Joh 16,20
A.Christlieb
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und
heulen, aber die Welt wird sich freuen. Doch eure
Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden. Joh. 16, 20
Der Herr Jesus spricht hier von einer großen Freude. Es ist
die Freude, die am Ostertag für die Jünger Jesu begann. Laßt
uns auf die Zeit, den Grund und die Dauer der Freude achten.
- In welcher Zeit sollte diese Freude beschert werden? In
überaus schwerer und trauriger Zeit. Es waren die Tage, in
denen sich die Feinde Jesu vergnügt die Hände rieben und die
kleine Schar der Seinen zu Tode betrübt am Boden lag. Jesus
war am Kreuz öffentlich geschändet und abgetan, lag in einem
Grab, das von der Behörde versiegelt und von Soldaten bewacht
war. Der Sieg über Jesus und der Triumph seiner Feinde war
ein vollkommener. Die Jünger Jesu aber lagen da wie ein
zertretenes Rohr. Alle Freude, alle Hoffnung, aller Trost
für immer vernichtet. Es war die schwerste Stunde ihres
Lebens. Aber gerade in jener Stunde des ,,Weinens und
Heulens" sollte ihnen der Freudenquell aufbrechen, der
nie versiegt: J e s u s l e b t! - Das soll auch uns
aufrichten, wenn Nöte hereinbrechen, bei denen uns zumute
sein wird, wie den Jüngern damals am Karfreitag. Wenn alle
unsere Hoffnungen vernichtet zu sein scheinen, gerade dann
wollen wir daran festhalten: Jesus lebt! Das soll besonders
gelten, wenn die große Trübsal hereinbricht in den Tagen des
Antichristen, die Trübsal, wie sie nicht gewesen ist, seit
Menschen auf Erden waren, und wie sie auch nicht wieder sein
wird. Wenn es so aussieht, als sei es mit der Sache Jesu für
immer vorbei, wenn die Welt sich freut und die Jünger Jesu
traurig sind, dann wird sich in herrlichster Weise das Wort
erfüllen: ,,Eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden,
und eure Freude soll niemand von euch nehmen." Jesus lebt!
A.Christlieb
Die Verheißung der Osterfreude
Johannes 16, 20 - 22
»Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ihr werdet weinen und
heulen, aber die Welt wird sich freuen; ihr aber werdet
traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt
werden. Ein Weib, wenn sie gebiert, so hat sie Traurigkeit,
denn ihre Stunde ist gekommen. Wenn sie aber das Kind
geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude
willen, daß der Mensch zur Welt geboren ist. Und ihr habt
auch nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und
euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von
euch nehmen.«
In den obigen Versen spricht Jesus von einer großen Freude.
Es ist die Freude, die am Ostertag für die Jünger Jesu
begann. Laßt uns auf die Zeit, den Grund und die Dauer
dieser Freude achten!
1. Die Zeit der Freude
In welcher Zeit sollte sie eintreffen? Die Antwort des
Textes lautet: in einer überaus schweren und traurigen Zeit.
So war ja die Lage am Ostermorgen, daß die Feinde Jesu sich
vergnügt über ihren Sieg die Hände neben und die kleine Schar
der Anhänger des Herrn ohne Hoffnung darniederlag. Es sah
aus, als ob die Sache Jesu zu Ende sei. Die Jünger lagen wie
ein geknicktes Rohr am Boden. Das Kreuz ihres Herrn war für
sie das bedrückendste Rätsel, trüb und dunkel schauten sie in
die Zukunft. Wir wissen aus dem Munde der Emmausjünger, daß
sie durch die schwerste Zeit ihres Lebens gingen (Luk. 24,
17-2 1).
Aber gerade jene Stunde des »Weinens und Heulens« war der
Zeitpunkt, wo die große Freude hereinbrach. Das soll uns
aufrichten, wenn wir durch Stunden und Lagen gehen müssen, in
denen uns zumute ist wie den Jüngern damals nach Karfreitag.
Wenn alle unsere Hoffnungen vernichtet zu sein scheinen,
gerade dann soll es heißen und von uns erfahren werden: Jesus
lebt!
