Apg 18,9
A.Christlieb
Wie Gott seinen Knecht Paulus in Korinth auf Siegesboden
stellte.
Apostelgeschichte 18, 9. 10.
I.
Die Siegesmacht.
Das Leben des Paulus zeigt uns je und dann besondere
Erquickungsstationen, wo Gott seinen Knecht mitten in dem
vielen Leid, das er zu dulden hatte (Apostelgeschichte 9,
16), neu stärkte (Kap. 23, 11; 27, 23). Eine solche
Erquickungsstation war auch das Nachtgesicht in Korinth.
Hier sehen wir, wie Gott den Apostel in den ihn umringenden
Anfeindungen (Vers 6) und Schwierigkeiten auf Siegesboden
stellte.
Er verlieh ihm zuerst eine Siegesmacht. Sie bestand in den
Worten: ,,Ich bin mit dir, und niemand soll sich unterstehen,
dir zu schaden".
Das Wort: ,,Ich bin mit dir", hat je und dann den Knechten
Gottes eine entscheidende Macht verliehen. Als Mose vor
den König Pharao treten sollte, um eine höchst unangenehme
Forderung an ihn zu richten, gab ihm das Wort: ,,Ich will mit
dir sein", die Kraft zur Ausrichtung dieser Aufgabe (2. Mose
3, 12 und 4, 12). Als Gideon mit seinen dreihundert Mann
gegen die unzählbare midianitische Armee kämpfen sollte, da
war es wiederum dasselbe Wort, das ihn auf Siegesboden
stellte. (,,Ich will mit dir sein, daß du die Midianiter
schlagen sollst wie einen einzelnen Mann"; Richter 6, 16).
Das Wörtlein: ,,Ich will mit dir sein", gibt überall den
Ausschlag. Wenn der Herr mit David ist, so kann weder ein
kampfgeübter Goliath, noch ein eifersüchtiger Saul, noch
sonst ein Feind irgend etwas gegen ihn machen (Psalm 118,
6 - 9 ; Hebräer 13, 6). Wenn der Herr mit Jakob ist, so kann
weder Labans Zorn, noch Esaus Rachsucht ihm schaden (1. Mose
31, 3). Wenn der Herr zu Josua sagt: ,,Wie ich mit Mose
gewesen bin, also will ich auch mit dir sein" (Josua 1, 5;
vergleiche 11, 17), so kann kein Feind vor ihm stehen
und keine Festung ihn aufhalten. So war es auch bei
Paulus in Korinth. Gewiß waren hier die Hindernisse und
Schwierigkeiten durch seine eigene Schwachheit (1. Korinther
2, 3), durch die Sünden der dortigen Großstadt (1. Korinther
6, 9 - 11) und durch den Haß der feindlichen Juden besonders
groß (Vers 6). Aber wenn Gott mit einem Menschen ist, so
kann er auf dem schwierigsten Arbeitsfeld getrost wirken.
II.
Das Siegesmittel.
Vor vielen Jahren gingen einige Brüder des Siegerlandes im
Auftrag des Reisepredigervereins in einen damals noch ganz
toten Landstrich jenes Kreises, den sogenannten ,,Freien
Grund". Sie versuchten, eine Versammlung abzuhalten, kamen
aber wieder mit dem Bescheid: Der ,,Freie Grund" ist wie
Jericho bis an den Himmel vermauert. Die Antwort eines
alten Bruders lautete: ,,Nun, dann soll auch das Rezept von
Jericho da verschrieben werden. Wir müssen die Posaunen des
Evangeliums dort blasen." Jenes Rezept hat geholfen. Der
,,Freie Grund" wurde ein besonders gesegnetes Ackerfeld.
Das von jenem Bruder empfohlene Kampfmittel ist auch
dasjenige unseres Textes. Korinth glich einer nicht
einzunehmenden Festung. Hier halfen fleischliche Waffen
gar nichts. Hohe Beredsamkeit, glänzende Gaben, alle
Gelehrsamkeit der Welt scheitern an den Bollwerken der
Finsternis, die solche Festungen stark machen. Nur eins
hilft: In göttlichem Auftrag reden. (,,Der Herr sprach:
Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht".) Das
Wort Gottes ist der Schleuderstein für den Goliath der
Gottesfeindschaft. Dies ist das Siegesmittel, das Gott dem
Paulus in die Hand gab. (,,Er saß daselbst und lehrte sie
das Wort Gottes", Vers 11).
