Apg 2,11
J.Kroeker
"Wir hören sie mit unsern Zungen die großen Taten Gottes
reden." Apostelg. 2,11.
Einst sagte ein alter väterlicher Freund zu mir: "Lieber
Bruder, es handelt sich nicht darum, dass wir den heiligen
Geist haben, sondern es handelt sich darum, dass der heilige
Geist uns hat!" Das war das Geheimnis auch in dem Leben der
alttestamentlichen Gottesknechte. Warum unterscheiden sie
sich in ihrem Dienst, in ihrer Hoffnung und in ihrer
Botschaft vielfach so wesentlich von ihren Volksgenossen?
Es war jene Stunde in ihrem Leben gekommen, wo sie nicht
nur heiligen Geist hatten, sondern wo der heilige Geist sie
hatte. Denn sobald der heilige Geist uns hat, dann erfüllt
der heilige Geist auch uns, dann durchdringt er uns, dann
leitet er uns, dann trägt er uns in unserer Schwachheit. Wir
singen dann nicht unsere eigenen Psalmen, wir singen dann,
wie am ersten Pfingsttag, das große Lob des lebendigen
Gottes.
Vor einiger Zeit wurde ich auf ein, wie mir scheint, sehr
treffendes Bild geführt, was es bedeutet, ob wir den heiligen
Geist haben oder ob der heilige Geist uns hat. Wir kennen
eine Orgel, wie wir sie in unseren Kirchen haben. Wir kennen
aber auch einen Leierkasten, eine Drehorgel. Solch eine
Drehorgel trägt die Musik in sich. Sie braucht nur durch
eine Kurbel angedreht zu werden. Ob Künstler, ob Bettler
sie dreht, sie singt nur ihr eigenes Lied.
Eine Orgel hat keine Musik. Sobald jedoch der Künstler sich
an die Orgel setzt und als Meister über ihre vielen Stimmen
verfügen kann, nicht wahr, was trägt sie dann alles in sich!
Sie kann weinen, sie kann Schluchzen, sie kann triumphieren,
sie kann in ein mächtiges Halleluja ihre Stimmen ausklingen
lassen. Es lebt in ihr alles, was in dem Meister lebt an
Weh, an Schmerz, an Leben, an Hoffnung. Was bedeutet es
mithin, wenn der heilige Geist so uns hat! Wenn er wirken
kann in unserem Leben, was können dann nicht einzelne
Menschen an Hoffnung, Freude, Dienst, Zuversicht, an
priesterlichem Weh und heiligem Schmerz als Frucht seiner
Aktivität aus sich herausgeben. Alles wurde in ihnen gewirkt
durch die Kraft des heiligen Geistes, durch den großen
Schöpfer eines neuen Psalms innerhalb der Menschheit.
Wie geistesarm waren jedoch jene Zeiten, denen hingegebene
Gottesmänner fehlten. Wir dürfen uns nur erinnern an die
Tage eines Eli. Damals verstand ein alt gewordener
Gottesknecht Gott nicht mehr. Samuel, den seine Mutter zum
Propheten geweiht hatte, verstand Gott noch nicht. Daher war
es eine so dunkle Zeit in Israel. Das ist heute noch nicht
anders geworden. Verstehen unsere Propheten wie ein Eli Gott
nicht mehr, dann bleiben die Gemeinden ohne Erleuchtung und
geistliche Führung. Verstehen die Jungen, wie ein Samuel den
Herrn noch nicht, dann bleibt die Kirche Christi auch in der
Gegenwart unendlich arm an lebendigem Wort von Gott.