Joh 13,1
S.Keller
Joh. 13, 1: «... so liebte er sie bis ans Ende.»
Eine verzweifelte Mutter aus vornehmer Familie erklärte,
nachdem sie die fast zwanzigjährige Leidensgeschichte erzählt
hatte, die sie mit ihrem ungeratenen Sohn durchgemacht, daß
sie jetzt mit ihrer Liebe zu ihm fertig sei. Ähnliches kann
man beobachten, wenn ein Mann jahrelang seine kranke Frau
pflegen soll, oder eine erwachsene Tochter die fast
blödsinnige Mutter: ihre Liebe verliert zuletzt die
Spannkraft. So sind wir eigentlich von Natur alle - was uns
zu lang dauert, wo wir kein nahes Ende absehen, da versagt
zuletzt unsere Liebe. Jesus liebte die Seinen bis ans Ende!
Obschon dieses furchtbare Ende erst seine ganze Liebeskraft
herausforderte, sich für diese gleichmütigen, unverständigen
Jünger ebenso wie für seine Feinde in Marter und Tod zu geben
- er liebte sie bis ans Ende! Er wird uns im Sterben nicht
verlassen und uns hindurchlieben, "bis am goldenen Ufer
leuchtend der Tag erwacht." Sollen wir uns nicht solcher
treuen Liebe gänzlich, täglich, freudig ausliefern! Müssen
wir nicht von solcher ewig währenden Liebe endlich mit
angesteckt werden, ihr ähnlich zu werden?
Ach, Herr Jesu, schärfe die Sinne unserer Seele, daß wir
deine Liebe feuriger empfinden und treuer ausstrahlen auf
andere, die du doch alle ebenso liebst wie uns. Segne unser
Lieben nach deinem Reichtum! Amen.