Johannes

Joh 21,15 S.Keller Joh. 21, 15: «... Hast du mich lieber, denn mich diese haben ...?»

Wer aus diesem Wort Jesu an Petrus die Berechtigung ableiten will, seinen religiösen Besitzstand mit dem der Brüder zu vergleichen, um herauszufinden, wer mehr Frömmigkeit, mehr Jesusliebe, mehr Heilandsnähe hat, der irrt sehr und hat Jesu Frage nicht verstanden. Das war ja vor dem Fall Petri Fehler gewesen, daß er sich über alle andern erhoben hatte; darum lag jetzt in Jesu Wort eine Strafe, eine Beschämung: ,,Jetzt wirst du wohl nicht mehr so denken!" Darum kann der Jünger auch nicht auf diese Frage antworten, sondern sagt ganz bescheiden: ,,Du weißt, daß ich dich lieb habe." Ach, wenn wir doch das ungeistliche Vergleichen und Messen der andern ohne eine so tiefe Demütigung wie Petrus aufgeben wollten! Wir sind keine Herzenskündiger; wir sehen beim andern auch in geistlichen Dingen nur das, was vor Augen ist und kennen die geheimen Zuflüsse und die verborgenen Antriebe des andern nicht. Der Herr allein weiß, wie er seine Leute einzuschätzen hat. Der Hauptunterschied zwischen uns ist nicht das Maß unserer Liebe, sondern die Völligkeit der Hingabe und die Energie, damit uns Christus ergreifen kann.

Darum, Herr Jesus, ziehe meinen Blick von den andern ab auf dich. Von dir kann ich nehmen, was mir not tut. An dir kann ich lernen, wie ich sein soll. An dir kann ich mich nicht satt sehen. Erquicke meine Seele durch dich selbst! Amen.