Johannes

Joh 21,17 Ch.Spurgeon "Simon Jona, hast du mich lieb?" Johannes 21,17

Petrus war ein fleißiger Jünger. Wie spontan rief er, als er auf dem galiläischen Meer war: "Herr, bist du es, so heiße mich zu dir auf das Wasser kommen!" Welcher Mut! Welcher Glaube! Welch ein Eifer! Auch bei der Begebenheit, die dieser Frage des Herrn vorausgeht, kann Petrus in seinem Eifer nicht warten, bis das Boot ans Ufer stößt, sondern umgürtet sich und wirft sich ins Meer, um zu dem Meister zu kommen, den er liebt. Und doch stellt der Herr, der diesen Eifer sieht, die herausfordernde Frage: "Hast du mich lieb?"

Ja, junger Mann, du nimmst es mit deiner Sonntagschule ernst, du hast die Bekehrung der Kinder gesucht, spornst andere an und gibst jeder Bewegung, an der du teilnimmst, mehr Leben. Dennoch ist es nötig zu fragen, ob du in Wirklichkeit den Herrn liebst oder nicht. Vielleicht, mein lieber Bruder, stehst du an den Straßenecken den Menschen gegenüber, und es ist dir eine Freude, von deinem Herrn zu reden, ob die Menschen darüber spotten oder nicht; und doch, bist du überzeugt, daß du den Herrn Jesus liebst? Meine Schwester, du besuchst die Armen und sorgst für die Schwachen, du strengst dich an, der Jugend Gutes zu tun und bist in allen Dingen, die des Herrn Sache betreffen, voll Wärme. Wir freuen uns über dich und hoffen, daß dein Eifer nicht abkühlt. Dennoch muß ich dir die Frage vorlegen: "Hast du den Herrn Jesus lieb?" Es gibt einen Eifer, der sich von der Rücksicht auf die Meinungen anderer nährt und durch den Wunsch erhalten wird, für ernst und nützlich angesehen zu werden. Es gibt einen Eifer, der mehr von der Wärme der Natur als von dem heiligen Feuer der Gnade herrührt. Dieser Eifer hat viele fähig gemacht, große Dinge zu tun. Und doch, wenn sie alles getan haben, sind sie nur ein tönendes Erz und eine schallende Zimbel gewesen, weil sie den Herrn nicht liebten.





Ch.Spurgeon "Simon Jona, hast du mich lieb? . . .Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, daß ich dich lieb habe." Johannes 21,17

Unser Herr fragt Petrus, ob er ihn lieb habe. Er fragt nicht nach seiner Liebe zum Reich oder Volk Gottes, sondern zu ihm selbst. Er nennt Petrus bei seinem alten Namen - "Simon Jonas" -, um ihn daran zu erinnern, was die Gnade für ihn getan hat. Danach fragt unser liebevoller Heiland in schlichten, deutlichen Worten nach seiner Liebe zu ihm. Das war kein "auf-den-Busch-Klopfen", er kam sogleich zur Sache; denn hierbei kann weder Zweideutigkeit noch Zweifel geduldet werden. Wie der Arzt den Puls seines Patienten fühlt, um sein Herz zu beurteilen, so prüft Jesus den Puls der Seele des Petrus. Er fragt nicht: "Simon, Sohn Jonas, bereust du deine Torheit?" Reue ist eine wertvolle Gnadengabe und sehr wichtig. Aber es war weiser, nach der Liebe des Petrus zu forschen, weil ein Jünger, der seinen Meister liebt, tief bekümmert sein wird, wenn er ihn verleugnet hat. Der Herr fragt Petrus auch nicht nach seinem Glauben, den man wohl in Frage hätte stellen können; denn er hatte geschworen: "Ich kenne diesen Menschen nicht!" Es wäre eine wichtige Frage gewesen, aber sie wurde beantwortet, als Petrus seine Liebe bekannte. Denn wer liebt, der glaubt. Und niemand kann einen Heiland lieben, an den er nicht glaubt. Der Herr faßt alle anderen Punkte in dieser einen Frage zusammen: "Hast du mich lieb?"

