Apg 12,13
A.Christlieb
Als Petrus an die Tür des Tores klopfte, trat eine Magd
hervor, zu horchen, mit Namen Rhode. Apg. 12, 13
Eine nähere Betrachtung der Magd kann besonders solchen
Leuten Freude und Erquickung bereiten, die sich in
untergeordneter, dienender Stellung befinden. Sie war
,,nur" eine Magd, aber ihr Name ist in der Heiligen Schrift
aufbewahrt worden. Ihrem Stande nach gehörte sie nicht zu
den sogenannten vornehmen Personen. Sie war eine Türhüterin.
Aber obwohl sie nur eine schlichte Magd war, hat die Heilige
Schrift ihren Namen verwahrt. Das ist eine Auszeichnung, die
nur sehr wenigen Menschen zuteil geworden ist. Der arme
Lazarus ist einer dieser Bevorzugten. Der Name des reichen
Mannes ist verschollen. Wir kennen auch nicht den Namen des
römischen Hauptmanns, der unter dem Kreuz stand, wohl aber
den Namen dessen, der dem Herrn Jesu das Kreuz nachtrug. Wie
mancher Name, hier unten stadt- oder gar weltbekannt, wird
in der Ewigkeit eine unbekannte Größe sein. Der Name einer
Magd, die zu den Bekennern Jesu gehört, ist höher zu achten
als der Name eines Großen in der Welt, der dem Wort Gottes
stolz den Rücken kehrt. -
Die Heilige Schrift läßt uns auch einen Blick tun in das
Innenleben dieser Türhüterin. Sie erkannte den Petrus
sogleich am Klang seiner Stimme. Eine unbeschreibliche
Freude erfüllte ihr Herz. Während sie vorsichtig und
behutsam sich dem Tore genähert hatte, lief sie jetzt so
schnell wie möglich in das Haus zurück. Man merkt daran: Das
große Gebetsanliegen der Gemeinde, die Rettung des Apostels,
brannte auch ihr im Herzen. Ihre Gebete waren mit denen der
ganzen Christenschar zu Gott aufgestiegen. Das Schicksal des
Apostels bewegte sie nicht weniger, als das bei den leitenden
Brüdern der Fall war. Fast möchte man vermuten, wie sich
aus dem weiteren Verlauf der Geschichte ergibt, daß diese
schlichte Magd im Glauben tiefer gegründet war als mancher
andere.
A.Christlieb
Die Magd Rhode
Apostelgeschichte 12, 13 f.
Die Magd Rhode wird in der Heiligen Schrift nur kurz
erwähnt, aber ihr Bild ist lieblich und erquickend.
1. Ihr Name ist aufbewahrt worden
Obwohl Rhode nur eine schlichte Magd war, ist ihr Name
erhalten geblieben. Es gibt viele, deren Name ungenannt oder
vergessen ist. In der Geschichte vom reichen Mann und armen
Lazarus ist nur der Name des letzteren erwähnt, der andere
wird nicht mit Namen, sondern nur »ein reicher Mann« genannt
(Luk. 16, 19). Wir wissen nicht den Namen des Hauptmannes,
der die Hinrichtung Jesu leitete (Luk. 23, 47), wohl aber
den Namen des Mannes, der für Jesus das Kreuz tragen mußte
(Luk. 23, 26). Wie mancher Name, der hienieden Stadt- oder
weltbekannt war, wird in der Ewigkeit vergessen sein! Der
Name einer Magd, die zu den Bekennern Jesu gehört, ist höher
zu achten als der Name eines Großen in der Welt, der dem Wort
Gottes stolz den Rücken kehrt.
Die ausdrückliche Nennung von Rhodes Namen deutet klar darauf
hin, daß sie von dem Schreiber der Apostelgeschichte nicht
geringschätzig angesehen wurde. Auch eine Magd, die zur
Christengemeinde gehört, ist es wert, daß ihr Name gekannt
und behalten wird.
