Joh 15,2
W.Nee
Jede Rebe, die Frucht trägt, die säubert er, damit sie mehr
Frucht trage. Johannes 15,2
Alle möglichen Arten von Training zielen heute darauf ab, die
Seele des natürlichen Menschen zu entwickeln, ihn
selbständig, stolz, schlagfertig, selbstbewußt zu machen.
Man liebt heute Männer, die andere ausstechen können. Das
Training bereitet sie also so zu, daß der Satan sie als
Werkzeuge gebrauchen kann, es verrichtet die Arbeit, die
normalerweise der Teufel selbst tut. Was Gott an dir und mir
tut, ist anders; es gleicht der Arbeit des Winzers, der die
zu üppigen Triebe der Weinstöcke ausputzt. Das vorzeitige
Wachstum in unseren Seelen muß eingedämmt und behandelt
werden. Gott muß es wegschneiden. Auf der einen Seite will
er uns dorthin bringen, daß wir ganz aus der Kraft seines
Sohnes leben, die uns bei der Wiedergeburt eingepflanzt
worden ist. Andererseits arbeitet er unmittelbar an unseren
Herzen, um den Grundstock unserer natürlichen Gaben, der
vor allem anderen zu Adams Sünde führte, zu schwächen.
Tagtäglich haben wir diese zwei Dinge zu lernen: das
Leben Christi in uns muß hochgebracht, jenes andere, das
natürliche, zurückgedrängt und dem Tod überliefert werden.
So stehen wir in den Augen der Welt als schwache, unwissende
Menschen da, die oft zugeben müssen: »Ich weiß es nicht -
aber er weiß es, und das genügt.« Möge Gott uns von der
heutigen anmaßenden Selbstüberschätzung befreien!
D.Rappard
Eine jegliche Rebe an mir, die nicht Frucht bringt,
wird er wegnehmen. Und eine jegliche, die da Frucht
bringt, wird er reinigen, daß sie mehr Frucht bringe.
Joh. 15,2.
Unser heutiges Wort soll uns zwei Wahrheiten einprägen. Die
erste ist die, daß es nicht nur gut und heilsam ist, Früchte
des Geistes zu bringen, sondern daß es eine unerläßliche Bedingung
ist zu unserem ewigen Heil. Denn wo keine Frucht ist, ist kein
L e b e n. Beachten wir, daß es nicht heißt: Wer b ö s e Früchte
bringt, wird abgehauen, sondern: Wer keine Frucht bringt (siehe
auch Matth. 3, 10). Wer gleichgültig dahinlebt, ohne etwas
besonders Böses zu tun, aber ohne Glauben, ohne Liebe, ohne den
Heiligen Geist, der ist in Gefahr des ewigen Feuers, der
schrecklichen Gottferne. O prüfen wir uns im Spiegel dieses
Wortes! ,,W e g g e n o m m e n", ,,a b g e h a u e n" zu werden
von der Wurzel und Quelle des Lebens und der Seligkeit, muß
etwas Entsetzliches sein.
Die andere Wahrheit soll uns Mut und Trost einflößen.
Vielleicht sprossen die Früchte des Geistes nur spärlich an
unserem Glaubensbaum hervor. Aber der Herr anerkennt auch
dies Geringe, und in großer Treue reinigt er seine Reben,
damit sie mehr Frucht bringen. Hier ist auch eine Antwort
auf das große Problem des Leidens.
O Weinstock, für und für
Laß bleiben mich in Dir,
Damit ich bringe süße, reife Frucht!
Ch.Spurgeon
"Jedes fruchtbare [Schoß] aber reinigt er, damit es mehr
Frucht bringe." Johannes 15,2
Hier wird gelehrt, daß das Gereinigtwerden das Los aller
Heiligen ist, die Frucht bringen. Du magst dem entgehen,
wenn du nicht fruchtbar bist; denn dann wirst du einfach
abgeschnitten und nicht gereinigt.
Beachte die Erzväter! Hatten diese Patriarchen nicht ihre
Prüfungen? Obgleich sie ihren Herrn sehr ehrten, entgingen
sie doch nicht dem reinigenden Messer. Und wenn du zu den
Heiligen des Neuen Testaments kommst, so war die Flamme
für sie siebenmal heißer als für ihre "älteren Brüder".
