Joh 11,23
J.Kroeker
Vom wahren Gottvertrauen.
"Jesus spricht zu ihr (Martha): Dein Bruder soll auferstehen!
Martha spricht zu Ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird in
der Auferstehung am letzten Tage. Jesus spricht zu ihr: Ich
bin die Auferstehung und das Leben." Ev.Joh. 11,23.
Mir hat einst dieses Wort gezeigt, dass es für uns besonders
zwei Gefahren geben kann, die beide auf dem Gebiete des
Vertrauens liegen. Die eine besteht darin, dass man sucht,
Gott zu vertrauen, ohne für dieses Vertrauen eine göttliche
Grundlage zu haben, und die andere, dass man Gott nicht
vertraut, während uns die göttliche Grundlage durch ein
Erleben des Wortes Gottes gegeben wurde.
Die erste Gefahr zeigt uns, wie verwandt Gottvertrauen und
ein Leben in religiösen Illusionen sein kann. Auch das
Gottvertrauen ist nicht etwa ein Besitz oder ein Können, mit
dem man nach Belieben umgehen könnte. Beliebig verfahren
kann man mit toten Werten, nicht aber mit organischem Leben.
Und Gottvertrauen ist organisches Leben, herausgeboren aus
dem Sprechen Gottes zu unserer Seele. Es muss von Gott
selbst in uns durch sein Wort geweckt werden, bevor es in
uns seine Kraft offenbart und zum unbedingten Schauen des
Erhofften führt.
Auch der Martha fehlte zunächst diese göttliche Grundlage
für ihr Vertrauen. Wohl hatte sie dem Herrn still vertraut,
wo es sich noch handelte um das Gesundwerden ihres kranken
Bruders. Auch nicht einen Augenblick hatte sie gezweifelt,
ob der Herr denselben nicht gesund machen könne. "Herr, den
du lieb hast, der liegt krank", hatte sie mit Maria zusammen
ihm sagen lassen. Als Jesus dann nach etlichen Tagen kam,
empfingen sie ihn beide mit den Worten: "Herr, wärest du
hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben!"
Wo es sich nun aber handelte um das Auferstehen des
verstorbenen Bruders, da konnte Martha nicht vertrauen. Es
kam ihr offenbar auch nicht einmal der Gedanke, so etwas wie
eine gegenwärtige Auferstehung für ihren Bruder zu erwarten.
Denn auch im Gottvertrauen können wir nie über uns selbst
hinaus, d.h. nicht mehr Gottvertrauen äußern, als wir in
Wirklichkeit als Frucht des schöpferischen Wortes Gottes in
uns tragen.
Und merkwürdig: Jesus macht der Martha zunächst auch keinen
Vorwurf darüber, dass sie nicht mit der Auferstehung des
Verstorbenen rechnete. Denn Er erwartet nicht Frucht, wo die
Vorbedingungen für dieselbe fehlen. Er erntet nicht, wo er
nicht vorher gesät hat, sucht nicht Leben, wenn solches nicht
zuvor durch sein schöpferisches Wort in uns gewirkt worden
ist. Daher auch hier kein Vorwurf. Für so ein Vertrauen
fehlte ihrem Innenleben zunächst die göttliche Grundlage:
das innere Erlebnis auf Grund einer empfangenen
Gottesoffenbarung.