Apg 16,3
A.Christlieb
4. Die Beschneidung des Timotheus.
Apostelgeschichte 16, 3; 1. Korinther 9, 19 - 23.
In der Beschneidung des Timotheus haben wir ein Beispiel
dafür, mit welchem Zartgefühl Paulus alle Hindernisse für die
Ausbreitung des Evangeliums nach Möglichkeit hinwegzuräumen
suchte. Er wußte, daß viele Juden sich an der Mitarbeit des
Timotheus trotz des guten Zeugnisses, das ihm voranging,
gestoßen hätten, weil er nicht beschnitten war. Sie hätten
sich innerlich gesträubt, Belehrung anzunehmen von einem
Fremdling, der nicht durch die Beschneidung Mitglied ihres
Volkes geworden war. Obwohl nun Paulus klar erkannt hatte,
daß die Beschneidung vor Gott nicht erforderlich war, vollzog
er sie dennoch an diesem, seinem Mitarbeiter, damit keiner
seiner Volksgenossen sich ärgern könnte. Er wurde damit den
Schwachen ein Schwacher, denen, die unter dem Gesetz sind,
als unter dem Gesetz, um allenthalben etliche selig zu
machen.
Diese zarte Liebe gegen seine Landsleute wird uns noch
köstlicher, wenn wir bedenken, welche Lieblosigkeit Paulus
wiederholt von ihnen erfahren hatte. Wie gehässig hatten sie
ihn in Antiochien, Ikonien und Lystra behandelt! Mancher
hätte sich nach solchen Erfahrungen für berechtigt gehalten,
jede weitere Rücksicht auf diese Leute fahren zu lassen.
Stattdessen sucht Paulus sie noch weiterhin durch Liebe für
das Reich Gottes zu gewinnen.
Wenn man bei aller Arbeit im Reich Gottes immer so
rücksichtsvoll darauf bedacht wäre, alles hinwegzuräumen,
woran andere sich stoßen können, so würde gewiß manchmal mehr
Frucht für den Herrn gebracht werden.