Im allgemeinen wird gesagt, daß der Herr sein Volk durch Not
und Anfechtung reinigt. Ich bezweifle, daß man dies ohne
weiteres sagen kann. Unser Herr sagt uns, was uns reinigt.
"Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch
geredet habe." Es ist das Wort Gottes, durch den Heiligen
Geist lebendig und wirksam gemacht, das den Christen reinigt.
Die Anfechtung macht uns bereit, auf das Wort zu hören, aber
das wahrhaft Reinigende ist das Wort in der Hand des großen
Weingärtners.
"Jedes fruchtbare Schoß aber reinigt er." Gerade die Rebe,
die nützlich ist, wird behandelt. Lerne in deiner Prüfung,
in deinen Schmerzen, nicht einen zornigen Gott zu sehen,
sondern statt dessen den Weingärtner, der in dir eine gute
Rebe sieht, die er für so wertvoll hält, daß er sich die Mühe
macht, dich zu reinigen.
Der Zweck der Reinigung ist, daß mehr Frucht gebracht wird.
Der Mann, der das Messer des Weingärtners gespürt hat, geht
in der Kraft des Heiligen Geistes ans Werk, um mehr für Jesus
zu tun. Bevor er unter das "Messer" kam, wußte er nicht,
was Geduld ist; nun aber hat er es gelernt. Eine schwere
Lektion. Bevor er arm wurde, wußte er nicht, was Demut
ist; aber er lernte es.
Wenn das die Folge der Reinigung ist, dann möge unser
himmlischer Vater mit der Reinigung fortfahren; denn was
könnte für uns segensreicher sein, als mehr Frucht für
Gott zu bringen?
C.O.Rosenius
Eine jegliche Rebe an Mir, die nicht Frucht bringt, wird Er
wegnehmen; und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird Er
reinigen, daß sie mehr Frucht bringe. Joh. 15, 2.
Hier redet Christus von einigen Reben an Sich, die nicht
Frucht bringen und darum weggenommen - ja, weggeworfen
werden, verdorren und verbrennen sollen. Das sind
schreckliche Worte, gesprochen von dem milden Herrn, zumal Er
sie Reben an Sich nennt! Was mag Er wohl damit meinen? Wenn
Er sie hier Reben an Sich nennt, dann bedeutet das gewiß
nicht, daß jemand wirklich und rechtschaffen durch den
Glauben in Ihm sein und bleiben und danach unfruchtbar sein
und verworfen werden kann. Denn Er sagt gleich darauf: ,,Wer
in Mir bleibt und Ich in ihm, der bringt viele Frucht!"
Vielmehr will der Herr mit den Worten ,,Reben an Mir" fein
und scharf ausdrücken, welche Ähnlichkeit zwischen den
wahren Kindern und den Bastarden bestehen kann, wieviel
Religiosität, Bekenntnis und äußere Gemeinschaft auch ein
Mensch, der das wahre Leben, den Saft und die Kraft aus Ihm
nicht hat, doch mit Ihm und den wahren Christen haben kann,
was sich durch die Früchte beweisen würde. Danach ist sowohl
der Inhalt als auch die Redeweise die gleiche, als wenn der
Herr von den ,,Jungfrauen" redet, ,,welche ausziehen dem
Bräutigam entgegen, von denen aber die Hälfte töricht ist,
kein Öl hat und auf ewig ausgeschlossen wird." - Und zum
Engel zu Sardes sagt der Herr: ,,Du hast den Namen, daß du
lebst, und bist tot."
Laßt uns jetzt die Worte des Herrn Christus betrachten!
Er sagt von den rechten, guten Reben, von denen, die da
Frucht bringen, daß der Weingärtner sie reinige, d.h., sie
beschneidet, züchtet und biegt, bei ihnen das entfernt, was
ihren Wuchs hindert. Er läßt sie nicht nach ihrem eigenen
Gefallen wachsen. Die Reben aber, die keine Frucht bringen,
entgehen dem Messer des Weingärtners, sie dürfen ruhig
ungestraft, ungereinigt bleiben, denn - sie sollen doch nur
brennen. Ihre auszeichnenden Merkmale sind demnach erstens,
daß sie nicht Frucht bringen, zweitens, daß sie nicht vom
Weingärtner gezüchtet und gereinigt werden, sondern frei
nach ihrem Belieben wachsen dürfen.
