Apostelgeschichte

Apg 12,1 A.Christlieb Herodes legte die Hände an etliche von der Gemeinde. Apg. 12, 1

Der Urheber der Christenverfolgung war der König Herodes. Er war ein Mensch, der auf den verfluchten Wegen seiner Vorfahren weiterwandelte. Sein Großvater war der Mörder der Kinder zu Bethlehem (Matth. 2) gewesen. Sein Onkel hatte den treuen Gottesknecht Johannes den Täufer enthaupten lassen (Matth. 14, 6 ff.). Und er selber tötete nun den Apostel Jakobus. Es gibt Familien, in denen sich die Gottlosigkeit von Geschlecht zu Geschlecht vererbt wie eine schlimme Krankheit. Großväter und Väter tragen oft die Verantwortung für die Verderbenswege, die ihre Kinder und Enkel gehen. Wir erinnern uns an Lamech, einen Nachkommen Kains, in dem dessen Mordgesinnung mächtig auflebte (1. Mose 4, 23). Jeder Vater sollte sich bewußt sein, wie sein Charakter und seine Taten nachwirken. Das ist ein Erbe, das viel gewisser auf die Kinder und Enkel kommt als Geld und Gut. Was hat es der Familie der Herodianer genutzt, Schlösser voll von Herrlichkeiten hinterlassen zu können, wo sie zugleich einen Fluch vererbten, der zuletzt das alles auffraß. Es ist viel besser, einem ganz armen Geschlecht anzugehören, in dem Gottesfurcht und Himmelssegen wohnen, als einem vornehmen Geschlecht, dem Fluch anhaftet. Und was hat den Herodes veranlaßt zu seinem scharfen Vorgehen gegen die C h r i s t e n ? Er wollte sich beliebt machen bei den J u d e n. Um seinen Königsthron in Juda zu befestigen, um als Beschützer der jüdischen Religion auftreten zu können, mußte das Blut eines Apostels fließen. Was fragte er nach Recht und Gerechtigkeit, wenn seine Ehre, seine Macht, sein Ansehen nur gefördert wurde. Oftmals haben Machthaber Interesse für die Religion geheuchelt, um eigene Ziele zu verfolgen. Das hat aber stets Gottes Gericht nach sich gezogen. Wir verstehen jetzt besser, wenn der Herr Jesus vor dem ,,Sauerteig" nicht nur der Pharisäer, sondern auch vor dem ,,Sauerteig des Herodes" gewarnt hat.





A.Christlieb Überraschungen bei der Befreiung des Petrus Apostelgeschichte 12

Der König Herodes, der die Gunst des Volkes suchte (V. 3), hatte den Apostel Petrus ins Gefängnis gelegt (V. 4). Petrus erlebte eine wunderbare Befreiung. Die Geschichte davon bringt manche Überraschungen. Wir wollen bei drei Doppelüberraschungen verweilen.



1. Wir sehen einen Menschen schlafen, bei dem wir Wachen erwarten; andere finden wir wachend, die wir im Schlaf vermuten

Wir lesen V. 6: »In derselben Nacht schlief Petrus zwischen zwei Kriegsknechten.« Überraschend ist die Tatsache, daß Petrus in der Nacht vor seiner festgesetzten Hinrichtung so tief schläft, daß ein fester Stoß nötig ist, um ihn zu wecken (V. 7)!

Wenn wir einen Gefängnisseelsorger fragen würden, ob er schon einen Gefangenen, der vor der Hinrichtung stand, schlafend gefunden habe, würde er dies wohl verneinen. Der Schlaf pflegt da nicht einzukehren, wo Angst und Aufregung ein Herz erfüllen. Wo aber ist in der Regel mehr Grund zu großer Erregung vorhanden als da, wo man vor den Toren der Ewigkeit steht, wie dies bei Petrus der Fall ist? Es gehört eine besondere Gnade dazu, in dieser Lage so schlummern zu können, wie der Apostel des Herrn es tut.

