Lk 19,44
S.Keller
Luk. 19, 44: «... Darum, daß du nicht erkannt hast die
Zeit, darinnen du heimgesucht bist.»
Was für ein schöner, tiefer Ausdruck der deutschen Sprache:
heimsuchen. Der treue Gott will dich so suchen, daß du
dadurch heimkommst, zu ihm kommst. Suchen - das mahnt, an
das eigene Verlorensein zu denken, heim - daran, daß wir
nicht zu Hause, sondern verirrt in der Fremde sind. Was für
eine Treue in der Liebe, die sich herabläßt, dem Verlorenen
Zeit und Gelegenheit zu schaffen, daß er wieder heimkommt!
Da ist ein Kind im nächtlichen Buschwald verirrt; es liegt
todmüde am harten Boden und weint. Plötzlich hört es
bekannte Stimmen: Vater und Mutter rufen es beim Namen;
die Sucher kommen nahe vorbei. Was wird das Kind tun?
Versteckspielen? Sich trotzig nach der anderen Seite
schleichen? Man sollte es nicht für möglich halten - aber
wahr wird's immer wieder, die Leute stoßen sich an der Form
der Heimsuchung oder wollen lieber ihre unglückliche Freiheit
des Verlorenseins behalten, als heimgebracht werden! So
machte es Israel, daß Jesus weinen mußte über Jerusalem.
So macht es manches uns bekannte Herz, weil es nicht heim
will! Ließen wir uns heimsuchen, dann geht es nicht anders,
wir wollen Jesu helfen, andere suchen und heimbringen!
Dazu segne, Herr Jesus, alles, was wir an unseren Freunden
tun, die noch nicht deine Freunde geworden sind. Wecke in
ihnen die große starke Sehnsucht nach der Heimat auf und
schenk uns Liebe zu ihnen, und Weisheit und Treue im Suchen.
Amen.