Lukas

Lk 15,17 C.Eichhorn Verloren und gerettet (II) Da schlug er in sich und sprach: Ich will zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Luk. 15, 17.18

Der Vater versuchte nicht, den Sohn festzuhalten, als er von daheim fortstrebte. Er ließ ihn ziehen. Was hätte es auch geholfen, wenn er mit innerem Widerstreben geblieben wäre? Er sollte sich überzeugen, wo er es besser hätte: im Vaterhaus oder in der Fremde. So läßt Gott die Menschen, sowohl die Völker als auch die einzelnen, eine Weile ihre eigenen Wege gehen. Sie sollen sehen, wie weit sie kommen ohne Gott. Sie wollen ihre eigenen Herren sein, nun müssen sie innewerden, wie sie unter die schmähliche Herrschaft ihrer Lüste und Leidenschaften und in Menschenknechtschaft geraten. (Siehe 2. Chron. 12, 8.) Dazu kommen noch besondere Schläge und Heimsuchungen. Im Gleichnis hören wir von einer großen Teuerung, durch welche die Notlage des verlorenen Sohnes sehr verschärft wurde. So läßt es Gott seine ungehorsamen Geschöpfe erfahren, was es für Jammer und Herzeleid bringt, ihn zu verlassen und nicht zu fürchten. Der Hunger und die lieblose Härte, die er erfahren mußte, wirkten beim verlorenen Sohn wesentlich mit bei seinem Entschluß zur Umkehr. Wie manchmal schon hat die Härte der Menschen uns in die Arme des Guten Hirten treiben müssen! Wie oft schon waren Not und Trübsal Zuchtmeister zu Christo hin! - "Er schlug in sich." Es war der große Wendepunkt. Vorher war er in einem Taumel. Solange der Mensch in der Gottesferne weilt, sieht er nicht klar und denkt nicht richtig. Satan verbindet seinen Opfern die Augen, daß sie lachend und scherzend ins Verderben laufen. Nun in seiner Verlassenheit kam er zu sich. Es gingen ihm die Augen auf über sich selbst. Er sah sein Glück mit Füßen getreten, wie er dem besten Freund den Rücken gekehrt und sich zu Freunden gehalten hatte, die ihn in der Not jämmerlich im Stich ließen. - "Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen." Das war ein schwerer Entschluß. Denn damit stellte er sich vor aller Welt dar als einen, der den verkehrten Weg eingeschlagen hatte und dabei jämmerlich zuschanden geworden war. Er kehrte zurück als hungriger Bettler mit abgerissenen Kleidern und Schuhen. Er mußte demütig an die Tür klopfen, die er selbst mutwillig hinter sich zugeschlagen hatte. Jede Umkehr kostet einen gewaltigen Entschluß. Alle Rücksicht auf das Urteil und Gerede der Leute muß zurückgestellt werden. In der Welt gilt es bekanntlich als charakterlos, wenn man seine Ansichten und sein Verhalten total ändert oder gar die um Verzeihung bittet, die man in Hochmut und Trotz gekränkt hat. - "Ich habe gesündigt wider Gott und Menschen." Ein solches Bekenntnis kommt schwer über die Lippen. Da ist die Kehle wie zugeschnürt. Sonst ist man mit seinem Ich gern vornean. Aber hier schiebt man lieber andere und anderes vor. Der verlorene Sohn im Gleichnis empfindet seine Unwürdigkeit und die Kränkung des Vaters tief; darum drängt es ihn, sich zu demütigen durch ein rückhaltloses Bekenntnis seiner Schuld.