Joh 21,19
C.O.Rosenius
Spricht Er zu Ihm: Folge Mir nach! Joh. 21, 19.
Hier begehrt der Herr einen Dienst von Seinem armen Petrus
und läßt ihn Hirte der Schafe werden, wie Er es war, und läßt
ihn Seinen Diener und Mitarbeiter werden. Dieselbe Gnade
gibt Er allen Seinen Freunden, obwohl auf verschiedenen
Wegen, in verschiedenen Ständen und Berufen. Wir dürfen alle
Christi Diener werden, für andere dasselbe tun und sein, was
Er für uns ist. Allen, die Ihn lieben, sagt Er: ,,Folge Mir
nach!" Auch der Apostel Paulus sagt: ,,Seid Gottes Nachfolger
als die lieben Kinder und wandelt in der Liebe, gleichwie
Christus uns geliebt hat und Sich selbst für uns dargegeben."
Auch zu uns sagt Christus: ,,Ich bin gekommen, daß ihr das
Leben und volle Genüge haben sollt; was Ich habe, das sollst
auch du haben; fehlt dir etwas, soll es auch Mir fehlen; hast
du Meine Gerechtigkeit, Mein Leben und Meine Seligkeit, wird
keine Sünde dich verdammen, kein Übel dich überwältigen, und
du wirst ganz sicher sein in Ewigkeit. Solange Ich gerecht
bin und lebe, wirst auch du gerecht sein und leben um
Meinetwillen." So will Er, daß auch wir mit derselben Liebe
zu unserem Nächsten sprechen sollen: ,,Sieh, mein lieber
Bruder, ich habe meinen Herrn und alle Gnade und Seligkeit in
Ihm erhalten; laß mich nun auch dir dienen, so wie Er mir
gedient hat. Ich will nicht mehr mich oder etwas, was ich
habe, mein nennen, sondern ganz dir und allen Menschen zu
Diensten stehen, nur um meines teuren Herrn willen, der mir
so viel Gutes getan hat und noch täglich tut." So handeln
heißt, ein Nachfolger Christi zu sein und ,,nicht mehr sich
selbst zu leben, sondern dem, der für uns gestorben und
auferstanden ist". Denn das ist ja die Aufgabe unseres
Lebens, wenn wir Christen sind.
Doch wie geht es hiermit in Wirklichkeit? Es ist nicht damit
genug, es nur zu wissen, sondern es soll auch täglich im Werk
und in der Tat geübt werden. Welche gewaltigen Hindernisse
legen sich da in den Weg! Es gibt niemanden, der es recht
glaubt, daß Christus uns so liebt und dient, wie wir es eben
sagten, und daß Er sich um unsere armen Dienstleistungen
kümmert und an denselben sein Wohlgefallen hat; es sind auch
nur wenige, die es beachten und ins Herz zu bringen suchen.
Denn wer glaubt es recht, daß Er wirklich Gefallen an unseren
armen Werken habe?
Die armen Verblendeten, die in einem falschen Glauben
dahinleben, indem sie meinen, der Wert der eigenen Werke
vor Gott sei so groß, daß Er sie um ihrer Werke willen
lieben würde, haben einen solchen Glauben, daß es geradezu
erschrecklich ist, zumal der Teufel gerade solchen Glauben
unterstützt. Erhält ein Mensch rechtes Licht über den Mangel
und die Unwürdigkeit seiner guten Werke, sieht er, daß kein
einziges Werk in sich vor Gott unsträflich, rein oder
angenehm ist. Wir müssen selbst für unsere besten Werke
Vergebung haben oder wegen derselben verdammt werden. Die
Werke gefallen Gott nicht um ihres eigenen Wertes willen,
sondern nur, weil Gott erstens um Seines Sohnes willen
Gefallen an uns hat und sich darum auch kleine Liebesdienste
gefallen läßt, und zweitens um Seines Gebotes willen, d. h.,
weil es Ihm gefällt, uns zu gebieten, ein Werk für Ihn zu
tun, so daß das Werk um dessentwillen, der dasselbe befahl,
Wert hat. Wenn man dies versteht, dann will man trotzdem
nicht glauben und sich freuen, Ihm dienen zu dürfen, sondern
geht und blickt doch nur auf die eigene Beschaffenheit des
Dienstes oder des Werkes. Wenn dieses nun von geringer
Bedeutung ist, kann man nicht glauben, daß man Christus damit
Freude macht. Das ist eine Plage, die stets der rechten
Lehre von den Werken anhaftet, so daß man vor Mutlosigkeit,
etwas ausrichten zu können, am liebsten schweigen möchte.
Ach, der schwarze, unheilvolle Unglaube und die Finsternis
des verblendeten Herzens! Es ist eigentlich der unheilvolle
Unglaube, der Heide im Herzen, der die Gläubigen daran
hindert, das Gute mit der Lust und dem Fleiß zu verrichten,
wie sie es sonst tun würden. Denn soviel lieben sie doch
ihren Heiland, daß sie, wenn sie nur wirklich glaubten, Ihm
zu dienen, dann auch mit großer Freude zu diesem Dienst
hineilen würden, auch wenn es ein weiter Weg wäre. Wenn Er
in sichtbarer Gestalt in ihr Haus käme und Speise oder
Kleidung von ihnen begehrte, würden sie Ihm gewiß nichts
vorenthalten, sondern das Beste, was sie hätten, hervorholen.
Wenn Er aber an Seiner Stelle einen armen Menschen schickt,
der Speise, Kleidung oder Geld nötig hat, ist man ganz
bedenklich. Könnten wir dann glauben, daß Jesus neben ihm
steht, uns anblickt und spricht: ,,Was ihr diesem Geringsten
tut um Meinetwillen, das tut ihr Mir!" - o, welche Freude
würde es uns dann machen zu geben oder auszuleihen, je
nachdem es vonnöten sein würde! Wenn wir aber nichts recht
glauben, haben wir weder Lust noch Trieb, das Gute zu tun.
Die Werke kommen gewißlich her
Aus einem rechten Glauben;
Denn das nicht rechter Glaube wär,
Dem man die Werk wollt rauben.
Doch macht allein der Glaub' gerecht,
Die Werke sind des Nächsten Knecht,
Dabei wir'n Glauben merken.