Dreimal stellt der Herr diese Frage, und wir erkennen daran ihre Wichtigkeit. Wenn ihr euch selbst prüft, dann untersucht besonders eure Liebe zum Herrn. Die Liebe zu dem Herrn Jesus ist der Lebensnerv, nach dem ihr vor allem zu sehen habt.

Achtet nun aber auch darauf, wie bescheiden Petrus antwortete. Er brachte keine Gefühle zum Ausdruck und suchte auch nicht irgendwelche Beweise. Er sprach gleichsam: "Herr, ich berufe mich auf deine Allwissenheit. Du kannst ja in mein Herz sehen, und darum brauche ich dir eigentlich gar nichts zu sagen. Du weißt, daß ich dich lieb habe."

Könnten wir dem Herrn dieselbe Antwort geben, wenn er uns heute nach unserer Liebe zu ihm fragen würde?





C.O.Rosenius Herr, Du weißt alle Dinge, Du weißt, daß ich Dich liebhabe. Joh. 21, 17.

Möchte ein jeder so aufrichtig gegen sich sein und sich vor dem Angesichte Jesu prüfen, ob er dasselbe wie Petrus bekennen kann. Auch dich, der du dieses liest, fragt der Herr: ,,Hast du Mich lieb?" Antworte vor dem Herrn, wie es wirklich ist, und nimm dir nicht vor zu versuchen, dein Herz zu bewegen, Jesus zu lieben; denn diese Liebe kann nicht genommen, sie muß geboren werden. - Hast du solche Erfahrungen mit Christus gemacht, daß Er deine höchste Freude, dein höchster Trost und Schatz geworden ist, so daß du nicht unterlassen kannst, Ihn zu lieben, nach Ihm zu hungern und zu dürsten?

Auf diese Frage werden sehr verschiedene Antworten gegeben. Wir reden nicht von den bezauberten, selbstzufriedenen Heiligen, die diese Frage nie auf sich deuten, sondern nur an andere denken. Wir wollen stattdessen von den verschiedenen Antworten von seiten ernster, gläubiger Christen reden. Viele können mit lieblichem Gefühl sofort mit Petrus antworten: ,,Ja, Herr, Du weißt, daß ich Dich liebhabe." Andere wiederum antworten: ,,Herr, Du weißt, daß ich Dich nicht liebhabe; Du kennst die Kälte, die Härte und Gleichgültigkeit meines Herzens. Ach, es ist schrecklich!" Laßt uns mit diesen letzteren reden.

