Lk 22,31
D.Rappard
Der Herr sprach: Simon, Simon, siehe, der Satanas
hat euer begehrt, daß er euch sichte wie den Weizen.
Ich aber habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht
aufhöre.
Luk. 22,31.32.
Diese Worte lassen uns einen ergreifenden Blick tun in die
unsichtbare Welt, die uns umgibt.
1. Wir merken etwas von der furchtbaren Tücke und dem
Zerstörungstrieb Satans. ,,Er hat euer b e g e h r t, sagt der
Herr. Eine andere Stelle sagt uns: Der Teufel s u c h t, welche
er verschlinge. Das sind für uns Warnungssignale. O meine
Seele, wache, wache!
2. Wir erkennen auch die Schwäche des Jüngers, wissen
wir doch auch, wie es ihm erging in jener finstersten Nacht.
Die Sichtungsstunde kam, und er hielt die Probe nicht aus. -
Solche Sichtung wird wohl keinem Kinde Gottes ganz erspart.
Werde ich als Weizen oder als Spreu erfunden werden?
3. Aber wir sehen vor allem die wunderbare Treue unseres
Herrn. Im Begriff, in das furchtbare Leidensmeer zu steigen,
denkt er noch an seinen armen Jünger. Er warnt ihn, aber er
tut noch mehr. ,,Ich habe für dich g e b e t e t, daß dein Glaube
nicht aufhöre". Daß Petrus hernach mit bitteren Tränen Buße
tun, daß er die vergebende und aufrichtende Gnade wieder
erfassen konnte, war eine Erhörung jenes kostbaren Gebets. Wohl
uns eines solchen Herrn. Wohl uns, daß er immerdar lebt und
bittet für uns!
Sel'ger Pilger, dem die Kunde
Tief ertönt im Herzensgrunde:
Jesus, meine Lebenssonne,
Denket mein im Haus der Wonne.
J.Kroeker
Vom Geheimnis unserer Leiden.
"Es sprach aber der Herr: Simon, Simon, siehe, der Satan hat
euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe
für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre, und wenn du
dich einmal bekehrst, so stärke deine Brüder!" Luk. 22,31 f.
Einst besuchte ein Knecht Gottes eine Porzellanfabrik.
Dort sah er,wie ein Arbeiter auf seiner Tonscheibe eine
wunderschöne Blumenvase formte. Endlich schien sie fertig zu
sein. Der Meister prüfte sie nochmals von allen Seiten und
plötzlich warf er sie wieder auf die Tonscheibe. Entsetzt
über diese Handlung fragte der Gottesmann den Meister:
"Was machen Sie?" "Ja", antwortete der Meister in aller
Ruhe: "Der Ton hatte noch Härte in sich!"
Nicht der Ton wurde verworfen, sondern nur die Form des
Tones. Der Ton selbst blieb in des Meisters Hand. Diese
knetete ihn noch einmal und bereitete aus ihm eine neue Vase
zu. Die gelang. Der Ton hatte seine Härte verloren, und der
Meister wusste, dass das Gefäß jetzt nicht zerspringen würde,
wenn es im Glutofen seine letzte Feuerprobe zu bestehen habe.
Welch ein Trost, zu wissen, Christus, der große Künstler,
selbst wacht über uns. Er verwirft nicht den Ton, Er
verwirft nur die Härte in uns, wenn Er uns wieder und wieder
auf die Tonscheibe legt. Er weiß,welch ein brauchbares Gefäß
jener Ton zuletzt in seiner Meisterhand werden wird, der
gegenwärtig noch so manche Härten in sich trägt.
Oft denken wir, wenn die Nacht der Leiden schwärzer und
schwärzer wird, Gott habe uns ganz verlassen. Er habe uns
für immer seine starke Hand entzogen. Wir ahnen jedoch
nicht, wie nahe in solchen Stunden der Herr uns ist. Als
einst der heilige Antonius von Padua, dieser gewaltige
Bußprediger im dreizehnten Jahrhundert, nach einer schweren
Versuchung eine Vision hatte, in welcher Christus ihm
erschien, fragte er: "Herr, wo warst Du denn bis jetzt, dass
Du mir nicht früher geholfen hast?" Eine Stimme antwortete
ihm: "Antonius, Ich war immer bei dir, Ich war Zeuge deines
Kampfes und werde dich niemals verlassen!"
Auch Hiob ahnte nicht, als er in die außergewöhnliche
Leidensglut hineingetaucht wurde, dass Gottes Auge selbst
das Gold überwachte. Gott war es, der genau das Maß seiner
Leiden festsetzte. Satan durfte nicht einen Schritt weiter
gehen, als Gott es ihm erlaubte. Nicht um einen Grad durfte
die Glut heißer werden, als es nötig war. Der Herr wusste
ganz genau, welch ein Maß von Leiden Hiob ertragen könne.
Denn Er ist treu und lässt uns nicht versuchen über unser
Vermögen. Auch im Schmelztiegel der Leiden behütet Er seine
Heiligen wie seinen Augapfel. Nicht ein Körnlein darf bei
der Sichtung auf die Erde fallen und mit der Spreu verloren
gehen, wenn Er die Seinigen sichten lässt wie Weizen.