Joh 21,16
C.Eichhorn
Wer den Herrn Jesus nicht liebt, ist verflucht
Simon Jona, hast du mich lieb? Joh. 21, 16
Es ist die Grund- und Hauptfrage. Alles, was wir für Jesus
tun, ist wertlos, wenn der warme Hauch der Liebe fehlt. Sie
muß die Seele all unseres Tuns sein, sonst ist es totes Werk,
maschinenmäßige Geschäftigkeit. Stehen wir in der Liebe zu
ihm? In dem Maß, als wir der Liebe Christi zu uns Raum geben
und uns in sie versenken, uns von ihr durchdringen lassen,
werden wir ihn wiederlieben. Wer ihn liebt, der lobt ihn.
Mütter loben ihre Kinder, oft ohne Grund und wider die
Wahrheit. Jesus und seine herrlichen Eigenschaften können
wir nie genug preisen. Die Liebe wird nicht müde, ihn zu
loben. Wer ihn liebt, labt sich an seinen Worten und am
Umgang mit ihm. Liebende pflegen gern Austausch miteinander.
Wer Jesus liebt, wird nicht satt, sein Wort zu hören und zu
lesen, und der Umgang mit ihm ist tiefstes Bedürfnis einer
ihn liebenden Seele. Wer Jesus liebt, der ist auch bereit,
für ihn etwas zu leiden. "Liebe gebiert Leiden und wird
durch Leiden gereinigt und geläutert", sagt Tersteegen.
Petrus glaubte im überschwellenden Gefühl der Liebe, mit
Jesu ins Gefängnis und in den Tod gehen zu können. Er
überschätzte sich. Seine Liebe war noch nicht stark genug,
die Leidensscheu zu besiegen. Eine Mutter leidet mit ihrem
Kind und für ihr Kind und denkt nicht, sie tue etwas
Besonderes, wenn sie in der Pflege des kranken Kindes sich
selbst verzehrt. Wahre Liebe leidet für den Heiland Schmach,
Spott und Verfolgung. Gerade durch Leiden wird das Band der
Liebe erst recht fest geschmiedet. Der Liebe bereitet es
Leiden, wenn sie ihn betrübt hat. Petrus ward traurig, als
der Herr zum drittenmal fragte: Hast du mich lieb? Es
erinnerte ihn an seine dreimalige Verleugnung. Zuvor schon
weinte er bitterlich. Am Schmerz darüber, daß wir seine
Liebe betrübt haben, erkennen wir, daß wir ihn lieben, und
sein immer neues Vergeben mehrt die Liebe. Denn wem viel
vergeben ist, der liebt viel. Wer den Herrn Jesus nicht
liebt, der ist Anathema: er ist von Gott verlassen und
verflucht (1. Kor. 16, 22). Auf ihm ruht Gottes Bann. Die
Wirkung des göttlichen Fluches sehen wir an dem Feigenbaum,
den Jesus verfluchte: er verdorrte. Der Feigenbaum ist ein
Bild des Volkes Israel, das den Heiland verwarf, an dem alle
Bemühungen seiner Liebe vergeblich waren. Daher kam Gottes
Fluch über es. Der Segen Gottes ist der Geist des Lebens
(Gal. 3, 14). Wo er ist, da erblüht ein Garten Gottes. Wer
Jesus nicht liebt, ist des Segens beraubt und dem geistlichen
und zuletzt dem ewigen Tod verfallen.
Ich liebe dich, weil du, Gott, voll Erbarmen
mich liebst von Ewigkeit.
Ich liebe dich; du hebst und trägst mich Armen
stets mit Barmherzigkeit.
C.O.Rosenius
Hast du Mich lieb? Joh. 21, 16.
Es ist der Herr, der hier redet, Er, der am Jüngsten Tag
richten wird, den du im Gebet anrufst. Wir sollten doch,
wenn es sein müßte, auf unseren Knien nach Jerusalem
kriechen, um von Ihm selbst zu hören, wonach Er zuerst fragt.
Nun, zuerst fragt Er nach deiner Liebe. Warte noch mit der
Antwort, bis du Seine Meinung wohl erfaßt hast. Beachte!
Seine erste Frage ist diese: ,,Hast du Mich lieb?" Nicht:
,,Dienst du und gehorchst du Mir? Bekennst du Mich?",
sondern: ,,Liebst du?" Zweitens sagt Er nicht: ,,Liebst du
das Meine?", sondern ,,Mich". Er sagt nicht: ,,Liebst du
Meine Kräfte und Gaben?" sondern: ,,Liebst du Mich?" - Mich
als eine Gabe an dich, Mich in Meiner Person als deinen
ganzen Trost und deine ganze Seligkeit?
Was das erste betrifft, so kannst du dessen sicher sein, daß
du Liebe zu Jesus hast, wenn du Ihm dienst und gehorchst;
denn Jesus sagt ja: ,,Wer Mich liebt, der wird Mein Wort
halten; wer Mich nicht liebt, der hält Meine Worte nicht."
