Joh 12,50
S.Keller
Joh. 12, 50: «Und ich weiß, daß sein Gebot ist das ewige
Leben.»
Das Gebot, das der Vater dem Sohne gegeben hat, daß er es
ausrichte und davon zeuge, ist das ewige Leben für die
Menschheit. Damit diese ganze wertvolle Gottesschöpfung
nicht dem ewigen Tode verfalle, sondern herausgerettet
Anteil am Leben Gottes und Christi bekomme - dazu kam
Jesus, dazu lehrte, litt und starb er. Merkwürdig, daß solch
ein Gebot nicht brausende, jauchzende Zustimmung aus jeder
Menschenseele bekommt! Warum verhalten sich die Leute gegen
dieses großartige Gottes-Gebot: ,,Ihr sollt ewig leben!" so
teilnahmslos? Weil es von der Sünde scheidet, weil es uns
auf Gottes Seite ruft, weil es aus der Selbstverliebtheit
herausreißt und uns binden will an Gott mit Seilen der Liebe
- darum überlegt sich die Menschheit immer noch, ob sie sich
rücksichtslos seinem Gebote fügen soll. - Es kommt nun noch
der Irrwahn hinzu, als ob man ohne Christum auch schon im
Besitz von ewigem Leben sei. Nein, außer Christus ist nur
Tod! Ach, daß die Decke von euren Augen genommen würde und
ihr erkenntet, ehe es zu spät ist, wie nahe euch die selige
Gottesgabe ist: Leben und volles Genüge! Ach, daß wir
bessere Verkündiger dieses Lebens wurden im Lande der
Sterbenden!
Du weißt, Herr Jesu, daß der Vater ewiges Leben geben will,
wie einen Strom! Wir glauben es auch; dann lege deine Worte
in unsern Mund, daß wir besser davon zeugen können und ziehe
die Herzen zu deiner heilsamen Gnade. Amen.
S.Keller
Joh. 12, 50: «Und ich weiß, daß sein Gebot ist das ewige
Leben.»
Sein Gebot? Wie soll man das verstehen: gebietet er, daß wir
das ewige Leben annehmen sollen, oder liegt in Gottes Gebot,
wenn man es erfüllt, das ewige Leben drin? Es mögen beide
Gedanken zusammenfließen, wenn Jesus so spricht. In ihm war
das Leben erschienen, und nun gebot Gott allen, die Jesu
Wort hörten, daß sie es annahmen und darinnen wandelten. Über
solchem Gehorsam gegen des Vaters Willen würden sie das ewige
Leben erhalten und verspüren. So werdet ihr Ruhe finden für
eure Seelen. Einen Augenblick stillen Sinnens zeigt mir,
daß fast alle die Unruhe meiner Seele am heutigen Tage nicht
als Gottes klarer Wille an mich heran kam, sondern aus
menschlichen Schwächen gegen andere Menschen oder menschliche
Verhältnisse herstammte. Das Wenige, was ich heute ganz klar
nach Gottes Willen tat, sagte, schrieb, las, entschied -
hat Ruhe und Kraft, Stille und Leben an sich und für
mich. Immer wieder muß ich mich aus allerlei Netzen der
Menschengefälligkeit, der Eitelkeit, der Selbstsucht
herausziehen lassen, damit Gottes klares, festes Gebot mich
leitet. Auf dieser Bahn begegnet mir Friede und Leben.
Ich weiß das längst, mein Herr und Gott, erinnere mich
täglich daran! Hilf mir deinen Willen erkennen und kindlich
freudig ihn tun, damit deine Luft mich umfängt und dein Leben
über meinen Tag und seine Arbeit komme. Überlaß mich nicht
mir selbst! Amen.