In unserer Zeit werden oft allerlei Mittel empfohlen, um das
Volk wieder zur Religion zurückzuführen. Wir wollen gegen
keines dieser Mittel irgend etwas sagen. Aber hervorheben
wollen wir, daß im letzten Grunde nur ein Mittel hilft,
nämlich das lebendige Wort Gottes. Nur wo ,,geweissagt"
wird, regen sich die Totengebeine (Hesekiel 37, 1 - 7;
Epheser 6, 17).
III.
Das Siegesziel.
Gott stellte Paulus ein ganz bestimmtes Siegesziel vor die
Augen. Er versicherte ihn eines gewissen Erfolges. Er sagte
ihm: ,,Ich habe ein großes Volk in dieser Stadt". Bis jetzt
hatte Paulus zu fühlen bekommen, daß Satan ein großes Volk
hier hatte (Vers 6). Nun aber bekam er die Gewißheit, daß
Jesus eine große Menge hier selbst zur Beute haben würde.
Wie muß ihn diese göttliche Zusicherung gestärkt haben! Mit
einer dreifachen Gewißheit konnte er nun seine Tätigkeit
fortsetzen. Er wußte:
1. Der Herr w i l l meine Arbeit. Sie ist keine
selbsterwählte, denn er selbst hat mir befohlen: ,,Rede
und schweige nicht."
2. Der Herr schützt meine Arbeit. Niemand darf sich
unterstehen, mir zu schaden. Alle Versuche, sie zu
hindern, sind von vornherein aussichtslos.
3. Der Herr krönt meine Arbeit. Er wird mich nicht
vergeblich hier predigen lassen. Das Wort wird nicht leer
zurückkommen.
Gott kann auch heute noch auf allerlei Weise einen müden
Arbeiter, der unter dem Druck der Feindschaft darniederliegt
und fast verzagen möchte, erquicken und ihn versichern, daß
seine Arbeit nicht vergeblich sei (Jesaja 55, 10. 11;
Johannes 15, 20).
S.Keller
Apostelgesch. 18, 9: «Fürchte dich nicht!»
Zweiundsiebzigmal sagt Gottes Wort diese Mahnung den
furchtsamen Menschenkindern! Muß das nicht von der größten
Wichtigkeit für uns sein, wenn das Wort so oft unter den
verschiedensten Umständen wiederholt wird? Oder ist das nur
beschämend für uns, daß wir so oft dieselbe Mahnung hören
müssen, ehe sie Wirkung hat? Wir fürchten uns bald vor
Menschen und Dingen, wo nichts zu fürchten ist, während
es an der rechten Gottesfurcht fehlt, die alle dergleichen
Kobolde leicht verscheuchen könnte. Bald fürchten wir uns in
falscher Weise gerade vor dem, der unsere Zuflucht in der Not
ist. Das letztere ist die bedenklichste Sache, wenn wir uns
fürchten, Gott zu begegnen. Dann ist das Gewissen dabei
beteiligt, das uns irgend eine Schuld oder Untreue vorhält.
An dieser Stelle hilft nur die Vergebung der Sünden. Bist du
aber davon überzeugt, daß die Versöhnung, die durch Jesus
geschehen ist, auch dir gilt, so daß du ein gutes Gewissen
gegen Gott hast, dann schüttle die alberne Furcht vor allem
andern ab. Dann steht dir das Recht zu mit dem größten
Zutrauen dich deinem Vater in die Arme zu werfen und
still zu warten, was er tun wird, um dir zu helfen.
Wir kommen zu dir, barmherziger Vater, und bergen uns bei
dir. Du sollst unser Schutz und unser Trost sein. Treibe
alle knechtische Furcht aus, damit wir in fröhlichem
Vertrauen zu dir aufschauen dürfen. Du bist unser Trost
allein. Amen.