Apg 16,15
A.Christlieb
4. Wie Lydias Glauben sich äußerte.
Apostelgeschichte 16, 15; (Matthäus 10, 32; 1. Petrus 5, 5
und 4, 8 - 10; Galater 5, 22).
Die erste Seele, die in Europa für Jesus gewonnen wurde,
zeigt uns drei schöne Kennzeichen ihres Glaubens, die uns
allen vorbildlich sind.
1. M u t i g bekennt sie sich als eine Jüngerin Jesu, indem
sie sich taufen läßt. Sie fürchtet sich nicht davor, daß
etwa dieser Schritt ihrem geschäftlichen Leben Nachteil
bringen könne, indem andersdenkende Heiden und Juden sich
von ihr abwendeten.
2. Mit diesem Mut verbindet sich eine gar liebliche
D e m u t , indem sie nicht Anerkennung ihres Glaubens
verlangt, sondern es bescheiden dem Urteil der Apostel
überläßt, ob dieselben sie wirklich als gläubig anerkennen.
Wo mutige Entschiedenheit sich mit demütiger Bescheidenheit
verbindet, da wird dem Namen Christi Ehre gemacht.
3. Endlich äußert sich ihr Glaube in der L i e b e , die
sich in der großen Gastfreiheit kundtut. Sie will Paulus mit
seinen Reisegefährten in ihr Haus aufnehmen und ruht nicht,
bis ihre Bitte erfüllt ist.
Mit Paulus war außer Silas und Timotheus wahrscheinlich
auch Lukas zusammen, weil dieser, der Verfasser der
Apostelgeschichte, von Troas ab sich in den Bericht
einschließt (w i r fuhren; V. 11). Die Beherbergung von
vier Männern, deren Verkündigung auf der einen Seite manche
Feindschaft nach sich ziehen, auf der anderen Seite manche
Besuche in das Haus bringen mußte, stellte an die
Gastfreundschaft nicht unbedeutende Ansprüche.
Wie beschämt Lydia darin so manche christliche Hausfrau, die
solchen Dienst aus allerlei Gründen zu vermeiden sucht.
A.Christlieb
Göttliche und ungöttliche Weise, Unterhalt, Licht und Macht
zu erlangen.
1. Göttliche und ungöttliche Weise, Unterhalt zu erlangen.
Apostelgeschichte 16, 15. 16; (1. Timotheus 6, 6 - 10).
Wenn wir die Reise Pauli nach Philippi und seinen Aufenthalt
dort betrachten, so finden wir einerseits Leute, die Besitz,
Licht und Macht auf sündliche Weise erreichen, andererseits
solche, die dies auf gottwohlgefällige Weise erlangen. Laßt
uns zuerst zweierlei Weise ansehen, den Unterhalt zu
bekommen.
Da sind zuerst Personen, die auf einem schändlichen Weg ihr
Vermögen gewinnen. Es sind die Herren der Wahrsagerin, die
mit echter Geschäftsklugheit die bedauernswerte Wahrsagergabe
ihrer Sklavin ausbeuten, um ihren Beutel zu füllen. Es
gelang ihnen, großen Gewinn zu erlangen, indem sie ihre Magd
gegen Geldentschädigung wahrsagen ließen. Ob auf dieser Art,
Geld zu bekommen, göttlicher Segen ruhte oder nicht, danach
fragten diese Herren nichts - wenn sie nur reich wurden.
Alles andere war ihnen gleichgültig.
Diesen Besitzern der Wahrsagerin gleichen Tausende in unserer
Zeit, die auf fluchbeladenem Weg ihren Unterhalt gewinnen und
sich kein Gewissen daraus machen, wie sie ihren Reichtum
erwerben (Jeremia 22, 13).
Wie ganz anders bekommen Paulus und seine Gefährten ihre
äußere Versorgung. Sie arbeiten auf Gottes Wegen und
erfahren auch im Irdischen die treusorgende Vaterhand des
Herrn. Lydia nimmt sie gastlich auf, und die philippische
Gemeinde läßt es sich nicht nehmen, für Paulus auch in
späterer Zeit zu sorgen (Philipper 4, 16). Wenn ihm auch
nicht große Geldsummen zufließen, wie jenen Herren, so hat er
doch einen unendlich größeren Genuß, weil er in allem die
Fürsorge seines himmlischen Vaters erkennen und schmecken
darf.
