Joh 18,37
C.O.Rosenius
Du sagst es, Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren.
Joh. 18, 37.
,,Ich bin ein König", bekennt der Herr Christus vor Pilatus.
Und sieh! Der von der ganzen Welt nicht erkannte und
verachtete Christus wird schließlich als ein großer und
mächtiger König erkannt werden, der ein gewaltiges Reich auf
Erden hat, das alle Völker und Länder unter Sein Zepter legt.
Die blinden Ungläubigen hören und singen davon, sehen aber
nichts und vernehmen nichts davon; Christi Reich ist ihnen
gleichsam ein Traumbild, ein Nichts, nur Einbildung
einiger verwirrter Menschen. Aber nun schau doch, welch
außerordentliche Macht dieses Reich in der Welt ausübt!
Sieh, wie alle Völker und Länder ganz umgewandelt werden,
sobald das Evangelium Christi unter ihnen zur Herrschaft
kommt, und erkenne, wie es ohne des Schwertes Gewalt auch
unter seinen schlimmsten Widersachern einen Sieg nach dem
anderen gibt! Sieh ferner, wie keine menschliche Macht es
bekämpfen kann! Als dieser König Seinen armen Zeugen den
Befehl erteilt hatte: ,,Geht hin in alle Welt und predigt das
Evangelium aller Kreatur", da gingen sie und fragten keinen
Kaiser um Erlaubnis, sondern trotzten den strengsten Verboten
und dem stärksten Widerstand aller Kaiser. Diese hatten dem
Reiche Christi gegenüber keine Macht trotz aller ihrer
Rüstkammern und Marterwerkzeuge. Alle Scheiterhaufen,
Richtbeile und Schwerter wurden hier ohnmächtig. Christi
Reich ist kein Traumbild, wie die Welt meint. Die Zahl der
eigentlichen Märtyrer, die nicht nur geistlich umgewandelt
wurden, sondern auch die gräßlichsten Martern um der Sache
Christi willen haben leiden wollen, ist so groß, daß sie sich
auf viele Millionen beläuft. Christi Reich ist kein
Traumbild, wenn z. B. die Bibel in viele hundert
verschiedene Sprachen übersetzt ist.
Das Reich unseres Herrn Jesus ist kein Traumbild. Du hast
vielleicht mit deinen Augen gesehen, daß Menschen, die von
keiner irdischen Macht oder Kunst in ihrem Herzen und Gemüt
von ihrem fleischlichen und gottlosen Sinn umgewandelt werden
konnten, nur durch das Evangelium so umgeschaffen wurden, daß
sie, die zuvor aus lauter Eitelkeit von morgens bis abends,
tagein, tagaus nur in irdischen Gedanken, Worten und
Beschäftigungen lebten, jetzt einen geistlichen Sinn, ein
geistliches Herz und einen geistlichen Verstand empfangen
haben. Mit herzlicher Freude und Liebe denken und reden sie
von Christus und dem, was Ihm angehört, und wollen mit Worten
und Werken Ihm dienen. - Und dies nicht aus Zwang, sondern
aus der innersten Lust und Neigung des Herzens. Du hast
vielleicht gesehen, daß ein Mensch, der zuvor immer sicher
und mit sich zufrieden war, jetzt aber beständig mit sich
unzufrieden ist, sich vor seinem eigenen Herzen fürchtet und
seinen ganzen Trost nur in Christus allein hat. Du hast
vielleicht gesehen, daß ein Mensch, der zuvor beständig
unglücklich und mit Gott und den Menschen unzufrieden war,
jetzt einen tiefen
Herzensfrieden und Freude in seinem Heiland erhalten hat,
oder daß ein Mensch, der sich früher nie um das Wohl oder
Wehe seines Nächsten kümmerte, jetzt eine solche Liebe hat,
daß er unausgesetzt daran denkt, wie dieser oder jener
errettet werden könne. - Zeugen nicht alle diese Zeichen von
einer großen, wundersamen Macht, die das innerste Wesen der
Menschen so umgestalten kann? Und stehen nicht alle solche
Zeichen offenkundig vor unseren Augen? Erkenne daran, was
Christi Reich ist, und wisse, daß Er wirklich ein großer,
mächtiger König ist, der trotz des Widerstandes aller Mächte
mit Seiner Sache vorwärtsschreitet und das zustandebringt,
was der Macht und Klugheit aller Menschen unmöglich ist.
Alles das aber, was wir teilweise vor Augen sehen, können wir
von der Person und dem Wesen dieses Königs auch erwarten. Es
konnte ja nicht anders sein, wenn wir bedenken, wer dieser
König ist, der von alters her beizeiten offenbart hat, daß Er
auf Erden ein solches Werk zustandebringen sollte. ,,Ich bin
dazu geboren und bin dazu in die Welt gekommen", spricht Er.
Wer ist Er? Die Worte ,,in die Welt gekommen" müssen in der
Bedeutung genommen werden, die sie in Seinem Mund wirklich
haben, wenn Er z.B. spricht: ,,Ich bin vom Vater ausgegangen
und in die Welt gekommen; wiederum verlasse Ich die Welt und
gehe zum Vater." In Bethlehem sollte der geboren werden,
,,dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen
ist." Er ist ein König, der beim Vater war, bevor die Welt
geschaffen wurde.
Bedenke nur! Sollte dieser König nicht herrschen und ein
mächtiges Reich haben? Das war ja das ganze Alte Testament
hindurch vorausgesagt. So redet der Vater zum Sohne:
,,Heische von Mir, so will Ich Dir die Heiden zum Erbe geben
und der Welt Enden zum Eigentum." Und abermals: ,,Es ist
ein Geringes, daß Du Mein Knecht bist, die Stämme Jakobs
aufzurichten und die Bewahrten Israels wiederzubringen; Ich
habe Dich auch zum Licht der Heiden gemacht, daß Du seiest
Mein Heil bis an der Welt Ende." ,,Seine Herrschaft soll so
groß sein und des Friedens kein Ende." So wird Er auch in dem
Gesicht Daniels dargestellt wie ,,eines Menschen Sohn, der in
des Himmels Wolken kam", und sodann wird gesagt: ,,Er gab Ihm
Gewalt, Ehre und Reich, daß Ihm alle Völker, Leute und Zungen
dienen sollten. Seine Gewalt ist ewig, die nicht vergeht,
und Sein Königreich hat kein Ende." Darum wird Er auch in
Offb. 19 als ein König dargestellt, ,,auf dessen Haupt viele
Kronen sind", und ,,auf dessen Kleid und Hüfte ein Name
geschrieben stand: ,,Ein König aller Könige und ein Herr
aller Herren."
O mächtiger Herrscher ohne Heere,
Gewaltiger Kämpfer ohne Speere,
O Friedenstürst von großer Macht!
Es wollen Dir der Erde Herren
Den Weg zu Deinem Thron versperren,
Doch Du gewinnst ihn ohne Schlacht.