Apostelgeschichte

Apg 7,58 C.Eichhorn Das Verscheiden des Jüngers Herr Jesu, nimm meinen Geist auf! Er kniete aber nieder und rief laut: Herr, behalte ihnen diese Sünde nicht! Apg. 7, 58.59

Der furchtlose Zeuge Stephanus besiegelte das Wort der Wahrheit, mit dem er dem Hohen Rat gegenübergetreten war, mit seinem Blut. Er war der erste, der mit der Märtyrerkrone geschmückt wurde. Sein Tod war kein schmählicher Untergang, sondern eine glorreiche Himmelfahrt. Stephanus starb als echter Jünger seines Meisters. Wie Jesus seinen Geist in die Hände seines Vaters, so befahl ihn Stephanus in Jesu Hände. Das Leben wurde ihm nicht entrissen. Er gab es willig hin. Er wurde nicht von den Feinden unter beständigem Widerstreben zur Stadt hinausgezerrt. Er ließ sich willig führen wie ein Lamm. In königlicher Freiheit gab er seinen Geist sterbend in des Heilands Hände, dem er ihn im Leben schon täglich befohlen hatte. Die Feinde zwangen ihn nicht auf die Knie nieder. Er beugte sie aus innerem Drang, um das letzte Gebet zu sprechen: eine Fürbitte für seine Feinde. Die erste Bitte Jesu am Kreuz macht sich Stephanus als letzte zu eigen. Des Erlösers letzte Bitte:

"Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist" wird des Erlösten erste. So begann Jesus mit der Fürbitte und schloß mit der Bitte für sich selbst; Stephanus bittet zuerst für seinen Geist und schließt mit der Fürbitte. Wundert es uns, daß es heißt: "Und als er das gesagt, entschlief er"? Ein merkwürdiger Ausdruck für das Sterben eines zu Tode Gesteinigten.

Auch darin folgte der Jünger seinem Meister. Er nahm keine bittere Empfindung gegen seine Peiniger mit in die Ewigkeit. Er übte Feindesliebe und flehte zu Gott, daß er ihnen diese Sünde nicht anrechnen wolle. "Laß sie ihnen nicht stehen!" lauten die Worte nach dem Grundtext. Wenn Gott diese Sünde stehenläßt, dann ist sie wie eine Mauer, die den Zutritt zu Gott verwehrt, wie ein Felsblock, der sich vor die Gnadenpforte lagert. Sie sollen aber nicht verloren werden. Er gönnt ihnen den Himmel, den er selbst besitzt. Vielleicht wollte ein finsterer Unmut sich seiner Seele bemächtigen, als sie so gar erbarmungslos die Steine auf ihn schleuderten. Darum rief er laut und warf sich auf die Knie, um den aufsteigenden Groll niederzukämpfen. Es gibt kein besseres Mittel, sich gegen den Stachel zu wehren, als die Fürbitte für die, welche ihn in die Seele drücken. Bittest du für die, welche dich beleidigen und kränken, zieht Himmels- und Friedensluft in deine Seele ein. Die Bitterkeit wird durch Liebe besiegt. Nimm doch keine gehässige Stimmung mit in den andern Tag hinüber! Laß die Sonne nicht untergehen über deinem Zorn! Noch viel weniger nimm einen Groll in die Ewigkeit mit! Laß die Liebe siegen, damit du dorthin kommen kannst, wo kein finsterer Haß Platz findet, sondern nur Liebe und Lob!