Joh 17,21
W.Nee
Daß sie alle eins seinen, gleich wie du, Vater, in mir bist
und ich in dir; daß auch sie in uns eins seien, damit die
Welt glaubt, daß du mich gesandt hast. Johannes 17,21
»Durch die Gemeinde«, nicht durch den einzelnen, soll den
Mächten im Himmel Gottes Weisheit kundgetan werden; und zu
einer Behausung Gottes im Geist werden wir mit den anderen
zusammen. Weil die Kinder Gottes heute nicht zusammenwirken
als der eine Leib, sind sie ein Gefäß geworden, das rinnt, ja
das zerbrochen ist. Wenn ein Wasserglas in Scherben bricht,
was geschieht dann? In jedem Stück wird vielleicht ein wenig
Wasser zurückbleiben, doch im Vergleich zu dem, was das
unzerbrochene Glas enthält, ist es nichts. Bei geistlichen
Dingen verhält es sich ebenso. Der einzelne empfängt in zwei
Dimensionen, die Gemeinde in drei. Zehntausend Christen sind
nichts im Vergleich zu zehntausend Gliedern des Leibes.
Christus, das Haupt, hat so vieles, was er uns geben möchte;
aber um es aufnehmen zu können, müssen wir wieder zu dem
einen Gefäß, dem einen Leib werden.
S.Keller
Joh. 17, 21: «... auf daß sie alle eins seien ...»
Wenn der Herr im hohenpriesterlichen Gebet fünfmal diese
Bitte seinem Vater vorträgt, und das laut vor seinen Jüngern,
dann ist's klar, daß es ihm ein wichtiges Anliegen war und
eine ernste Mahnung an die Jünger. Das spüren wir alle, so
wahr wir seines Leibes Glieder sind, und wir kennen auch in
der Vorstellung eine allgemeine christliche Kirche. Wir sind
auch, wenn es gilt, gegen das freche Antichristentum unserer
Tage einig, die Hauptsätze unseres christlichen Glaubens zu
verteidigen. Das ist aber auch alles. Weiter kommen wir
jetzt eben noch nicht. Bildung, theologische, kirchliche,
persönliche Auffassung, sowie die praktischen Folgen beim
Zusammenkommen mit Brüdern anderer Konfessionen schaffen für
ein wahres, christliches Gewissen so verschiedene Sehfelder,
daß ein jeder ehrlich sagen muß: Bis hierher kann ich
nachgeben, aber jedes Wort weiter ist mir Sünde. Das
soll uns aber in der persönlichen Bruderliebe und der
gegenseitigen Achtung und geeintem Kampf gegen den
gemeinsamen Feind nicht stören. Der Herr Jesu wird durch
die Entwicklung der Geschichte in der Endzeit selbst die
Einigung machen. Dann wird sie echt und haltbar sein für
die Ewigkeit.
Herr, tue aus unsern brüderlichen Beziehungen alle Sünde
fort, allen Neid, alle Mißachtung, alle Lieblosigkeit, alle
Rechthaberei. Lehre uns lieben, wie du geliebt hast und
deinen Sinn pflegen untereinander. Amen.
W.MacDonald
»Auf daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir
und ich in dir, auf daß auch sie in uns eins seien, auf daß
die Welt glaube, daß du mich gesandt hast.« Johannes 17,21
Zweimal in Seinem sogenannten hohepriesterlichen Gebet
bittet der Herr Jesus darum, daß die Seinen eins seien
(Verse 21-23). Dieses Gebet um Einheit wurde als biblische
Begründung für die ökumenische Bewegung mißbraucht, die eine
große organisatorische Vereinigung aller - dem Namen nach -
christlichen Kirchen ist. Nun wird aber diese ökumenische
Einheit leider dadurch erreicht, daß man grundlegende Lehren
des Christentums entweder völlig aufgibt oder aber ganz neu
interpretiert. Malcolm Muggeridge schrieb: »Es ist eine der
großen Ironien unserer Zeit, daß der Ökumenismus gerade
dann triumphiert, wenn es nichts mehr gibt, über das man
ökumenisch denken könnte. Die verschiedenen religiösen
Gemeinschaften finden im allgemeinen deshalb so leicht
zusammen, weil sie - da sie fast nichts mehr glauben - sich
dementsprechend auch in fast nichts mehr unterscheiden.«
Ist das die Einheit, für die der Herr Jesus in Johannes 17
gebetet hat? Bestimmt nicht. Er sagte, daß die Einheit, um
die es Ihm ging, dazu führen sollte, daß die Welt glauben
würde, daß Gott Ihn gesandt hat. Es ist sehr zu bezweifeln,
daß irgendeine äußerliche organisatorische Vereinigung diese
Wirkung hervorrufen könnte.
Der Herr definierte die Einheit, die Er meinte, mit den
Worten »gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir, auf
daß auch sie in uns eins seien«. Er sagte auch: »...
gleichwie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, auf daß
sie in eins vollendet seien.« Welche Einheit verbindet den
Vater und den Sohn, die auch wir teilen können? Nicht die
Tatsache, daß beide Gott sind; daran können wir niemals
teilhaben. Ich glaube, daß der Herr Jesus sich auf eine
Einheit bezieht, die in moralischer Ähnlichkeit besteht. Er
betete darum, daß die Gläubigen eins seien, indem sie in der
Welt den Charakter Gottes und Christi zum Ausdruck brächten.
Dies bedeutet ein Leben in Gerechtigkeit, Heiligkeit, Liebe,
Reinheit, Langmut, Selbstbeherrschung, Sanftmut, Freude und
Freigebigkeit. Ronald Sider schreibt in »Der Weg durchs
Nadelöhr«, daß die Einheit, für die Christus gebetet hat,
sich darin offenbarte, daß die frühen Christen bereitwillig
alles miteinander teilten, je nachdem der Einzelne Not
hatte. Sie hatten eine wahre Gesinnung von »koinonia« oder
Gemeinschaft. Das Gebet Jesu, daß die liebende Einheit
Seiner Nachfolger so eindrucksvoll sein möge, daß sie die
Welt davon überzeugen würde, daß Er vom Vater ausgegangen
war, wurde erhört - zumindest einmal! Das geschah in der
Gemeinde zu Jerusalem. Die außergewöhnliche Qualität ihres
Zusammenlebens gab der apostolischen Predigt Vollmacht (s.
Apostelgeschichte 2,45-47; 4,32-35). Eine solche Einheit
heute würde einen tiefen Eindruck auf die Welt machen. Wenn
die Christen ein gemeinsames Zeugnis dadurch darstellten,
daß sie das Leben des Herrn Jesus ausstrahlen, würden die
Ungläubigen ihrer eigenen Sündigkeit überführt werden und
nach dem lebendigen Wasser dürsten. Die Tragödie von heute
ist, daß viele Christen von ihren weltlichen Nachbarn kaum
noch zu unterscheiden sind. Unter solchen Umständen besteht
für die Ungläubigen wenig Anreiz zur Bekehrung.