Apg 14,3
A.Christlieb
Die Predigt der Apostel in Ikonien.
Apostelgeschichte 14, 3.
In diesem Vers tun wir einen Blick in die Predigttätigkeit
der Apostel. Wir sehen die Art, den Inhalt und die verborgene
Kraft ihrer Predigt.
1. Die Predigtweise.
Man hätte im Blick auf die bereits hervorgetretene
Feindschaft (V. 2) befürchten können, daß die Apostel
ängstlich und zaghaft reden würden. Das Gegenteil war der
Fall. Nicht ängstlich, sondern ,,frei", d. h. freimütig,
freudig und getrost lehrten sie. Es war keine Spur von
Furcht und Bangen bei ihnen zu merken.
Welch ein herrlicher Anblick ist doch diese freie, freudige
Predigtweise der Apostel mitten unter drohenden Gefahren!
Wie beschämt ihr Mut in dieser Stadt unsere Ängstlichkeit!
Woher hatten sie diese Freimütigkeit? Ihr Vertrauen auf den
Herrn war so groß, daß sie sich durch die Gegnerschaft der
ungläubigen Juden nicht zaghaft machen ließen. (,,Sie
predigten freimütig im Vertrauen auf den Herrn", Übersetzung
Menge, vergleiche Römer 1, 16; Jeremia 1, 9).
Wie sollten doch alle Zuhörer für ihre Prediger mit den
ersten Christen bitten: ,,Herr, gib deinen Knechten mit aller
Freudigkeit zu reden dein Wort". (Apostelgeschichte 4, 29;
Epheser 6, 18 - 20).
2. Der Predigtinhalt.
Was predigten die Apostel? Der ganze Inhalt ihrer
Verkündigung wird in dem Ausdruck: ,,D a s W o r t
s e i n e r G n a d e" zusammengefaßt. Sie luden also
ihren Zuhörern kein Gesetzesjoch auf. Vielmehr brachten
sie ihnen eine gute und frohe Botschaft. Sie zeigten ihnen
die Gnade Gottes in Christus, die Licht und Kraft ins Herz
brachte. Nicht das Fordern, sondern das Geben und Einladen
zu den Schätzen Gottes stand in ihrer Predigt im Vordergrund.
Alle die, welche in Gemeinden und Gemeinschaften das Wort zu
verkünden haben, mögen darauf achten, daß sie ihren Zuhörern
das ,,Wort seiner Gnade" bringen (Apostelgeschichte 20, 24;
Titus 2, 11; Hebräer 13, 9).
3. Die Predigtkraft.
Delila sprach einst zu Simson: ,,Sage mir, worin deine
große Kraft liege" (Richter 16, 6). Ähnlich möchten wir die
Apostel im Blick auf ihre Predigt fragen: ,,Sagt uns, was
ist das Geheimnis der Durchschlagskraft eurer Rede? Wie kam
es, daß unter eurem Wort ,,eine große Menge der Juden und
Griechen gläubig" wurde (V. 1)? Liegt es etwa an der Form
eurer Predigt? Oder liegt es an dem guten, richtigen Inhalt
derselben?"
Der Inhalt ist sehr wichtig bei der Predigt, die Form mag
auch ihre Bedeutung haben. Aber das Geheimnis des Erfolges
liegt in etwas anderem. Der Text gibt uns eine Antwort auf
diese wichtige Frage: Er offenbart uns die verborgene Kraft
der Predigt der Apostel. Sie liegt nicht in irgendeinem
Kunstgriff oder in der Befolgung einer äußeren Regel. Sie
liegt - i n d e m W i r k e n G o t t e s . Gott war wirksam
i n dem Wort und d u r c h das Wort. ,,Der Herr bezeugte das
Wort seiner Gnade". Er bekräftigte und beglaubigte es in den
Herzen der Zuhörer. Hier liegt das Geheimnis der Kraft bei
der Predigt der Apostel.
Die Verkünder des Evangeliums hängen von Gottes Erbarmen ab
wie kaum ein anderer. Wieviel Ursache haben sie, Beter zu
werden und andere um Fürbitte zu bitten (Kolosser 4, 2 - 4;
2. Thessalonicher 3, 1), damit Gottes Wirken sich in ihrer
Verkündigung offenbare. Ohne sein Wirken kann die beste und
richtigste Predigt nichts ausrichten.
A.Christlieb
Die Wunder in Ikonien.
Apostelgeschichte 14, 3 b: Der Herr . . .
Während der Missionsarbeit in Ikonien kamen Zeichen und
Wunder vor.
1. Von wem stammten die Wunder?
Nirgends ist die Gefahr der Menschenerhebung und
Menschenverehrung größer als bei vorkommenden Wundern.
Wie staunt man die Menschen an, durch welche sie geschehen.