Andererseits sehen wir eine große Zahl von Christen, die nicht schlummern, obwohl die Nacht schon weit vorgerückt ist. Es sind die Beter in dem Hause Marias, der Mutter des Markus (V. 12). Was hält sie wach? Die bevorstehende Hinrichtung ihres geistlichen Führers treibt sie noch in tiefer Nachtstunde zu gemeinsamem Flehen. Der Mordplan des Herodes läßt sie an keinen Schlummer denken.

Bei dem vor der Hinrichtung stehenden Petrus erwarten wir, daß er wachen und beten würde. Bei ihm überrascht es uns, daß er schlummert. Bei diesen Christen dagegen wäre nach Menschenweise Schlaf zu erwarten. Aber wir finden, daß sie wachen und beten.

Der Geist Gottes kann auch in tiefer menschlicher Not und Bedrängnis sehr ruhig und getrost machen, er macht aber auch wach und läßt manchmal den Schlaf vergessen, wenn es um die Sache des Herrn und das Geschick seiner Boten geht.



2. Eine schwer zu öffnende Tür öffnet sich schnell, und eine leicht zu öffnende Tür öffnet sich langsam

Zwei Türen kommen in unserer Geschichte vor. Eine »eiserne Tür«, welche aus dem Gefängnis zur Stadt führt (V. 10), und eine andere, die den Eingang in das Haus der Maria bildet (V. 13). Die erste Tür war normalerweise nicht leicht zu öffnen. Bei ihr hätte man sich auf ein längeres Warten gefaßt machen können. Hingegen war die zweite Tür im Vergleich mit der ersten sicher ungleich leichter aufzumachen. Auch hätte Petrus bei der ihm bekannten Liebe der dort versammelten Brüder ein schnelles, sofortiges Öffnen erwarten können.

Hier aber begegnet uns die doppelte Überraschung: Die erste, schwer zu öffnende Tür öffnet sich in einem Nu wie von selbst (V. 10). Aber bei der zweiten gibt es eine nicht erwartete Geduldsprobe. Hier muß Petrus wieder und wieder anklopfen (V. 13 u. 16), bis ihm endlich geöffnet wird.

Geht es nicht in der Arbeit des Reiches Gottes bisweilen ähnlich wie mit diesen zwei Türen, durch die Petrus hindurchgehen mußte? Geht nicht manchmal eine schwere Tür, vor der uns bangte, schnell und leicht auf, und eine andere, bei der wir es nicht erwartet hätten, übt uns in der Geduld (Apg. 7, 25; Luk. 21, 19)?



3. Einer, der vor dem sicheren Tode steht, bleibt am Leben; ein anderer, bei dem niemand ans Sterben denkt, wird hinweg- gerafft

Welche Überraschung war es doch für die Christen, als Petrus gerettet vor ihnen stand und zu weiterem Wirken fortgehen durfte! Gläubige (V. 15) und Ungläubige (V. 11 Schluß: Die Juden warteten auf die Hinrichtung) hatten dies nicht erwartet. Sein Lebenswerk schien beendet zu sein.

Andererseits: Welch eine Überraschung war es für Freunde und Feinde des Reiches Gottes, als der König Herodes plötzlich hinweggerafft wurde! Er stand in voller Kraft, hatte mancherlei Pläne (»er gedachte«, V. 4.) und mußte aus allem Wirken jäh davon! Der von so vielen bestaunte und beneidete Herodes war plötzlich ganz bemitleidenswert geworden.

Ja, bei Gott gibt es Überraschungen! Er richtet den kranken Hiskia auf (2. Kön. 20, 5 f.) und läßt seinen gesunden Feind Sanherib sterben (2. Kön. 19, 36 f.). Er läßt den wütenden Verfolger Saul als treuesten Mithelfer in den Jüngerkreis zu Damaskus und zu Jerusalem einführen (Apg. 9, 19-22; 26 f.). Er erwählt das, was töricht ist vor der Welt und das Unedle und Verachtete (1. Kor. 1, 27-29). An den Überraschungen Gottes kann sich der Glaube immer wieder erquicken.