Gebe Gott, daß wir in der Erlangung unseres irdischen
Besitzes niemals jenen Herren, sondern Paulus und seinen
Gefährten gleichen (Lukas 16, 13).
2. Göttliche und ungöttliche Weise, Licht zu erlangen.
(Psalm 43, 3; 119, 105; Jesaja 8, 19).
Aus der Tatsache, daß die Wahrsagerin vielen Gewinn
einbrachte, können wir den Schluß ziehen, daß viele Menschen
sie benutzten. Viele suchten durch sie Licht zu bekommen
über Dinge, die sie auf andere Weise nicht erforschen
konnten. Besonders die Begierde, über ihre eigene Zukunft
Näheres zu erfahren, mochte viele zu solcher Person treiben.
Leider geschieht das bis auf den heutigen Tag mitten in der
Christenheit. Die Schrift verurteilt diese Art, Licht zu
empfangen, auf das allerschärfste (3. Mose 20, 27). Ganz
anders empfängt Paulus sein Licht durch Gottes Wort (V 32),
Gottes Geist (V. 6 und 7) und durch brüderliche Gemeinschaft
(V. 10). Wieviel besser ist doch diese göttliche Art, Licht
zu bekommen, als die widergöttliche Weise der Leute, die zur
Wahrsagerin eilen.
Als einst Bileam den freudigen Siegeslauf Israels prophetisch
vorausschaute, da wurde ihm auch der innere Grund für die
Freudigkeit dieses Volkes gezeigt. Er bestand einerseits
darin, daß ,,kein Zauberer in Jakob und kein Wahrsager in
Israel" war, andererseits darin, daß diesem Volk ,,zu seiner
Zeit gesagt wird, was Gott tue" (4. Mose 23, 22 und 23).
So hängt auch die Freudigkeit des neutestamentlichen
Gottesvolkes damit zusammen, daß es jedes verbotene Licht
flieht, das nur Fluch und Bann bringt, aber sich um so treuer
an das rechte Licht des göttlichen Wortes anschließt (2.
Petrus 1, 19)
3. Göttliche und ungöttliche Weise, Macht zu erlangen.
Apostelgeschichte 16, 18 - 24; (Lukas 10, 19).
Sowohl bei den Feinden Pauli, den Besitzern der Wahrsagerin,
als auch bei Paulus selbst tritt uns in dieser Geschichte
eine nicht geringe Macht entgegen. Laßt uns die Macht auf
beiden Seiten und die Art, wie sie erlangt wurde, anschauen.
Die Herren der Wahrsagerin erlangten eine Macht gegen die
Apostel, indem sie dieselben vor die Obersten der Stadt zogen
und durch eine gewandte Anklage eine grausame Bestrafung
derselben durchsetzten.
Wie elend sieht diese äußerliche, auf fleischlichem Weg
erlangte Gewalt aus im Vergleich mit der Macht, die Paulus
von seinem Heiland empfing, als er zu dem Wahrsagergeist
sprach: ,,Ich gebiete dir in dem Namen Jesu, daß du von ihr
ausfährst!" Das war g ö t t l i c h e Gewalt, die der heilige
Geist gab. Durch ein einziges Wort brachte Paulus hier mehr
zustande, als jene Herren mit all ihren Bemühungen.
Laßt uns nie auf die Art jener Herren, sondern auf die Weise
Pauli durch innige Gemeinschaft mit Gott heilsame Macht zu
erlangen und auszuüben suchen.
Als einst Petrus mit dem Schwert Jesu beispringen wollte, und
das Ohr des Malchus abschlug, verwies ihm der Herr solches
(Matthäus 26, 52; Johannes 18, 11). Als aber derselbe Mann
am Pfingsttag das Schwert des Geistes zog, da gab es
bleibenden Sieg und wahre Ewigkeitsfrucht. Das erste Mal
brauchte er fleischliche Macht, mit der Jesu Jünger nicht
kämpfen sollen, das zweite Mal geistliche Macht, die
Verheißung hat.