Da tut es not, sich von der Schrift auf den Urheber und Geber
dieser außerordentlichen Kraftwirkungen aufmerksam machen zu
lassen. Nicht Paulus und Barnabas waren es, die ,,Wunder
geschehen ließen", sondern - der H e r r . Wie es in Ephesus
heißt: ,,Gott wirkte nicht geringe Taten durch die Hände des
Paulus" (Kap. 19, 11), so auch hier in Ikonien: ,,D e r
H e r r ließ Zeichen und Wunder geschehen". Laßt uns in solchen
Fällen nicht Menschen anstaunen, sondern Gott allein alle
Ehre geben (Psalm 72, 18; 77, 15; 86, 9. 10; 2. Mose 7, 3;
15, 6).
2. Durch wen gab Gott die Wunder?
Er tat sie nicht unmittelbar, sondern benutzte menschliche
Werkzeuge, durch die er sie geschehen ließ, nämlich Paulus
und Barnabas. (Er ,,ließ Zeichen und Wunder geschehen durch
ihre Hände".) Für die Apostel bedeutete dies nach den
vorangegangenen gehässigen Angriffen (V. 2) eine besondere
Beglaubigung, Stärkung und Erquickung. Sie durften sehen,
wie Gott zu seinem Wort stand und sich zu ihnen bekannte.
Es gibt in der Arbeit des Reiches Gottes nicht nur Schmach,
Verfolgung und allerlei Schweres. Man darf auch erhebende
Erfahrungen machen. Wir dürfen es dem Herrn zutrauen, daß er
es auf den ,,Dornenpfaden" an ermutigenden Erfahrungen nicht
fehlen lassen wird (Psalm 35, 27; 90, 15 - 17; 23, 3; 119,
107).
3. Der gottgewollte Zweck der Wunder.
Wir Menschen stehen bei Wundern immer in Gefahr, bei diesen
Wundern stehenzubleiben und sie zur Hauptsache zu machen.
Vor dieser Gefahr kann uns unser Texteswort bewahren. Hier
sehen wir, daß Gott die Zeichen und Wunder nur zu dem Zweck
gab, daß sein Wort bekräftigt und beglaubigt würde. (,,Gott
bezeugte das Wort seiner Gnade", ,,indem er Zeichen und
Wunder geschehen ließ"; wörtlich übersetzt). Das Wort war
also die Hauptsache und nicht die Wunder. Diese sollten nur
zum Sieg des Wortes beitragen und mithelfen. Weil viele
Menschen sonst gleichgültig oder gar verächtlich an der
Verkündigung des Wortes vorübergegangen wären, und es nicht
beachtet hätten, so gab Gott Wunderzeichen. Die Leute
sollten durch dieselben auf das Wort aufmerksam gemacht
werden und Achtung vor demselben bekommen. Gottes Ziel bei
dem Verleihen der Wunder war also die Wertschätzung und
Hochachtung des Evangeliums. (Vergleiche den Ausdruck: Der
Herr bekräftigte das Wort durch mitfolgende Zeichen. Markus
16, 20).
Wie grundfalsch ist es demnach, wenn jemand die Wunder
hochachtet, aber für das Wort Gottes kein Interesse hat
(Johannes 4, 48). Bei ihm verfehlen die Wunder den Zweck,
zu dem Gott sie gegeben hat (1. Korinther 1, 22. 23).
3. Der Blick auf die Einwohner der Stadt Ikonien, die
hier zwischen den heilsamen Einfluß der Apostel und den
unheilvollen der ungläubigen Juden gerieten, bestätigt uns
die Tatsache, daß es immer zu wählen gilt zwischen dem Weg,
der zum Leben führt und dem anderen, der den Tod bringt
(Sprüche 9, 1 - 18).
A.Christlieb
Dürfen wir heute um Zeichen und Wunder bitten ?
Die Tatsache, daß Gott seine Wunder nur zur Bekräftigung
seines Wortes verlieh, gibt uns einen Hinweis zur
Beantwortung der Frage, ob wir für unsere Zeit um mehr
Zeichen und Wunder bitten dürfen. Nach der Lehre unseres
Textes dürfen wir, wenn es zur Bestätigung des Wortes Gottes
nötig ist, getrost mit den ersten Christen bitten: Herr,
strecke deine Hand aus, daß Gesundheit und Zeichen und Wunder
geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus
(Apostelgeschichte 4, 30).
Wir wollen aber mit dieser Bitte vorsichtig sein. Der Herr
allein sieht alle Dinge voraus. Er weiß auch, ob wir durch
die Verleihung von Wundern nicht geradezu vom Wort abgelenkt
würden. Deshalb wollen wir bitten, er möge Zeichen und
Wunder da geben, wo sie in obigem Sinne nötig sind; er wolle
aber Zeichen und Wunder zurückhalten, wo sie uns von ihm und
seinem Wort abhalten könnten.
Der Herr selbst und sein Wort sollen uns immer die Hauptsache
bleiben (Matthäus 12, 38 ff.; 16, 1 ff.; Markus 8, 12. 13).