2. Sie nimmt Anteil am Weg des Reiches Gottes
Wir können auch einen Blick in die innere Gesinnung dieser
Türhüterin tun. Wir lesen: "Als sie des Petrus Stimme
erkannte, tat sie das Tor nicht auf vor Freuden, sondern lief
hinein und verkündete es ihnen, Petrus stünde vor dem Tor"
(V. 14). Es war jene Nacht, in der die Gemeinde ernstlich
für die Befreiung des Apostels Petrus betete. Diesen hatte
der König Herodes gefangen gesetzt. Gott erhörte das Flehen
und wirkte des Petrus wunderbare Befreiung. Als der Apostel
vor das Haus Marias, der Mutter des Markus, kam (V. 12), war
Rhode, die Magd und Türhüterin, die erste, die seine Stimme
hörte und erkannte. Der Klang dieser Stimme erfüllte sie mit
einer gar nicht zu fassenden Freude.
Schon ihre verschiedene Gangart läßt uns ihren inneren Jubel
erkennen. Während sie erst behutsam zur Tür ging (sie »trat
hervor«, V. 13), konnte sie jetzt nicht schnell genug
zurückeilen (sie »lief«, V. 14). Diese Freude läßt uns
erkennen, daß Rhode dem großen Gebetsgegenstand der Gemeinde
Jesu, die anhaltend für Petrus flehte, nicht gleichgültig
gegenüberstand. Sie dachte nicht: »Diese Angelegenheiten
gehen nur die leitenden Brüder der Gemeinde, aber nicht mich
etwas an.« Nein! Ihr Herz wurde von dem Schicksal des Petrus
gerade so bewegt wie das Herz aller Gläubigen. Auch ihr
Gemüt war erfüllt von dem Wunsch, daß die Gebete für Petrus
erhört werden möchten.
Die äußere Stellung der Rhode war niedrig und gering. Aber
ihre innere Stellung und Gesinnung war geadelt. Gesegnete
Dienstmagd, die das Herz auf dem rechten Fleck hat und an den
Dingen und Wegen des Reiches Gottes eifrig Anteil nimmt! Die
Besitzerin des Hauses, die Mutter von Johannes Markus, war
eine begüterte Frau und Rhode nur eine einfache Magd. Aber
beide waren eins und verbunden in dem Eifer für des Herrn
Sache und des Apostels Errettung. Rhode gehört mit zu der
höchsten und vornehmsten Gesellschaft, weil ihre Gesinnung
und Herzensstellung sie über alle erhebt, die nur für ihre
eigenen Interessen und für weltliche Eitelkeit Eifer
beweisen.
3. Sie steht fest und laßt sich nicht irremachen
Wie fest stand doch Rhode gegen alle, die den Grund ihrer
Freude antasten wollten! Auch hier tritt ein Zug an ihr
hervor, der viele erquicken kann. Als Rhode die frohe
Botschaft brachte, daß Petrus vor der Türe stehe, stieß
sie auf Widerspruch und Unglauben. Es hieß: »Du bist
unsinnig« (V. 15). Man meinte, sie sei einer Täuschung
anheimgefallen. Obgleich die ganze versammelte Gemeinde erst
gegen sie stand und alle miteinander anderer Meinung waren,
so blieb sie dabei, Petrus sei vor der Türe. Sie wußte, was
sie gehört und erfahren hatte. Von niemand ließ sie sich
dies nehmen.
Obwohl sie nur eine geringe Türhüterin war, so konnte doch
kein höhergestellter Mensch sie unsicher machen. Kein
Mensch, auch kein frommer Mensch, vermochte sie irre zu
machen und einen Zweifel in ihr zu erwecken an dem, was
sie erlebt hatte.
Ihre Festigkeit war nicht Eigensinn und Halsstarrigkeit,
sondern richtig und von Gott geschenkt. Sie beschämt damit
viele, die sich zu leicht von andern, besonders von
höherstehenden Leuten, umstimmen und unsicher machen lassen.
In der Gemeinde Jesu hat jeder seine von Gott gewollte
Selbständigkeit. Die geringste Magd, die eine Erfahrung
gemacht hat von Gottes Wunderkraft, kann und darf so fest
stehen wie die tüchtigsten und gelehrtesten Christen.