Apg 9,23
A.Christlieb
Drei Proben, in denen Saulus Bekehrung standhielt.
Apostelgeschichte 9, 23 - 30.
Erste Probe: Die Feindschaft der Welt.
Paulus machte alsbald dreierlei Proben durch, in denen
sich die Echtheit seiner Bekehrung erwies. Die erste Probe
bestand in dem Haß der Welt, den er zu schmecken bekam.
Die Zuhörer in der Synagoge blieben nicht bei Worten des
Entsetzens stehen. Sie gingen weiter. Es kam dahin, daß sie
in gemeinsamer Beratung seinen Tod beschlossen (V. 23). Die
ihn früher anerkannten und schätzten, die verwarfen und
verdammten ihn jetzt. Er verlor alle Gunst bei seinen
Volksgenossen, die er bis dahin gehabt hatte.
Der Haß der Welt ist auch heute noch in der Regel die erste
Probe, die wahre Christen durchzumachen haben. Es erfüllt
sich Jesu Wort an seine Jünger: ,,Wäret ihr von der Welt, so
hätte die Welt das Ihre lieb; dieweil ihr aber nicht von der
Welt seid, sondern ich habe euch von der Welt erwählt, darum
haßt euch die Welt" (Johannes 15, 18 - 20; 1. Johannes 4, 4
- 6; 1. Petrus 4, 4. 12 - 14). Laßt uns bei dieser ersten
Probe nie erschrecken! Unsere Brüder in allen Landen machen
sie mit uns durch!
Zweite Probe: Kühle Aufnahme bei den Gläubigen in Jerusalem.
Eine zweite, vielleicht noch schwierigere Probe für Saulus
war sein Empfang bei den Christen in Jerusalem. Wie wird er
sich nach seiner Bekehrung auf das Zusammenkommen mit den
Geschwistern in Jerusalem gefreut haben! Aber die Begegnung
fiel anders aus, als er gewünscht hatte. Ängstliche
Zurückhaltung mußte er auf den Gesichtern lesen und im
Benehmen seiner Brüder empfinden. Sie schenkten ihm kein
Vertrauen. Sie trauten der Echtheit seiner Bekehrung nicht.
Sie hatten zuviel Böses durch seinen früheren Haß gegen sie
erfahren. Sie konnten es nicht so schnell über sich bringen,
ihm als Bruder zu begegnen. Das muß ihm wehgetan haben.
Wie leicht hätte sich hier in seinem Herzen eine innere
Entfremdung von seinen Mitbrüdern einschleichen können!
Es geschah nicht. Er bestand die Probe.
Auch wir müssen uns auf solche Proben gefaßt machen. Die
Geschwister in Christus sind auch Menschen. Sie begegnen
uns nicht gleich alle wie Barnabas, der Sohn des Trostes
(V. 27), sondern wie die, welche dem Saulus nicht glaubten,
daß er ein Jünger wäre. Wohl uns, wenn wir uns in solchen
Fällen nicht gleich abstoßen lassen und uns beleidigt
zurückziehen, sondern getrost harren, bis der Herr uns durch
irgendeinen Barnabas die Türe zu den Brüderherzen aufschließt
(Epheser 4, 2. 3; 1 . Korinther 13, 7).
Dritte Probe: Das Verziehen der Verheißung.
Saulus hatte bei seiner Bekehrung durch Ananias die Aussicht
auf einen großen, wichtigen Dienst im Reiche Gottes empfangen
(Kap. 22, 14. 15). Nun aber schien sich diese Verheißung
in keiner Weise zu verwirklichen. Haß und Verfolgung bekam
er in reichem Maße, aber keine Berufung zu einem Dienst im
Weinberg des Herrn. Ehe Saulus als Missionar in andere
Länder ausgesandt wurde, haben ihn die Brüder zuvor in die
Stille nach Tarsus geschickt, wo er in stiller Verborgenheit
harren mußte, bis ihn endlich Barnabas in die Arbeit berief
(Kap 11, 25). Wie mag dieses Verziehen der ihm gegebenen
Verheißung diesem feurigen Charakter zu schaffen gemacht
haben! Wie Moses erst lange in Midian Schafe hütete, ehe ihn
Gott zum Führer seines Volkes berief (2. Mose 2, 15 - 3, 1),
wurde auch Saulus geführt. Wie ein David längst seine
Salbung zum König empfangen hatte, ehe ihm die Krone aufs
Haupt gesetzt wurde, so mußte auch Saulus lange Zeit warten,
bis das durch Ananias ihm gegebene Wort von seiner Bestimmung
sich erfüllte.
In solcher Zeit entsteht leicht die Gefahr, daß man seinem
Gott aus der Schule läuft und eigenmächtig ohne göttliche
Leitung und Führung eine Arbeit beginnt. Saulus aber ging
auch aus dieser dritten Probe als Überwinder hervor, indem er
dem Leiten seines Heilandes treu folgte, auch wenn derselbe
für seinen menschlichen Feuereifer viel zu langsam voranging
(Hebräer 10, 36; Jakobus 5, 7 - 11; Sprüche 14, 29; Prediger
7, 8; Klagelieder 3, 26; Lukas 8, 15; 21, 19).