Was soll ein Christ tun, der nichts anderes als seine große Kälte fühlt? Was soll er tun, wenn er Jesus wirklich nicht liebt, sondern wenn er lau oder aber unter aller seiner Gesetzesarbeit ganz kalt gegen den Heiland ist, dann aber mit Schrecken über dieses Verhältnis erwacht? Gepriesen sei die ewige Liebe, daß der Heiland selbst diese Frage beantwortet hat! Sonst wären wir nie recht gewiß in unserem Sinn geworden. Der Herr Christus hat zu zwei verschiedenen Malen gerade von solchen geredet, um die es sich hier handelt. Von dem einen sagt Er, daß er ,,die erste Liebe verlassen habe", und von dem anderen heißt es, daß er ,,weder kalt noch warm", sondern lau sei. Gott sei ewiglich gepriesen, daß wir erfahren dürfen, was Er zu solchen sagt! Seine eigenen Worte stehen Offb. 2, 1-5 und 3, 14-22 vor aller Augen. Er redet da eigentlich zu solchen, die über sich selbst nicht bekümmert waren, sondern die im Gegenteil sagten: ,,Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts." Darum redet Er sie mit ernstlichen Drohungen an, wie z. B., daß Er den Leuchter in Ephesus von seiner Stätte ,,wegstoßen" und daß Er die Lauen in Laodicea aus Seinem Mund ,,ausspeien" wolle, während wir in der ganzen Bibel nicht ein einziges Beispiel dafür finden, daß Er jemanden mit Drohungen und Strenge angeredet hat, der sich selbst richtete und strafte und der einer Verzweiflung nahe gewesen ist. Aber beachte jetzt das Herrliche, das uns veranlassen kann, vor Freude zu rufen oder zu weinen, wenn wir dies recht zu bedenken Gnade erhalten. Mitten in die erschreckliche Rede an die Lauen in Laodicea, denen Er droht, sie ,,aus Seinem Mund auszuspeien", mitten in diese strenge Anrede legt der Herr das unaussprechlich liebliche Wort hinein: ,,Welche Ich liebhabe, die strafe und züchtige Ich. So sei nun fleißig und tue Buße!" O, mein Herr und Gott! War dies Deine Meinung bei der furchtbaren Anrede? Rührte sie daher, daß Du den ,,lauen", unwürdigen Jünger liebtest? O, dann kann man ja recht anfangen, Dich zu lieben, wenn Du auch mit der erschreckendsten Anrede ein solches Herz und eine solche Absicht hast. Dann weiß ich, was es bedeutet, wenn Du auch heute unsere Herzen erschreckst: Du liebst uns - und ,,welche Ich liebhabe, die züchtige Ich". Du willst ja nur unsere Errettung, nicht unseren Tod oder daß wir verzweifeln und vor Dir fliehen sollen.

Soll ich Liebe zum Herrn Jesus erhalten, dann muß ich Ihn in einer solchen Weise kennenlernen, daß ich von Ihm eingenommen werde. Wir wissen: Unser Herz ist so beschaffen, daß es oft ebenso schwer wird, von einer Liebe frei zu werden, die man mißbilligt, wie es schwer ist, eine solche Liebe zu erhalten, die man sich wünscht. Die Liebe zu Jesus brauchst du nie zu mißbilligen; sie bleibt leider stets zu schwach. Wir führen dies auch nur an, damit du einmal bedenken möchtest, wie es zugeht, Liebe zu erhalten - daß es nämlich nur dann geschieht, wenn etwas mein Herz einnimmt. Liebe zu Jesus zu erhalten, geschieht nie durch Arbeit an dem Herzen, sondern nur durch solche Erfahrungen Seiner Liebe, daß man dadurch von Ihm eingenommen wird. ,,Wem viel vergeben wird, der liebt viel." Das verstand jener alte Lehrer, den ein fast zur Verzweiflung betrübter Mann besuchte, der gerade diese Besorgnis hatte, daß er Jesus nicht liebte. Er sagte, er könne auf die Frage Jesu: ,,Hast du Mich lieb?" nichts anderes antworten als: ,,Du weißt, daß ich Dich nicht liebhabe." Der alte Seelsorger antwortete: ,,Dann weiß ich keinen besseren Rat als den, daß du die Frage zurück an den Heiland richtest und Ihn fragst: ,,Hast Du mich lieb?" Denn es ist doch nicht deine Liebe zu Ihm, sondern Seine Liebe zu dir, die hier helfen kann. Johannes sagt: ,,Darin steht die Liebe: Nicht, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß Er uns geliebt hat und Seinen Sohn gesandt hat zur Versöhnung für unsere Sünden." Und als der Lehrer eine Weile in diesem Ton geredet hatte, brach der niedergeschlagene Mann in Tränen aus und sprach: ,,Jetzt kann auch ich sagen: ,,Herr, Du weißt, daß ich Dich liebhabe."

O Wonne, welche Seligkeit! So wie ich bin, Herr, liebst Du mich! Ich sage drum mit Freudigkeit: Du weißt es, Herr, ich liebe Dich.