Und Johannes sagt: ,,Das ist die Liebe zu Gott, daß wir Seine
Gebote halten." Aber warte, du deutest es zu schnell. Wir
werden bald sehen, daß es nicht sicher ist, daß du Jesus
liebst, obwohl du in einer gewissen Weise Ihm dienst und
gehorchst oder die Werke tust, die Er dir befiehlt. ,,Seine
Gebote halten" ist noch etwas mehr. Wir werden mit Christi
eigenen Worten zeigen, daß man ein ausgezeichneter Diener
Christi sein, große geistliche Erleuchtung und einen großen
Reichtum an den herrlichsten Taten und großen Eifer für die
Sache Christi haben kann, während man Ihn doch nicht recht
liebt. In dem Brief an den ,,Engel der Gemeinde zu Ephesus"
sagt der Herr ausdrücklich, daß dieser Lehrer nicht nur
eine allgemeine christliche Erleuchtung, sondern auch einen
feinen, prüfenden Blick hatte - ,,du hast versucht die, so da
sagen, sie seien Apostel, und sind es nicht, und hast sie als
Lügner erfunden." Ferner sagt Er ausdrücklich, daß dieser
Lehrer nicht unter denen sei, die nur Erkenntnis, Erleuchtung
und Worte haben, sondern er hat auch Kraft und Eifer zu
heiliger Wirksamkeit. Ja, er arbeitete so treu für den Namen
des Herrn Christus, daß er deswegen leiden mußte, und dabei
hatte er ,,Geduld". Drittens sagt der Herr, daß dieser
Lehrer nicht nur erleuchtet und mit Predigen im allgemeinen
wirksam sei, sondern daß er in seiner Gemeinde auch gute
Kirchenzucht geübt und falschen Lehren entgegengetreten sei.
Fasse nun das alles zusammen, und du wirst ein Bild von einem
seltenen Diener Christi sehen; und doch - und doch hatte er
die erste Liebe verlassen; nur dadurch war sein ganzer
Zustand derart, daß, wenn keine Änderung geschähe, der Herr
bald kommen und den Leuchter von seiner Stätte wegstoßen
würde. Hieraus kannst du erkennen: ,,Seine Gebote halten"
ist etwas mehr, als gewisse Werke nach Seinen Geboten zu
tun. Auch wenn du ein ebenso ausgezeichneter Diener Christi
wärest, wie jener es war, hat der Herr doch noch eine Frage
an dich: ,,Hast du Mich lieb?"
Was das letztere betrifft, oder daß du auf das Wort ,,Mich"
achtgeben mußt - ,,liebst du Mich, nicht das Meine?" - so
unterscheidet sich gerade hierdurch die echte Brautliebe von
der Hurenliebe. Viele haben eine gewisse Liebe zu Jesus nur
wegen der vortrefflichen Dinge, die Er in ihnen und anderen
wirkt, sind aber nie als verlorene Sünder von Ihm errettet
und von Seiner bloßen Liebe oder von dem, was Er in Seiner
Person ist, überzeugt worden. Sie lieben Ihn, wie gesagt
wurde, wegen der schönen Gaben. Das heißt ,,Hurenliebe" Wir
reden nicht von so groben Leuten wie Judas Ischariot, der
dem Herrn Jesus um des Beutels Willen folgte, oder von dem
Zauberer Simon, der sich aus derselben unreinen Begierde die
Gaben des Heiligen Geistes erkaufen wollte, sondern wir reden
von dem unheimlich feinen und geheimnisvollen Betrug unserer
Selbstvergötterungsnatur, deren Grund durch das bezaubernde
Wort der alten Schlange ,,Ihr werdet sein wie Gott und
wissen, was gut und böse ist" gelegt wurde. Denn seit
der Zeit hat sich neben den sinnlichen Lüsten auch eine
ebensolche adamitische Vergötterungsnatur gefunden, zu der
der Mensch flieht, wenn er die Greuel der Sünde empfindet.
Wenn er dann wie der eben genannte Simon merkt, daß es im
Namen Jesu Kräfte gibt wie sonst nicht, daß in Ihm alle
Schätze der Weisheit und der Erkenntnis, die Kräfte zu allen
Tugenden und heiligen Werken verborgen liegen, wirft er sich
auf diese, wird ein Jünger Jesu, liebt Ihn und folgt Ihm,
betet und ruft Ihn an, alles aber mit dem Blick auf diese
Kräfte und Gaben und nicht um deswillen, was Er getan hat und
was Er in Seiner Person ist. Was Er in Seiner Person ist und
was Er getan hat, kann man mit dem Verstand erkennen und mit
dem Mund preisen; aber das Herz sieht nach den Gaben, der
ganze Blick der Seele ist nur auf diese, nicht auf den
Gekreuzigten gerichtet.
Ach, daß wir doch um des Herrn willen und wegen der Errettung
unserer Seele so aufrichtig würden, daß wir darauf achtgäben,
was der Gegenstand des Herzens ist,- ob es die Gnade, die
Versöhnungsgnade, das Waschen im BlutJesu ist! Es hilft
nichts, daß der Kopf und die Zunge christlich sind! - Denke
nach, was das Erste und das Letzte deines Herzens ist.
Alle Deine Gaben
Können mich zwar laben;
Aber keine, Jesu Christ,
Ist mir, was Du selber bist!