Apg 12,19
A.Christlieb
Als Herodes den Petrus forderte und nicht fand, ließ er
die Hüter verhören und hieß sie wegführen. Apg. 12, 19
Das göttliche Eingreifen, das den Petrus und der
Christengemeinde die größte Freude bereitete, brachte die
Hüter des Petrus in die schrecklichste Not. Wie groß muß
das Entsetzen des Wachkommandos gewesen sein, als sie vom
Schlaf aufwachten und nur noch die Ketten, nicht aber ihren
Gefangenen vorfanden. Sie wußten, daß nach den damals
geltenden Gesetzen ihr Leben verwirkt sei und daß des Herodes
Zorn sie furchtbar treffen würde. Und so geschah es auch.
Herodes ließ sie ,,wegführen", das heißt: Er ließ alle
sechzehn enthaupten. Diese furchtbare Strafe war eine
unverdiente, denn Petrus war durch Gottes Eingreifen, nicht
durch eine Pflichtversäumnis der Soldaten frei geworden. Ob
die Soldaten sonst im Leben eine besondere Schuld auf sich
geladen hatten, für die sie jetzt büßen mußten, weiß Gott
allein. Wir wollen ihr Geschick ansehen als ein Beispiel
dafür, daß wir in einer Welt leben voll von Ungerechtigkeit.
Wieviel schreckliche Beispiele dafür zeigt die Heilige
Schrift. Hier wird ein Abel totgeschlagen (1. Mose 4, 8),
dort ein Naboth gesteinigt (1. Kön. 21, 1 ff.). Hier
werden alle neugeborenen Knäblein in den Nil geworfen (2.
Mose 1, 22), dort die Kinder unter zwei Jahren in Bethlehem
hingemordet (Matth. 2, 16 ff.). Der schuldlose Priester
Ahimelech wird mit seiner ganzen Familie von Saul zum
Tod verurteilt (1. Sam. 22, 9 ff.), und Stephanus, der
selbstlose treue Almosenpfleger wird gesteinigt (Apg.
7, 54 ff.). Und wir: Wieviel ungerechte Bestrafungen,
Zurücksetzungen, Entlassungen und Verurteilungen kommen in
der Welt täglich vor. Viele werden dadurch verbittert und
zweifeln an der Gerechtigkeit Gottes, der das alles zuläßt!
Laßt uns nicht irre werden! Ganz bald, nachdem Herodes sich
an Jakobus, Petrus und den Hütern vergriffen hat, ergeht über
ihn ein grauenhaftes Urteil und Strafgericht Gottes. Da
merkte jeder, daß es noch einen gerechten Gott gibt. Jetzt
aber leben wir in der ,,Welt voll Ungerechtigkeit."
A.Christlieb
Herodes ließ die Hüter wegführen. Apg. 12, 19
Bevor die Hüter der ungerechten Bestrafung durch Herodes
verfielen, ließ Gott sie einen Mann schauen, der eine
ungerechte Behandlung mit Ruhe und Frieden ertrug. Sie
ahnten nicht, daß sie selbst bald in eine ähnliche Lage
kommen würden wie dieser Gefangene! Wie anders hätten sie
sonst die kostbaren Stunden der Gemeinschaft mit diesem Mann
ausgenutzt! Petrus besaß ja alles, was die Hüter für die
so nah bevorstehende Todesstunde hätten brauchen können.
Ob einer dieser Soldaten ähnliches erlebt hat, wie die
Wachmannschaften des Paulus in Rom, von denen viele gläubig
geworden sind? (Phil. 1, 13; 4, 22.) Ob ein anderer mit
höhnischen Bemerkungen das Los der Gefangenen noch zu
erschweren versucht hat, wie Paulus Phil. 1, 16 ähnliches
berichtet? - Gar oft erkennt die Welt nicht die ,,Zeit ihrer
Heimsuchung'' (Luk. 19, 41 f.; Matth. 23, 37). Wohl uns,
wenn wir die Gelegenheiten ausnutzen, die Gott uns in solcher
Lage durch den Austausch mit wahren Gottesmenschen bietet! -
Laßt uns wohl zusehen, daß der Schrecken jener Hüter einst
nicht über uns kommt! - Dem römischen Wachkommando war vom
König Herodes ein Mann anvertraut, für dessen Verwahrung sie
persönlich haftbar waren. Furchtbar war der Augenblick, als
er von ihnen zurückgefordert wurde und sie gestehen mußten,
daß er ihnen entwichen sei. - Der Schrecken dieser Stunde
sei uns ein Sinnbild für den größeren Schrecken in der
Ewigkeit, wenn von uns Rechenschaft gefordert wird für
die Seelen, die uns anvertraut waren. Wehe uns, wenn wir
dieselben dann vernachlässigt oder verloren haben! War der
gerechtfertigte Zorn jenes menschlichen Herrschers über die
von ihm schuldig befundenen Hüter schon so schrecklich, wie
wird dann erst der gerechte Zorn des himmlischen Königs
entbrennen über die, welche in Gleichgültigkeit oder
Leichtsinn ihre Wächterpflicht vernachlässigt oder ganz
versäumt haben! - Laßt uns in heiligem Ernst der Stunde
gedenken, in der Gott von unserer Hand die uns anvertrauten
Seelen fordert (Hesek. 3, 17 ff.).