Apg 15,37
A.Christlieb
Der Anblick dieses Streites ermahnt uns zur Vorsicht im
Festhalten eigener Wünsche.
Apostelgeschichte 15, 37. (Lies: 2. Samuel 24, 3. 4;
1. Timotheus 5, 21).
Wenn wir nun den Streit über die Mitnahme des Johannes Markus
näher ins Auge fassen, so können wir drei W a r n u n g e n
aus demselben lernen.
Ein Blick auf das V e r h a l t e n d e s B a r n a b a s
zeigt uns, welch schwerwiegende Folgen das Festhalten an
irgendwelchen eigenen Wünschen nach sich ziehen kann.
Barnabas versteift sich auf den Wunsch, seinen eigenen
Neffen Johannes Markus wieder auf die zweite Missionsreise
mitzunehmen, obwohl Paulus ernstliche Bedenken dagegen hat.
Paulus achtet es für billig, daß ein Mann, der sich auf der
ersten Reise nicht als zuverlässig und standhaft erwiesen
hatte, nicht so schnell wieder in solch wichtigen Dienst
mitgenommen werde. Trotz dieser gewiß nicht
ungerechtfertigten Bedenken besteht Barnabas darauf, daß
man Markus mitnehme.
Wenn wir auch bei der aufrichtigen, von der Schrift mehrfach
bezeugten Frömmigkeit des Barnabas (Kap. 11, 24; 15, 25.
26) gewiß annehmen dürfen, daß er nicht in erster Linie
aus persönlicher Gunst oder verwandtschaftlicher Rücksicht
an diesem Wunsch festhielt, sondern in der aufrichtigen
Überzeugung stand, daß Markus sich bei einem neuen Versuch
besser bewähren werde, und daß Pauli Strenge gegen ihn allzu
groß sei, so fragt es sich doch, ob er nicht angesichts der
festen Überzeugung des vor Gott wandelnden Paulus besser
getan hätte, auf seinen eigenen Wunsch und die Durchsetzung
seiner eigenen Meinung zu verzichten.
Wie leicht kommen gerade tüchtige Männer, die Großes in der
Gemeinde geleistet haben, und deren Urteil jahrelang immer
ausschlaggebend war, unwillkürlich dahin, daß sie glauben,
ihre Meinung müsse in jedem Falle durchdringen, und daß
sie der Überzeugung eines jüngeren oder früher ihnen
untergeordneten Bruders nicht diejenige Achtung und
Berücksichtigung schenken, die ihr zukäme.
Der Anblick dieses Streites mahnt zur Vorsicht bei dem Eifern
um die eigene Überzeugung.