Einmal wird die letzte Trübsal hereinbrechen, der Antichrist
wird herrschen, und es sieht so aus, als sei es mit der Sache
Jesu nun ganz vorbei. Wahrlich, dann wird die Welt sich
freuen, und die Jünger werden traurig sein. Aber dann,
gerade dann wird der Zeitpunkt gekommen sein, wo sich mit dem
Wiederkommen Jesu in Herrlichkeit sein Wort vollendet: »Eure
Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden.«
2. Der Grund der Freude
Der Grund der Freude war das Wiedersehen Jesu: »Ich will euch
wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen.« Durch den
Anblick des Auferstandenen fand alles »Weinen und Heulen« bei
den Jüngern ein Ende: »Da wurden die Jünger froh, daß sie den
Herrn sahen« (Joh. 20, 20). Die Hoffnungslosen wurden
»wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die
Auferstehung Jesu Christi von den Toten« (1. Petr. 1, 3).
Es gibt für die Jünger aller Zeiten keine größere Freude
als die Gemeinschaft mit dem Auferstandenen. Ist ihnen
diese genommen, so fehlt ihnen alles. Haben sie dieselbe,
so mangelt ihnen nichts, auch wenn sie in mancherlei
Entbehrungen leben müssen. Die Einwohner des jüdischen Ortes
Beth-Semes erlebten einmal eine große Freude. Mit ihrem
ganzen Volk trugen sie Leid darüber, daß die Bundeslade, der
Ort der Gnadengegenwart Gottes, ihnen von den Philistern
genommen worden war. Eines Tages, während sie Weizen
schnitten, kam das Heiligtum auf einem Wagen zurück. Das war
eine Freude (1. Sam. 6, 13)! Aber größer und herrlicher
war die Freude der Jünger, als sie den wiedersahen, in dem
sie allezeit die Gnadengegenwart Gottes genießen durften, den
gekreuzigten und auferstandenen Herrn.
3. Die Dauer der Freude
Die Freude der Welt über ihren Scheinsieg am Karfreitag
währte nur kurz. Als die Hüter des Grabes kamen und
erzählten, was am Ostermorgen geschehen war, da war es mit
dieser Freude vorbei (Matth. 28, 11). Sie verwandelte sich
in Bestürzung und Schrecken, die später noch zunahmen, als
das Zeugnis von der Auferstehung Jesu Jerusalem erfüllte
(Apg. 5, 28). Wie ist doch die Freude der Welt immer so
kurz! Sie hat keinen Bestand.
Demgegenüber bezeichnet Jesus die Freude seiner Jünger, die
am Ostertag begann, als eine feste und bleibende. Er sagt:
»Eure Freude soll niemand von euch nehmen.« Dieses Wort ist
in Erfüllung gegangen. Wohl sind noch manche schwere und
trübe Stunden über die Jünger Jesu hereingebrochen. Aber
die freudige Gewißheit über den Ostersieg Jesu wurde ihnen
dadurch nicht genommen. Keine Drohung der Behörde (Apg.
4, 21), kein Gefängnis (Apg. 5, 18), keine öffentliche
Auspeitschung (Apg. 5, 40), keine Steinigung (Apg. 7, 58),
kein Scheiterhaufen vermochte den Zeugen Jesu die Freude
an dem Auferstandenen zu rauben. In dieser Freude schrieb
Paulus aus dem Gefängnis seinen Brief an die Philipper, den
man die Freudenepistel nennt:
»Freuet euch in dem Herrn allewege! Und abermals sage ich:
Freuet euch!« (Phil. 4, 4).
Wie fest und sicher ist doch die Freude eines Christen!
Unsere Gegenwart und die Zukunft vor uns sind nicht so, daß
wir viel äußere Freude zu erwarten haben. Die bleibende
Freude des Volkes Gottes hat seinen Grund ganz allein in der
Verheißung der Gegenwart des Auferstandenen, der mit den
Seinen ist alle Tage und der in großer Macht und Herrlichkeit
wiederkommen wird.