Lk 12,37
C.O.Rosenius
Selig sind die Knechte, die der Herr, so er kommt, wachend
findet. Luk. 12, 37.
,,Selig sind die Knechte", spricht der Herr. In welch hohem
Grade sie selig sind, deutet Er mit der außerordentlichen
Erklärung an: ,,Wahrlich, Ich sage euch: Er wird sich
aufschürzen und wird sie zu Tische setzen und vor ihnen gehen
und ihnen dienen." Wieviel dieses eigentlich enthält, wird
uns einst die ewige Herrlichkeit des Himmels erklären. Es
ist aber etwas so überaus Großes und etwas so vollkommen
Wahres und Wirkliches, da unser Herr es sagt und es dazu
mit den Worten bekräftigt: ,,Wahrlich, Ich sage euch." Die
Seligkeit des Himmels wird an manchen Stellen der Schrift
unter dem Bild eines Gastmahls oder eines Essens am Tisch des
Herrn dargestellt. Dieses Bild benutzt der Herr auch hier.
Daß die eigentliche, hierdurch bezeichnete Sache die ist, daß
der Herr in der ewigen Herrlichkeit alle Seine Gläubigen mit
einer unendlichen Seligkeit und mit ,,den reichen Gütern
Seines Hauses" erfüllen wird, das ist gewiß. Ohne Zweifel
muß dieser Ausdruck des Herrn auch bedacht werden, da Er uns
damit tiefere Blicke sowohl in Seine eigene Herzensgesinnung
als auch in die Sache selbst tun läßt, die Er mit dem Bild
schildert.
Laßt uns darum zunächst dessen eingedenk sein, was über
dieses Bild bemerkt ist, in welchem Jesus sagt, daß der
Bräutigam sich aufschürzen und den Dienst eines Aufwärters am
Tische verrichten, die Knechte aber am Tische sitzen lassen
und vor ihnen gehen und ihnen dienen wird. Man hat dazu
bemerkt, daß dieses Bild die Wirklichkeit im menschlichen
Leben übersteigt, wo eher das Verhältnis gilt, das Jesus Luk.
17, 7-9 von dem Knecht erwähnt, der den ganzen Tag auf dem
Acker gearbeitet hat, den man schließlich auch noch am Tische
dienen läßt. Es scheint einigen allzu stark aufgetragen zu
sein, hier zu sagen, daß der Bräutigam seine Knechte als
Herren am Tische sitzen lassen wird, da wir sehen, daß
Christus hier mit dem Bräutigam sich selbst bezeichnet,
der sich aufschürzen und Seinen Knechten dienen wird.
Die Ursache, weshalb das Bild und diese Schilderung die
Wirklichkeit im menschlichen Leben übersteigen, ist die, daß
Jesus die beabsichtigte Sache selbst, nämlich das zukünftige
himmlische Gastmahl und das Seinem Herzen und ewigen
Ratschluß Entsprechende geschildert hat, wie Er wirklich
diejenigen ehren und erfreuen wird, die Ihm treu bleiben. Da
nun Seine Herzensgesinnung gegen uns und Seine hohe Absicht
mit uns alles weit übersteigt, was man jemals auf Erden
gesehen hat, so ist dies sicherlich eine natürliche Ursache
von diesem in unseren Augen so übertriebenen Bild. Wir
sollen von Christus in der himmlischen Herrlichkeit nicht
etwas Faßliches oder uns Denkbares erwarten, sondern etwas,
was die Gedanken aller Menschen übersteigt. Denn ,,was kein
Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und was in keines
Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott denen bereitet,
die Ihn lieben." Gleichwie Gott schon in der Schöpfung so
außerordentlich große Dinge tat, daß kein Menschengedanke
Ihm darin folgen kann, so wird Er sich auch ebenso
außerordentlich groß in der Gnade und Seligkeit beweisen, die
Er Seinen Freunden schenken wird, wenn Er sich vornimmt, sie
nach den Mühsalen dieses Erdenlebens recht zu erquicken und
zu erfreuen.
Was nun die Verheißung betrifft, daß Er Seine Knechte am
Tische sitzen lassen und Er sich aufschürzen und ihnen dienen
wird, so hat der Herr schon während Seines sichtbaren
Aufenthalts auf Erden dafür Beispiele gegeben, und dies
besonders bei zwei Gelegenheiten. Die erste war die, als Er
zum letzten Male Seine Jünger versammelt hatte, um mit ihnen
das Osterlamm zu essen. Dabei sprach Er davon, wie Er ein
anderes Mal in Seines Vaters Reich aufs neue mit ihnen an
dessen himmlischen Mahlzeiten teilnehmen werde, worauf Er
dann das Heilige Abendmahl stiftete. Da war Er der Dienende
- Er teilte den Jüngern den Wein und das Brot aus, und sie
empfingen es aus Seiner Hand, gleichwie Er sich da auch mit
dem Schurz umgürtete und mit dem Wasserbecken umherging, um
ihre Füße zu waschen. Dieses war ein äußerliches Vorbild auf
das, was Er einst in dem ewigen Hochzeitssaal mit allen
Seinen Gläubigen tun wird. Die andere Gelegenheit war
morgens am See bei Tiberias, wo der Herr für Seine hungrigen
Jünger am Ufer Fische gebraten hatte und auch da umherging
und ihnen von den Fischen und dem Brot gab.
Auf diese Weise hat Er schon auf Erden zeigen wollen, wie
Er einst, wenn unsere Erniedrigungszeit in der Welt zu Ende
ist, Seine Freunde im Reiche Seiner Herrlichkeit vollkommen
erfreuen, ehren und beglücken wird. Wenn sie auf Erden eine
kleine Zeitlang Seine Ehre gesucht haben, wird Er ihnen im
Himmel eine ewige Ehre geben. Wenn sie hier eine Zeitlang
sich aufgeschürzt haben zu Seinem Dienst, wird Er sich dort
aufschürzen und ihnen dienen. Wenn sie Ihn hier vor den
Menschen bekannt haben, wird Er sie dort bekennen vor Seinem
Vater und Seinen Engeln.
O wunderbarer Tausch! O hohe, außerordentliche Ehre! Und
wer hat uns dies gesagt? Sollen wir Ihm glauben? Können so
herrliche Verheißungen auch wahr sein? Er, der Treu und
Wahrhaftig heißt, hat es selbst gesagt! Gelobt sei Sein Name
ewiglich!
Selig, ja, selig ist der zu nennen,
Des Hilfe der Gott Jakobs ist,
Welcher vom Glauben sich nicht läßt trennen
Und hofft getrost auf Jesum Christ.
Wer diesen Herrn zum Beistand hat,
Findet am besten Rat und Tat.
Halleluja, Halleluja!