Hier hätte nun wohl ein jeder Anlaß genug, stillzuhalten und
seinen Zustand zu prüfen, sich mit Furcht und Aufrichtigkeit
gegen sich selbst nach solchen Worten Christi zu prüfen. Es
wird sich aber bewahrheiten, daß das Messer des Weingärtners
nicht die falschen, sondern nur die guten Reben trifft, so
daß ,,die, so sich fürchten sollten, die fürchten sich nicht,
wiederum die, so sich nicht fürchten sollten, die fürchten
sich" (Luther). Es wird bei manchem sogleich ein
bedenkliches Zeichen sein, wenn er sich unmöglich fürchten
oder sich auch nur einen einzigen Augenblick ernstlich prüfen
kann. Vielmehr wird er infolge seines ruhigen Gefühles,
seiner alten Frömmigkeit und Religiosität, so sicher und mit
sich zufrieden sein, daß Christi Worte wie ein leichter Wind
an ihm vorbeifliegen werden. O, daß doch ,,der glückliche
Augenblick" jetzt für jemanden da wäre, der Augenblick, wo es
ihm gegeben würde, zu sehen, ,,was ihm noch fehlt", um von
seinem heimlichen Tod und von seiner falschen Geistlichkeit
zu erwachen!
Du hoffst, daß du ein Christ bist, daß du im Glauben stehst
und die Gnade Gottes hast. Du hast vielleicht einen solchen
Frieden in deinem Gefühl, eine solche Zuversicht im Gebet,
eine solche Liebe zum Wort Gottes, so viele Beweise der
Liebe Gottes, daß du unmöglich anders meinen kannst, als daß
du in Seiner Gnade bist. Ja, du denkst vielleicht mit
Freimütigkeit: ,,Ich bin ja lange einer unter den Christen
gewesen, bin schon lange von der Welt ausgegangen, ja, habe
wegen meiner Gottesfurcht Schmach erlitten; ich habe für
Christi Sache gekämpft und religiöse Wirksamkeit gehabt -
jedermann weiß, daß ich ein Christ bin." Nun, das sind
sicher gute Sachen, viele Tausende können solches nicht
vorweisen; aber, mein Lieber, das beweist noch nicht, daß
du damit auch ein lebendiger, wahrer Christ bist. Die
Ähnlichkeit zwischen den echten und den unechten Reben,
zwischen den klugen und den törichten Jungfrauen ist so groß,
daß du bei alledem betrogen sein kannst. Prüfe dich deshalb
in der Weise, die das Wort lehrt! Christi Worte an dieser
Stelle und alle Worte Gottes fordern unausgesetzt, daß der
Glaube seine Echtheit durch die Früchte beweisen soll, die
ihm folgen. Zwar ist auch ein Christ schwach, mangelhaft,
sündenvoll; zwar ist die Gnade groß, unverdient, mächtig, das
ist keine Frage. Es gibt aber doch bestimmte Wirkungen und
Früchte, die der Glaube, der Geist und die Neugeburt selbst
bei den schwächsten Gnadenkindern stets mit sich bringen.
Von diesen Früchten und Wirkungen ist jetzt die Rede. Hier
denkst du vielleicht an einige gute Werke, die du ausübst,
einige Sünden, die du abgelegt hast, einige geistliche
Fähigkeiten, eine gewisse religiöse Wirksamkeit, die du hast,
und meinst nun, daß dieses von deinem Glaubensleben zeugt.
Untersuche aber dabei, ob auch die Schrift es damit bewenden
läßt. Bei Matth. 7, 22 sagt der Herr: ,,Es werden viele zu
Mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir nicht in
Deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in Deinem Namen
Teufel ausgetrieben? Haben wir nicht in Deinem Namen viele
Taten getan? Dann werde Ich ihnen bekennen: Ich habe euch
noch nie erkannt; weichet alle von Mir, ihr Übeltäter!"
Wer nicht der Sünde Greu'l erkennt,
Glaubt auch im Herzen kein Versöhnen;
Und wenn er einen Heiland nennt,
Geschieht es nur in Heucheltönen.
Er rühmt zwar einen großen Sieg,
Doch leugnet er den Feind und Krieg.
Der ewigen Erlösung Gründe
Find't man im Überschwang der Sünde.