dahin zu bringen, daß sie Gott dienten (Kap. 26, 28. 29). Wollte Gott, daß auch gegen uns alle diese Beschwerde erhoben werden könnte: ,,Dieser überredet die Leute, Gott zu dienen" (2. Timotheus 4, 2).

2. Die wegfallende Verteidigung.

Paulus wollte nun zu seiner Verantwortung reden. Er hätte viel Material gehabt, dies zu tun. Er konnte klar beweisen, daß seine Wirksamkeit nicht im Gegensatz zum mosaischen Gesetz stehe. Er predigte ja überall in den Synagogen aus der Schrift, d. h. aus dem Gesetz und den Propheten, wie Christus der in diesem Buch verheißene Erlöser sei (Kap. 13, 33 - 41; 17, 2. 3). Kern und Stern seiner Predigt, das Ziel aller seiner Arbeit deckte sich ja völlig mit dem Ziel des Alten Testaments, das auf Christus hinauslief. Paulus hätte auch in zarter Andeutung die berechtigte Gegenfrage aufwerfen können, ob nicht das Leben und die Handlungsweise seiner Ankläger viel eher im Gegensatz zum Gesetz stehe, das eine Herzensliebe zu Gott und zum Nächsten forderte (Micha 6, 8). Aber jede Verteidigung erwies sich als überflüssig. Paulus brauchte keine Silbe zu reden. Er durfte gleichsam nur zusehen, wie das Herz des Landvogts zum Schutz des Evangeliums gelenkt wurde.

Wir sehen hier: Gott braucht unsere Mithilfe nicht, wenn er sein Werk schützen und erhalten will. Er kann ohne unser Bemühen die rechten Entscheidungen herbeiführen. Nicht der Beredsamkeit eines Apostels konnte der Ausgang der Verhandlung zugeschrieben werden, sondern allein dem, der gesagt hatte: ,,Niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden".

Durch das Wegfallen menschlicher Verteidigung wird Gottes Treue und schirmende Hand nur noch herrlicher (Psalm 18, 28.)

3. Das Urteil

bestand in völliger Abweisung der Kläger. Gallion lehnte jede Untersuchung dieser religiösen Fragen ab. Er wollte nur solche Handlungen bestrafen, die ein Verstoß gegen das römische Gesetz waren. Religiöse Lehrstreitigkeiten gehörten nicht dazu.

Dieser Bescheid des obersten Richters bedeutete für die Arbeit des Paulus eine nicht geringe Stärkung, denn nun wußten alle Einwohner, daß man der Arbeit des Apostels nichts in den Weg legen durfte. Die Verhandlungen, welche zum Schaden des Paulus herbeigeführt waren, mußten ihm zum Nutzen gereichen. Die, welche Schande und Spott auf ihn bringen wollten, wurden selbst davon getroffen.

Es gibt nichts Törichteres als eine Unternehmung gegen Menschen, die unter göttlichem Schutz stehen (Jesaja 8, 10; Psalm 18, 2 - 4; 46, 5 - 6).