Joh 11,4
C.H.Spurgeon
,,Die Krankheit ist nicht zum Tode."
Joh. 11, 4.
Aus den Worten unsres Herrn vernehmen wir, daß jeder Krankheit
ein Ziel gesetzt ist. Hier ist ein ,,zum", in welchem ihr
letztes Ziel zusammengefaßt ist, und über welches hinaus sie
nicht gehen kann. Lazarus mußte wohl durch den Tod hindurch
gehen, aber Tod war nicht Ziel und Zweck seiner Krankheit. In
jeder Krankheit spricht der Herr zu den Wogen des Leidens: ,,Bis
hierher sollst du kommen, und nicht weiter." Sein vorgesetztes
Ziel ist nicht die Zerstörung, sondern die Bewährung seines
Volkes. Die göttliche Weisheit hängt an der Tür des
Trübsalsofens ihr Thermometer auf und überwacht die Glut.
1) Es ist ermutigend, daß die Grenze genau bestimmt ist. Der
Gott der Vorsehung hat bei allen unsren Krankheiten eine Grenze
gesetzt für Zeit, Art, Größe, Dauer und Wirkung unsrer Leiden;
jeder Krampfanfall ist zum voraus bestimmt, jede schlaflose
Stunde festgesetzt, jeder Rückfall vorbedacht, jede geistige
Niedergeschlagenheit zuvor versehen, und jede heiligende Wirkung
von Ewigkeit her im ewigen Vorsatz verordnet. Nichts Großes und
nichts Geringes entgeht der Hand Dessen, der auch die Haare auf
eurem Haupte zählt.
2) Die Grenze ist weise abgewogen nach unseren Kräften,
nach dem vorbestimmten Zweck und nach der beabsichtigten
Gnadenwirkung. Die Heimsuchung kommt nicht aufs Geratewohl,
die Gewalt jedes Rutenschlages ist aufs genaueste abgemessen.
Derjenige, der sich nicht irrte, als Er die Wolken wog, und
die Weite des Himmelsraumes maß, läßt sich keinen Mißgriff zu
schulden kommen, wenn Er die Mittel auswählt, die zur Heilung
unsrer Seele nötig sind. Wir dürfen nie zu viel leiden, noch
werden wir zu spät erlöst.
3) Die Grenze ist mit liebevoller Rücksicht bestimmt. Das Messer
des himmlischen Wundarztes schneidet nicht tiefer, als
unumgänglich nötig ist. ,,Denn Er nicht von Herzen die Menschen
plagt und betrübt." Ein Mutterherz ruft: ,,Schone meines
Kindes!" Aber wo wäre eine Mutter so barmherzig wie unser
gnädiger Gott? Wenn wir bedenken, wie unbändig wir sind, so
ist's zu verwundern, daß wir nicht schärfer gezüchtigt werden.
Es ist ein trostreicher Gedanke, daß Der, der die Grenzen unsrer
Erde festgestellt hat, auch festgestellt hat die Grenzen unsrer
Leiden.