Joh 20,15
C.Eichhorn
Ostermontag
Jesus sprach zu Maria Magdalena: Frau, was weinst du?
Wen suchst du? Joh. 20, 15
Die Worte des sterbenden Heilands sind überaus wichtig. Aber
auch die ersten Worte des Auferstandenen sind nicht minder
bedeutungsvoll. "Was weinst du?" Das ist das erste Wort, das
über seine Lippen kam, als er dem Grab entstiegen war. Es
ist eine Frage herzlicher Teilnahme. -
Der Auferstandene hat dasselbe liebevolle Herz, wie in seinen
Erdentagen. Er fühlt sich hingezogen zu den Trauernden. Er
steht dem menschlichen Jammer nicht kalt und teilnahmslos
gegenüber. "Warum seid ihr so traurig?" fragt er am
Nachmittag des Auferstehungstages die beiden Jünger, die
nach Emmaus gingen. - "Was weinst du?" fragt er auch dich
in deinem Schmerz. Sage ihm, was dich drückt! Schütte dein
Herz vor ihm aus! Er ist kein Toter, mit dem man keine
Beziehungen haben kann. Er ist ein lebendiger und
gegenwärtiger Heiland. Deine Worte verhallen nicht
wirkungslos in der Luft. Sie dringen in sein Ohr und Herz.
Es ist schon eine Erleichterung, wenn man seinen Jammer
offenbaren darf. Verschließt man ihn in sich, nagt und frißt
er an der Lebenswurzel. - Maria weinte und hatte doch keinen
Grund, Tränen zu vergießen. Denn Jesus, um den sie weinte,
stand neben ihr. Jesus lebt! Darum ist kein Grund da zum
Jammern und zum Klagen. Nur wenn er uns genommen würde, dann
hätten wir Ursache zum Weinen. - Vielleicht hast du dein
Teuerstes verloren, den geliebten Mann oder die Gattin oder
den einzigen Sohn, die Tochter, jemand, an dem dein ganzes
Herz hing. Die Sonne deines Lebens ist untergegangen. Dein
Dasein erscheint dir wertlos. Nun naht sich dir der Heiland.
Du hast ihn vielleicht bisher nicht viel beachtet. Er war
für dich wie tot. Jetzt klopft er bei dir an. Tu ihm auf
und laß ihn ein! Dann starrt dich das Leben nicht mehr öde
und finster an. Es bekommt Inhalt und Bedeutung, Erquickung
und Trost durch den lebendigen Heiland. Er kann dir alles
ersetzen und allen Jammer versüßen. "Kein Angststein liegt
so schwer auf mir, er wälzt ihn von des Herzens Tür." Ihm
ist kein Feind zu stark, keine Verlegenheit zu groß, keine
Versuchung zu mächtig. Er wird über alles Herr. - Das
zweite Wort des Auferstandenen lautet: Wen suchst du?" Eine
Gewissensfrage! Suchst du dich, deinen Nutzen, deine Ehre,
dein Wohlleben, dann ist es kein Wunder, wenn dein Leben dir
große Enttäuschungen bringt. Du findest nie ganz, was du
suchst. Anstatt über die bitteren Erfahrungen zu klagen,
jammere lieber darüber, daß du den Heiland auf die Seite
gesetzt und seine Liebe verachtet hast! - Suche ihn mit
Tränen der Reue, so wirst du ihn finden. Er lebt und hat
schon lange nach dir ausgeschaut. Sei getrost! Er steht
schon neben dir und wird dein reuiges Verlangen in seligen
Frieden verwandeln.